Die Samenhändlerin (German Edition)
ihr halten sollte. Bei der kleinen Verlobungsfeier wenige Tage zuvor hatte sie sie kennen gelernt. Wie ein berechnendes Weib kam sie eigentlich nicht daher – genau dies hatte Hannah ihr unterstellt, nachdem Seraphine ihre Gunst so plötzlich von einem Bruder auf den anderen übertragen hatte. Verschlossen war sie, hatte wenig gesprochen und noch weniger gelacht – weiß Gott nicht gerade das Bild, das man sich von einer glücklichen Braut machte! Wenn allerdings Helmut einen Scherz machte oder sich mit einer Frage an sie wendete, war sie regelrecht aufgeblüht. Mit ihr, Hannah, hatte sie kein Wort gewechselt, was Hannah nicht weiter wunderte. Für Seraphine war sie der böse Eindringling, der ihr den versprochenen Mann genommen hatte, das konnte man schließlich verstehen.
Hannah seufzte. Freundinnen würden Seraphine und sie bestimmt nie werden!
Helmut zog eine Grimasse. »Liebe Hannah, jetzt guck doch nicht so traurig, damit machst du mir die Sache auch nicht leichter!« Er setzte sich aufs Bett und klopfte neben sich auf die Matratze. »Komm mal zu mir.«
Widerstrebend ließ sich Hannah neben ihm nieder. Auf belehrende Sprüche wie »Stell dich nicht so an! Gewöhn dich lieber gleich ans Alleinsein!« konnte sie im Augenblick verzichten! Umso erstaunter war sie, als Helmut den Arm um sie legte und sie an sich zog.
»Weißt du, dass es mir noch nie so schwer gefallen ist, mein Bündel zu packen?« Nun war er es, der tief aufseufzte. »Natürlich freue ich mich aufs Reisen, es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass dem nicht so wäre! Aber … du wirst mir sehr fehlen!«
»Hmmm«, murmelte sie und bemühte sich, unbeteiligt zu klingen. Instinktiv hielt sie jedoch die Luft an, um nur ja kein Wort zu verpassen.
»Dass wir uns so gut verstehen, hätte ich nie gedacht! Ich meine … du hast mir schon damals in Nürnberg gut gefallen. Sonst hätte ich ja nicht – du weißt schon …«
»Hmmm«, murmelte sie erneut und lächelte dabei in sich hinein. Sollte er sich ruhig ein wenig mit den richtigen Worten abplagen. Das war das Mindeste, was sie verdient hatte. Sie schmiegte sich noch enger an ihn und streichelte dabei seinen Nacken, so wie er es gern hatte.
Helmut holte tief Luft. »Jedenfalls, was ich dir damit sagen will, ist, dass ich froh bin, dass alles so gekommen ist! Ich hätte nie gedacht, dass die Ehe so … eine feine Sache ist.« Er lachte leise auf. »Ist schon dumm, was man als junger Kerl denkt: Bist du erst einmal verheiratet, ist’s aus mit dem schönen Leben! Aber das stimmt nicht, das weiß ich jetzt. Ganz im Gegenteil, du hast mein Leben noch viel schöner gemacht. Dein Lachen gibt jedem grauen Tag ein wenig Farbe, sogar der Vater hat erst gestern zu mir gesagt, dass deine fröhliche Art sehr erfrischend sei. So ein Lob aus seinem Mund …« Helmut klang verwundert.
Schmunzelnd drückte Hannah ihm einen Kuss auf dieWange. »Nicht geschimpft ist auch schon gelobt – das sagt man euch Schwaben nicht umsonst nach.« Sie wollte sich wieder an seine Schulter kuscheln, um weiter diesen schönen – und seltenen – Worten zu lauschen, als Helmut ihren Kopf zu sich heranzog. Seine Lippen waren warm und schmeckten nach Apfel, und mit einem leisen Stöhnen gab sie sich seinen Liebkosungen hin. Im nächsten Moment lagen sie beide eng umschlungen da. Helmuts Pelzkappe fiel zu Boden. Hannah spürte, wie sich ihre Brustwarzen aufrichteten, eine Gänsehaut überzog ihren Körper, und ihre Haut prickelte vor Lust. Die anderen befanden sich in der Packstube, hier, im oberen Stockwerk, waren sie beide allein …
Hastig begann Hannah, ihre Bluse aufzuknöpfen.
Helmut stieß einen leisen Fluch aus, begann sich jedoch sanft aus ihrer Umklammerung zu lösen. Hannah stöhnte unwillig.
»Ach Hannah, du bringst mich noch um den Verstand! Nicht, dass ich etwas dagegen hätte. Was gäbe ich darum, jetzt hier mit dir …«, murmelte er mit ehrlichem Bedauern in der Stimme. »Aber leider ist dafür jetzt keine Zeit.«
Abrupt schwang er seine Beine auf den Boden, schnappte sich die Kappe, wischte den Staub ab und setzte sie wieder auf.
»Ich muss wirklich gehen.« Mit einer liebevollen Handbewegung hob Helmut Hannahs Kinn und gab ihr noch einen stürmischen Kuss. »Ich bring dir auch eine Überraschung mit. Und jetzt beeil dich, die andern fragen sich sicher schon längst, wo wir bleiben!«
Enttäuscht schaute Hannah ihm nach. Eine Überraschung vom Schuster? Oder von der nächsten
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