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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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musste Hannah zugeben. Ratten-Martl hatte mit seiner Einbildung keinem Menschen etwas zuleide getan, während Seraphine …
    Und trotzdem – obwohl die Schwägerin gerade ihr so viel Leid angetan hatte, verspürte Hannah keinen Hass. Oh, sie hatte sehr wohl eine unbändige Wut auf sie! Zuzuschauen, wie sie dasaß und vor Wilhelmine und Gottlieb das Unschuldslamm spielte, war fast mehr, als Hannah ertragen konnte. Aber Helmut rückte von seinem Entschluss, die Eltern nicht auch noch mit dieser Tragödie zu belasten, nicht ab.
    Und so blieb Hannah am Ende nur übrig, Wilhelmine beiseite zu nehmen und sie auf ihre Bibel schwören zu lassen, dass sie nie, niemals, Flora allein in Seraphines Obhut lassen würde. Wilhelmine hatte sie angeschaut, als wäre sie nicht ganz bei Trost, hatte aber schließlich kopfschüttelnd Hannahs Drängen nachgegeben. Erst danach war Hannah für den großen Aufbruch bereit gewesen.
    Um Hannah die Reise zu erleichtern, beauftragte Helmut den Nachbarn Matthias, sie mit seinem Wagen bis nach Augsburg zu fahren. Von dort aus nahmen sie die Eisenbahn bis Nürnberg, wo sie natürlich im »Goldenen Anker« bei Hannahs Eltern übernachteten. Drei Tage gewährte Helmut ihr in der Heimat, dann bestiegen sie einen weiteren Zug, der sie nach Hof brachte. Von dort aus wurde die Reise beschwerlicher: Eisenbahnlinien gab es nicht, Mitfahrgelegenheiten waren rar, immer wieder mussten sie auch längere Wegstücke zu Fuß bewältigen. Aber Hannah schlug sich tapfer. An Helmuts Seite hätte sie bis ans Ende der Welt laufen können!
    »Da hab ich zu meiner Hilde gesagt, der Samenmann braucht mir nicht mehr zu kommen! Ist ein alter Haderlump, hab ich gesagt.«
    Hannah zuckte zusammen, als die Faust auf den Tisch knallte. Hastig nahm sie ihren Becher Wasser in die Hand, bevor er durch einen weiteren Wutausbruch von Bohumil Dolezil womöglich zu Boden fallen würde.
    Der Bauer beugte sich über den Tisch, und einen Moment lang befürchtete Hannah, er würde Helmut am Kragen packen. Stattdessen begann er, an seiner rechten Hand aufzuzählen:
    »Die Mairübchen waren nichts, haben die Erdflöhe gefressen, der Möhrensamen ist nicht aufgegangen, und der Lauch ist erfroren! Nu, sag mir, Samenmann: Warum soll ich noch einmal bei dir kaufen? Ein Haderlump ist das, hab ich zu meiner Hilde gesagt, kommt mir nicht mehr ins Haus!«
    Helmut lehnte sich auf der Bank vor Dolezils Haus zurück, anscheinend völlig unbeeindruckt von dessen Geschrei. Mit einer beschwichtigenden Geste hob er die Arme.
    »Ist gut, ist gut, ich habe verstanden. Unsere Sämereien sind allesamt nichts wert, und kaufen tust du auch nicht mehr von mir.«
    Warum Helmut ebenfalls die Faust auf den Tisch donnern ließ, war Hannah unerklärlich, aber Bohumil Dolezil nickte zufrieden.
    Hannah zupfte ein paar Nadeln aus dem Haar, um ihren Hut für den Abmarsch festzustecken, dann rappelte sie sich schwerfällig von der Bank auf. Kaum berührten ihre Füße den Boden, begannen die Sohlen zu brennen, als wäre sie durch einen Haufen Ameisen gelaufen.
    Na wunderbar! Da hatten sie sich also ganz umsonst von Budweis aus auf den weiten Weg zu dem Gehöft gemacht! Wenn sie das gewusst hätte, wäre sie in der Stadt geblieben, hätte den ganzen Tag –
    »Herrgott, habe ich einen Durst!«, sagte Helmut. »Reicht deine Gastfreundschaft noch aus, um mit einem Haderlumpen wie mir ein Schnäpschen zu trinken, bevor er sichdavonmacht? Oder muss ich von unserem alten Brauch dieses Jahr Abschied nehmen?«
    Bohumil Dolezil zuckte mit den Schultern.
    »Hannah! Die Tasche!«
    Helmut leerte die Wasserbecher auf den Boden neben dem Tisch aus, dann begann er, großzügig den mitgebrachten Kirschschnaps einzuschenken.
    Alter Brauch? Hannah warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Musste das sein? Der Mann würde nichts kaufen, das hatte er doch mehr als deutlich gesagt! In so einem Fall konnte man doch getrost auf alte Bräuche verzichten. Dass Helmut es sich überhaupt gefallen ließ, dass Dolezil seine Ware schlecht redete …
    Mindestens ein Dutzend Kunden hatten sie inzwischen besucht. Meist hielt sich Hannah wie jetzt im Hintergrund, bewunderte Helmuts Schlagfertigkeit, sein Verkaufstalent, sein Wissen rund um alles, was mit Acker- und Gartenbau zu tun hatte. Die Namen der Kunden, die für sie bisher nur Schriftzüge im Bestellbuch gewesen waren, bekamen Gesichter. Die Gesichter besaßen große Ländereien oder kleine Gärten, hatten Kinder, kranke Eltern, Streit mit dem

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