Die Samenhändlerin (German Edition)
aber ich habe so ein Gefühl, als ob –«
»Neiiiin!«
Je länger er nach ihr suchte, desto größer wurde die Wut in Valentins Bauch. Natürlich, dass Seraphine keinen Luftsprung machte, als sie von Hannahs neuerlicher Schwangerschaft erfuhr, war für ihn nicht überraschend gewesen. Sie war und blieb halt ein eifersüchtiges Weib, was die Schwägerin anging! Während er die letzte Wagenreihe der Jahrmarktbeschicker nach seiner Frau absuchte, fragte er sich, warum er bei diesem Gedanken plötzlich seltsam leidenschaftslos blieb.
Aber musste sie sich derart aufführen? Das war es, was ihn so wütend machte. Seraphines ewiges Getue, mit dem sie es immer wieder schaffte, ihm einen schönen Moment zu verderben. Und in diesem Fall nicht nur ihm, sondern vor allem den beiden anderen. Wie zwei begossene Pudel hatten sie Seraphine nachgeschaut, die davongerannt war, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her! Ihr gellendes »Nein!« hatte sogar die umstehenden Leute aufschauen lassen – so ein Theater!
Er hätte sich einfach zu den beiden anderen setzen und mit ihnen auf die frohe Botschaft anstoßen sollen, ärgerte sich Valentin, während seine Augen das Gelände hinter demJahrmarkt absuchten. Aber nein, wie ein Trottel hatte er die Verfolgung aufgenommen. Dabei konnte Seraphine hier doch kaum etwas passieren. Wahrscheinlich saß sie irgendwo in einer Ecke und schmollte und wartete darauf, dass er kam und sie tröstete und ihr gut zusprach. Den Hintern sollte man ihr stattdessen versohlen! Vielleicht verstand sie dann endlich, dass sie mit ihrem kindischen Theater nichts erreichte. Nicht bei ihm und erst recht nicht bei Helmut! Mit Wut im Bauch und einem Kloß im Hals trottete Valentin in Richtung der Tische und Bänke, wo Helmut und Hannah warteten. Sie waren schon in Sichtweite, als er auch Seraphine sah. Zusammengekauert, mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt, hockte sie da, die Hände vors Gesicht geschlagen.
Seine Frau … wie ein trotziges Kind, hatte er es nicht gewusst? Weit war sie ja nicht gekommen. Und er suchte den ganzen Jahrmarkt ab!
Breitbeinig und mit verschränkten Armen baute er sich vor ihr auf.
»Hier steckst du also! Was fällt dir ein, dich so unmöglich zu benehmen? Du stehst jetzt augenblicklich auf und dann entschuldigst du dich bei Hannah und Helmut! Und wehe, wenn du nicht –«
Mit gerunzelter Stirn brach er ab.
»Sera, was ist denn?«
Gerade noch stumm und reglos, quollen nun harte, laute Schluchzer zwischen ihren Fingern hervor, und ihr Leib wurde von Krämpfen geschüttelt. Sie sah zart aus und so verletzt.
Valentin ging in die Hocke und wollte ihr die Hände vom Gesicht ziehen, aber sie wehrte sich. Verflogen war seine Wut, verschollen sein Ärger. Seine Hand streichelte über ihr Haar.
»Jetzt wein doch nicht. Ich …« Er biss sich auf die Unterlippe. Er hatte doch nicht ahnen können, dass die Sache sie so mitnahm! Seufzend sagte er: »Ja, es ist ungerecht! Die beidenbekommen ihr zweites Kind, und wir haben noch nicht einmal eines. Aber das ist doch kein Grund, neidisch zu sein. Oder eifersüchtig! Das muss doch nicht so bleiben! Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als auch Vater zu werden. Du und ich und ein Kind … Dann hättest du etwas, was dir ganz allein gehört.« Er ließ seine Hand an ihrem Leib herabgleiten. »Wenn du willst, würde ich dir gern ein Kind machen …«
Sofort ärgerte er sich über den Hauch von Lüsternheit, der in seinen Worten mitklang. Hastig sprach er weiter: »Aber es gehören immer noch zwei dazu, oder? Und so selten, wie du mich … Wenn ich da an früher denke, als wir frisch verheiratet waren …«
Abrupt riss Seraphine ihre Hände vom Gesicht. Ihre Augen waren riesengroß und schwarz.
»Ich will kein Kind von dir!«, spie sie ihm entgegen. »Das hätte ich längst haben können, wenn ich es gewollt hätte!«
Valentin lachte verwirrt auf. »Wie meinst du das?« In seinem Magen zog sich etwas zusammen.
Unwirsch wandte sie sich ab, doch er packte sie am Schopf und drehte ihr Gesicht wieder dem seinen zu.
»Seraphine – was bedeutete das gerade eben?«
Ihr Blick war verächtlich. »Du bist so ein Dummkopf! Du verstehst nichts. Gar nichts.«
»Seraphine!« Wild hüpfte sein Adamsapfel auf und ab, und ihren Namen bekam er kaum noch heraus. Er wollte sich nicht mit ihr streiten, o Gott, wie er es hasste! Keine bösen Worte mehr, nicht heute, nicht hier. Er wollte doch feiern, mit den anderen trinken, dem Abend
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