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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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nicht fertig …«
    Als sie die Stimme ihrer Mutter hörte, fuhr Seraphine auf. Helmut war schon da? Und sie stand mit dem Besen im winzigen Lager und träumte vor sich hin! Hektisch versuchte sie, die Wollmäuse, die im ganzen Raum herumwuselten, in eine Ecke zu kehren. Danach musste es ihr nur noch gelingen, unbemerkt in den Hof hinauszukommen, um sich die Hände zuwaschen und die Haare, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, aus dem Gesicht zu streichen. So schlampig sollte Helmut sie auf keinen Fall sehen!
    »Ist Friedhelm immer noch nicht zurück?«, hörte sie Helmut fragen.
    Drüben in der Küche schüttelte Else Schwarz den Kopf. »Die Leute reden schon drüber. Seraphine sagt, als sie vorhin bei Almuth im Laden war, hätten sich ein paar Frauen aufgeführt, als wäre der Vater schon tot! Ich wusste gar nicht, wie viele Sorgen sich die Leute um uns machen.« Die letzten Worte klangen mehr als ironisch.
    Den Besen in der Hand, blieb Seraphine hinter der Tür stehen.
    Else Schwarz seufzte. »Langsam befürchte ich allerdings auch, dass was passiert ist. Seit drei Wochen keine Nachricht mehr von ihm! Und jetzt sind’s nur noch wenige Tage bis zur Hochzeit! Am Ende heiratet das Mädle, und der eigene Vater ist nicht dabei.«
    »Die Hochzeit, ja …« Helmut räusperte sich, was in einen Hustenanfall ausartete.
    »Na na«, hörte Seraphine ihre Mutter sagen, gefolgt von einem lauten Klopfgeräusch. »Das hört sich aber nicht gut an. Wahrscheinlich habt ihr es am ersten Feiertag wieder zu arg getrieben!« Sie lachte. »Und wenn ich genauer hinschaue, siehst du aus, als hättest du in den letzten Nächten kein Auge zugetan!«
    Seraphine verzog den Mund. Was gingen Mutter Helmuts Trinkgewohnheiten an? Am ersten Weihnachtsfeiertag war es nun einmal in Gönningen Brauch, dass Väter zusammen mit ihren Söhnen von Wirtshaus zu Wirtshaus gingen.
    »So schlimm war es dieses Jahr gar nicht«, hörte sie Helmut mit kratziger Stimme antworten.
    »Wer’s glaubt, wird selig.« Else Schwarz lachte.
    Seraphine leckte über die Fingerspitzen ihrer rechten Hand und fuhr sich dann über Stirn und Haar. Das reichte! Sie musste Helmut retten, bevor Mutter ihm weiter das Leben schwer machte. Sie zog rasch den Vorhang auf, der den winzigen Lagerraum von der Küche trennte.
    »Seraphine …«
    »Helmut!«
    Engelsgleich schwebte sie auf ihn zu. Sie nahm seine Hände, so rau und hart vom schweren Tragen des Zwerchsackes. Eine heiße Welle der Liebe überkam sie. »Ich habe von dir geträumt, heute Nacht. Ein schöner Traum, soll ich ihn dir erzählen?«, flüsterte sie und hoffte inständig, ihre Mutter würde den Anstand besitzen, sie allein zu lassen. Was für schöne Augen Helmut hatte! Augen nur für sie. Ein leichter Schwindel überfiel Seraphine, die Welle breitete sich aus, ließ ihre Haut prickeln.
    »… und dafür lass uns am besten in die gute Stube gehen.«
    Was? Was hatte er gesagt? Wie jedes Mal, wenn sie Helmuts Hände spürte, seine Umarmung oder gar einen Kuss, fiel Seraphine das Denken schwer.
    »Was ist da drinnen los? Nicht einmal den Boden hast du sauber gemacht! Das kommt vom ewigen Tagträumen!«, hörte sie ihre Mutter sagen, die sich an ihr vorbeigedrängt hatte. Mit Schwung zog Else den Vorhang zum Lagerraum zur Seite.
    »Bevor ihr Turteltäubchen es euch in der guten Stube bequem macht, wird mein Fräulein Tochter ihre Arbeit zu Ende bringen. Ein bisschen Staub wischen und kehren ist doch weiß Gott nicht zu viel verlangt, oder?«
    Helmut ließ Seraphines Hände fallen und stampfte mit dem rechten Fuß auf. »Mein Gott, das ist doch jetzt alles Nebensache!«, schrie er. »Ich muss sofort mit Seraphine reden, alles andere kann warten!«
    Verdutzt schaute Else Schwarz zu, wie ihr zukünftiger Schwiegersohn ihre Tochter ins Nebenzimmer schleifte.
    »Aber …«
    Die Tür schlug zu.
    »Hörst du mir überhaupt zu? Seraphine!« Helmut rüttelte an ihrem Arm.
    Wie betäubt saß Seraphine mit Helmut in der so genannten guten Stube – einem winzigen Zimmer, in dem gerade einmal ein altes Sofa, ein Sessel und ein wackliger Tisch Platz hatten. Der Raum wurde selten genutzt. Mehr als einmal hatte Seraphine schon darum gebeten, ihn als Schlafkammer zu bekommen, um ihrem kalten Loch im hinteren Teil des Hauses entfliehen zu können. Aber Else bestand darauf, das Zimmer als gute Stube zu behalten, sie gehörte zu einem ordentlichen Haus nun einmal dazu.
    Die Fingernägel ihrer rechten Hand hatten sich im löchrigen

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