Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
werden, wenn die Männer mich töteten? Auch wenn es unehrenhaft war, entschied ich mich zur Flucht. Blitzschnell ergriff ich meine Schwertlanze und rannte, so schnell ich konnte, in Richtung Wald, wo mich die Bäume vor den Reitern verbergen würden.
»Hiroshi, fang den kleinen Bären ein!«, rief einer der Reiter, worauf dieser sogleich sein Pferd antrieb. Hastig sah ich mich um.
Mein Verfolger verlor seine Kapuze, während er seinem Rappen heftig die Sporen gab. Ich versuchte, Haken zu schlagen wie ein Hase, doch der Mann lenkte sein Ross sehr geschickt und holte mich schließlich ein.
»Hab keine Angst, Mädchen«, rief er mir zu, während er mich scheinbar mühelos mit einem Arm hochhob.
Ich stieß einen wütenden Schrei aus und versuchte, meinen Verfolger mit der Lanze zu stechen. Der Mann, der sich offenbar nur mit der Kraft seiner Schenkel im Sattel hielt, wehrte die Klinge gekonnt ab und riss sie mir aus der Hand.
»Versuch das nicht noch einmal!«, knurrte er zornig, während er sein Pferd wendete. »Du wirst Gelegenheit bekommen zu kämpfen, doch jetzt solltest du stillhalten, damit du meinem Arm nicht entgleitest.«
Ich hatte keine Lust, weiter festgehalten zu werden und mich wie einen Reissack wegschleppen zu lassen. Also zappelte ich kräftiger, traf einige Male die Beine des Pferdes, worauf mein Peiniger wütend zudrückte, sodass ich für einen Moment keine Luft mehr bekam.
Bei den anderen angekommen, ließ er mich vor dem Anführer fallen und warf die Naginata neben mir auf den Boden.
»Hiroshi«, mahnte ihn der etwas gedrungene Mann in dem schwarzen Kimono. »Siehst du nicht, dass sie fast noch ein Kind ist? Wirf sie nicht ab wie einen Sack Bohnen!«
»Verzeiht, Meister, aber ich konnte sie wegen ihres Gestrampels nicht mehr länger halten.«
Mir entging nicht, dass er mich zornig anfunkelte.
»Wie es aussieht, muss ich dir mehr Beherrschung beibringen, Hiroshi-san!«
»Verzeiht, Sensei.« Der jüngere Mönch senkte beschämt den Kopf, was der ältere mit einem zufriedenen Nicken quittierte.
»Nun, Mädchen, sag mir deinen Namen, damit ich weiß, wie ich dich ansprechen soll.«
Das Wort wollte mir zunächst nicht über die Lippen. Der Mönch betrachtete mich abwartend.
»Mach schon, oder verrätst du ihn mir erst, wenn die Sonne untergegangen ist?«
Ich war schon versucht, ihn nach seinem Namen zu fragen, doch diesmal beherrschte ich meine vorlaute Zunge. Wenn die Mönche aus einem Kloster kamen, hatten sie Zugang zu einem Schrein. Vielleicht konnten sie mich dorthin mitnehmen, damit ich opfern und den Priester bitten konnte, einen Segen für meine Eltern und meine Geschwister niederzuschreiben.
»Tomoe«, brachte ich also kleinlaut hervor.
Der Mönch stieß ein grobes Lachen aus. »Tomoe? Wie der Wasserwirbel im Schild der Minamoto?«
Die anderen Männer brachen nun ebenfalls in Gelächter aus. Ich blickte verwirrt in ihre Gesichter, dann senkte ich beschämt den Kopf. Noch nie zuvor hatte jemand meinen Namen in Verbindung mit dem fürstlichen Wappen gebracht. Dass er Wasserwirbel bedeutete, wusste ich bereits, aber …
»Du musst wissen, dass unser Fürst das Zeichen eines Wasserstrudels auf seinem Schild trägt«, erklärte der Anführer. »Es würde ihm sicher gefallen, wenn er hört, dass du diesen Namen trägst.«
Ich spürte, wie meine Wangen zu glühen begannen. Dieser Satz beschämte mich gleich noch mehr.
»Mein Name ist übrigens Takeshi, ich bin der Vorsteher des Enryakuji-Klosters auf dem Berg Hiei. Weißt du, wer wir sind?«
»Mönche«, antwortete ich, denn wenn er einem Kloster vorstand, konnten seine Gefolgsleute unmöglich Steuereintreiber sein.
»Das stimmt, allerdings sind wir keine gewöhnlichen Mönche. Wir mögen die Sutren beten wie andere, aber vorrangig widmen wir uns der Kampfkunst. Damit verteidigen wir nicht nur unser Kloster und die Menschen in unserem Umkreis, wir dienen auch den Minamoto.«
Kampfmönche! In den Erzählungen meines Vaters waren sie sagenhafte Gestalten, deren Können den Adligen ebenso wie den Samurai und den Schattenkämpfern Angst einjagte und die sich ihren jeweiligen Herrn selbst wählten, ohne selbst je Untergebene zu sein.
»Was führt eigentlich ein Mädchen deines Alters in diese Gegend?«, fragte der Abt nun. »Zudem mit einer Waffe?«
Ich blickte auf die Naginata, erkannte aber, dass es dumm gewesen wäre, jetzt danach zu greifen.
»Meine Eltern sind ermordet worden«, sagte ich geradeheraus, denn er sollte mich
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