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Die Samenhändlerin (German Edition)

Die Samenhändlerin (German Edition)

Titel: Die Samenhändlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Valentin und ich brauchen den Sommer, um unsere nächste Reise vorzubereiten. Wir werden nämlich im Herbst nicht nur nach Böhmen reisen wie jedes Jahr, sondern danach noch nach Russland. Genauer gesagt, nach Odessa. Dort wohnt ein Cousin von Vater. Seit Ewigkeiten lädt er uns immer wieder ein, ihn einmal zu besuchen. Ein kostenloses Domizil in der Fremde, das ist doch was, oder? Jemand, der sich dort auskennt, der unsere Sprache spricht und Russisch noch dazu – bessere Möglichkeiten, ein gutes Geschäft zu machen, kann man gar nicht haben. In früheren Jahren hat Vater oft davon gesprochen, einmal nach Odessa fahren zu wollen, aber er hat es bisher nicht geschafft und wird es auch nicht mehr schaffen. Doch Valentin und ich – wir machen jetzt Ernst! Wir fahren nach Russland!«
    Seraphines Lächeln war während Helmuts Redefluss erstorben. »Oh«, sagte sie mit leiser Stimme, während sich Helmuts Worte wie Frost auf ihre Haut legten.
    Helmut schien ihren Stimmungsumschwung nicht zu bemerken. Munter sprach er weiter. »Nach Russland nehmen wir keine Gemüsesamen mit, Kraut und Rüben haben die Russen sicher selbst.« Er lachte. »Cousin Leonard hat geschrieben, dass es rund um Odessa eine große Anzahl Herrensitze gibt, mit reichen Bewohnern, die viel Geld für ihre Gärten ausgeben, weil sie sich gegenseitig damit übertrumpfen wollen. Deshalb werden Valentin und ich uns auf Blumensamen spezialisieren, und da kommt dein Buch natürlich gerade recht! Als ob du es geahnt hättest …« Er verstummte für einen Moment. »Tulpenzwiebeln wären auch nicht schlecht gewesen, aber bis wir dort ankommen, ist es sicher Anfang März, und es wäre somit viel zu spät für das Setzen von Tulpenzwiebeln. Bleibt also Blumensamen – bei all unseren Lieferanten habe ich nur das Feinste bestellt. Und einige Rosenstöcke werdenwir auch mitnehmen. Das wird ein Geschäft!« Er rieb sich die Hände.
    Seraphine nickte, dachte jedoch: Tulpen, Rosen – die hatte sie doch gar nicht gemalt! Was redete er da?
    »Gott, bin ich froh, dass du diese Neuigkeit so gelassen aufnimmst! Ich meine, du bist die Erste, die davon erfährt. Der Vater weiß natürlich auch Bescheid, bis wir den so weit hatten, war es ein hartes Stück Arbeit, das kann ich dir sagen!« Helmut lachte harsch auf. »Davon abgesehen hielten wir es jedoch für das Beste, unsere Pläne erst einmal für uns zu behalten. Mutter würde vor lauter Sorge gar nicht mehr aufhören zu beten. Und du weißt ja, wie viel im Dorf geredet wird …«
    Eine Russlandreise? Allmählich durchdrangen seine Worte Seraphines Bewusstsein. Das war … lebensgefährlich! Bisher hatten sich nur wenige Gönninger auf den weiten Weg gemacht, und nicht alle waren zurückgekommen. Und dann ausgerechnet Odessa! Erst vor ungefähr fünf Jahren hatte es dort einen ihrer Nachbarn erwischt: Johannes Wagner hatte elendig an einer Schwindsucht sterben müssen. Seine Witwe, die Anna, war seitdem nicht mehr dieselbe, redete verwirrt daher und gebärdete sich auch sonst manchmal recht auffällig. Die Trauer habe sie verrückt werden lassen, hieß es im Dorf. Und dann gab es noch diese schreckliche Geschichte, die die Alten oft erzählten: Ein Mann namens Andreas Martin Kemmler hatte sich aus Schwermut in Odessa in der Kammer seiner Gastleute erhängt! Dieses Ereignis lag zwar schon mindestens fünfzehn Jahre zurück, aber es zeigte doch eindeutig, dass Odessa den Gönningern nichts Gutes brachte. Warum konnte Helmut nicht einfach wie jedes Jahr nach Böhmen fahren? Wenn es sein musste, auch noch ins Elsass. Was ging ihn dieser Verwandte an? Er kannte den Mann doch gar nicht! Ich flehe dich an, bleib hier! Ich liebe dich, ich kann nicht so lange ohne dich sein … Seraphines Gedärme krampften sichzusammen. Doch nach außen hin blieb sie ruhig, zupfte einen Fussel von ihrem Ärmel, stand auf, um das Fenster ein wenig zu öffnen. Ja, darin hatte sie Übung.
    Was hätte ihr Flehen gebracht? Helmut vertraute ihr so sehr, dass er sie als Einzige in seine Pläne einweihte. Da konnte sie doch nicht daherkommen und heulen wie ein Kind. Zudem sagte ihr ein Blick in sein Gesicht, dass jedes Flehen umsonst gewesen wäre. Diese Zielstrebigkeit! Dieses Sehnen …
    »Odessa«, sagte sie dumpf, als habe Helmut stattdessen »Golgatha« gesagt.
    Helmut nickte. »Ist das nicht großartig? Mit dem Schiff die Donau hinab – ich kann’s immer noch nicht glauben, das wird ein Abenteuer!« Sein Blick war entrückt, so als

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