Die Samenhändlerin (German Edition)
wieder herauszuwaschen.
»Was sind denn das für Töne! Wie redest du eigentlich mit mir? Man könnte meinen, du wärst meine Ehefrau, so, wie du dich ereiferst!«
Wie immer, wenn ihr Vater versuchte, streng zu sein, musste Margarita lachen.
»Ach Papa, mit dir würde es eine Ehefrau gar nicht aushalten – du und deine Weibergeschichten!«
»Nun, was ich an Liebesgeschichten zu viel habe, hast du zu wenig! Schau dich doch an: Statt ausgehfertig zur Stelle zu sein, wenn ich zu Max Weber nach Amsterdam fahre, vertrödelst du deine Zeit mit Haarewaschen!«
»Max Weber!« Margarita verdrehte die Augen. »Der hat doch nichts als seine Tulpenzwiebeln im Sinn. Er mag als Züchter der Beste seines Fachs sein, aber sonst …« Wie konnte ihr Vater nur auf die Idee kommen, der blässliche, magere Max wäre ein geeigneter Freier für sie?
»Du bist undankbar, wie immer! Hat er nicht seine neueste Züchtung sogar ›Margarita‹ genannt?«
»Die du hoffentlich nicht kaufen wirst!« Drohend hob Margarita ihren Zeigefinger. »Selten habe ich so eine blasse, ausdruckslose Tulpe gesehen, allein dieses langweilige Rosé … So sieht er mich? Bin ich ihm nicht eine feurige Geflammte wert? Oder eine exotische Papageientulpe?«
Piet van den Veyen seufzte. »Ach Kind, dir ist auch keiner recht. Ich glaube, bis ich dich unter die Haube bekomme, werden noch Jahre vergehen.«
Hätte ein Fremder das Geplänkel mitbekommen, wäre er vor Schreck wahrscheinlich geflüchtet. Ein solches Gespräch zwischen Vater und Tochter – hatte man so etwas schon gehört? Ohne die geringste Spur von Anstand. Ohne jedweden Takt oder irgendein Feingefühl.
Margarita lachte nur. »Es werden aber keine Jahre vergehen, bis meine Geduld mit Antje zu Ende ist. Wenn sie sich nicht zusammenreißt, suche ich uns eine neue Magd. Und die muss so hässlich sein, dass du sie nicht einen Moment länger als nötig anschauen wirst!«
Lachend sah sie ihrem Vater nach, der eilig in Richtung Wagen und Amsterdam flüchtete.
Mit gewaschenen Haaren setzte sie sich anschließend auf die kleine Bank vor dem Haus. Vorsichtig breitete sie ihre roten Locken über der Lehne aus, damit sie nicht das Rückenteil ihrer Bluse durchnässten. Im September hatte die Sonne noch genug Kraft, um die Haare zu trocknen, doch mit Grauen dachte Margarita an die Wintermonate, wenn dieselbe Prozedur im Haus Stunden um Stunden dauern würde.
Genießerisch hielt sie ihr Gesicht der Sonne entgegen. Die Wärme fühlte sich golden und gut an. So gut, dass Margarita selbst ihre Sommersprossen vergaß, die nach diesem Sonnenbad noch stärker zum Vorschein kommen würden.
Margarita hatte nur selten Zeit für Mußestunden. Die Arbeit auf den Tulpenfeldern und im Lager, dazu die vielen Besuche von Kunden auf dem Hof – zwei Hände und ein flinkes Paar Füße waren stets zu wenig, um das Tagwerk zu schaffen. Aber Margarita kannte es nicht anders. Sie war noch keine drei Jahre alt gewesen, als ihre Mutter starb, und seitdem lebte sie mit ihrem Vater, den Knechten und wechselnden Mägden allein auf dem Hof. Von klein auf hatte er sie an alle Arbeiten herangeführt, längst gab es nichts mehr, was Margarita über Tulpen und ihren Anbau nicht gewusst hätte.
Ihr Vater – ein Schmunzeln lief über Margaritas Gesicht. Wie ein gescholtener Schuljunge hatte er dagestanden, als die Rede auf sein Verhältnis mit der Magd gekommen war! Was ich an Liebesgeschichten zu viel habe, hast du zu wenig – ha! Als ob er es nicht erwarten konnte, sie zum Traualtar zu führen. Dabei war es doch so, dass er absichtlich die unpassendsten Kandidaten für sie anschleppte, weil er tief in seinem Inneren die Vorstellung, Margarita könne ihn und den Hof eines Tages verlassen, nicht zu ertragen vermochte.
War er deshalb so ruppig zu Valentin? »Bin froh, wenn in zwei Wochen das Schiff geht«, hatte er erst gestern Abend wieder zu ihr gesagt. »Der Bursche ist fleißig und seine Arbeit einegroße Hilfe, das ist unbestritten. Aber …« Das Aber hatte er nicht weiter ausgeführt, seine Tochter dabei jedoch mit einem durchdringenden Blick fixiert. Weil er instinktiv spürte, dass dies ein Mann war, der ihr gefallen könnte? Wenn er nicht … Wenn es nicht tausend Wenns gäbe.
Genug gefaulenzt! Blinzelnd öffnete Margarita die Augen. Die Arbeit rief. Andererseits – nachdem Valentin gestern im Lager bereits den Großputz veranstaltet hatte, konnte sie sich heute eigentlich ohne schlechtes Gewissen ein wenig Ruhe
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