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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Augen in Tränen ausbrach.
    Später würde Valentin sagen, dass er nicht wusste, was in ihn gefahren war. Offenbar war plötzlich alles zu viel: der warme Pferdeleib, der würzige Geruch des frischen Strohs, das in Ballen unter dem Dach der Scheune gelagert wurde, Margaritamit ihren feuchten Haaren und ihrer geduldigen Schweigsamkeit. Zu viel Nähe, zu viel Wärme, zu viel Gefahr für die dicke Eisschicht, unter der er sein Leben fristete. Wütend wischte er sich seine Tränen ab.
    Zu spät.
    Sein Auf-und-ab-Laufen nutzte nichts, sein hysterisches Lachen, mit dem er das Weinen übertönen wollte … So wie ein Schneefeld unter der Frühlingssonne dahinschmolz, schmolz seine mühsam aufrechterhaltene Fassung dahin.
    Er sackte in sich zusammen. Und so, wie niemand die Wassermassen eines schmelzenden Schneefeldes aufhalten konnte, so vermochte auch er nicht, den Fluss von Worten aufzuhalten, die aus ihm heraussprudelten.
    »Ich hab sie so geliebt! Mein Leben hätte ich für sie gegeben, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber bei ihr gab es immer nur Helmut, Helmut, Helmut. Scheinheilig hab ich sie geschimpft. Und immer gehofft und gefleht und gebetet, sie möge zur Besinnung kommen. Aber dann …«
    Das Pferd, das die Hoffnung auf weitere Streicheleinheiten längst aufgegeben hatte, machte sich an seiner Heuraufe zu schaffen. Die mahlenden Kaugeräusche waren das Einzige, was außer Valentins Schluchzern und seinem atemlosen Bericht zu hören war.
    Seraphine … So nah, so schmerzend nah bei ihm. Hatte er sie je besessen? Oder war er nichts als ein Trottel, der sich seine Liebe nur einbildete? War er wie sie? Verblendet in seinem Wunschdenken? Aber da waren die Nächte gewesen. Zumindest in der Anfangszeit. So heiß, so voller Leidenschaft. Noch immer konnte er ihren süßen Duft in der Nase spüren, ihre hitzige Zügellosigkeit, mit der sie ihm alles geschenkt hatte. Wären da nicht die Nächte gewesen … Ein Narr? Er?
    Die Sturzflut riss seine Worte mit, seinen Verstand. Es war schwer, alles in der richtigen Reihenfolge zu denken. Gab esüberhaupt eine richtige Reihenfolge? Oder war das Leben immer ein Durcheinander an Gefühlen, die zu entwirren es eines stärkeren Mannes bedurft hätte? Er war nicht stark, o nein. Müde war er, so müde. Wenn das Pferd nicht dort gestanden hätte, wäre er umgesunken. Wenn die Arme um ihn herum nicht gewesen wären. Ohne diese Arme … Er wäre gefallen, tief, immer tiefer. Und alles wäre vorbei gewesen. Welche Gnade! Was für eine Versuchung!
    Aber die Arme hielten ihn, tröstend, schutzgebend, eine Hand strich über den Kopf.
    Er riss die Augen auf.
    »Schsch«, machte Margarita und wiegte ihn hin und her. Etwas Helles glitzerte in ihren Augen, ihr Mund, so unendlich traurig, so weich. Valentin blinzelte, wollte klar sehen, klar denken, doch seine Augen brannten salzig. Blind schüttelte er den Kopf.
    »Schsch …« Ihre Hand auf seinem Mund, so kühl. Federleichte Küsse auf seiner Stirn, sein Kopf an ihrer Brust, wie ein Wiegenkind.
    Allmählich, ganz allmählich ließ die Sturzflut nach.
    Und mit der restlichen Kraft, die ihm geblieben war, klammerte er sich an diesen Damm, den Margarita ihm bot.
    Klammerte er sich fest wie ein Ertrinkender, wollte nicht mehr loslassen.

54
    Helmut hätte nicht sagen können, wie viel er in der letzten Nacht geschlafen hatte. Ob er überhaupt geschlafen hatte! Als er sich an diesem Morgen die Treppen hinunterschleppte, knackte es in seinen Knien, und sein Kreuz schmerzte, als hätteer den Zwerchsack zwölf Stunden auf dem Rücken gehabt. Schlimmer hatte er sich nach seinen wüstesten durchzechten Nächten nicht gefühlt!
    Ein Blick auf die Küchenuhr sagte ihm, dass es nicht einmal fünf Uhr war. Draußen war es noch dunkel, kein Vogel rief, kein Hahn krähte, in keinem der umliegenden Häuser war Licht. Fluchend dachte er an sein warmes Bett, das ihm in dieser Nacht der schlimmste Feind gewesen war. Während Hannah zufrieden schnarchend dagelegen hatte, wälzte er sich hin und her, bearbeitete sein Kissen und seine Decke. Er hatte an die dunkle Decke gestarrt, bis er rote Sternchen sah. Jetzt gleich würde er einschlafen, hatte er gedacht. Immer wieder. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Und mit ihm blieb auch sein Seelenfrieden aus. Am Ende war Helmut wütend geworden. Auf Valentin, dem es vollkommen gleichgültig war, dass sich sein Bruder schlaflos im Bett herumwälzte. Auf Hannah, die den Schlaf der Seligen schlief. Auf Seraphine,

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