Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
sich von allein? Wie lange hast du denn gebraucht da oben bei den Pferden?«
Ich konnte ihm unmöglich erzählen, was passiert war, vermutlich wusste er es bereits von Hiroshi. Mit eingezogenem Kopf wie ein Hund, der seiner Strafe gewiss ist, huschte ich an ihm vorbei in die Küche und begann mit meiner Arbeit.
Tatsächlich kehrten die restlichen Mönche nur wenig später heim. So gut, wie sie gelaunt waren – ihre Rufe und ihr Lachen konnte man schon von Weitem hören – , hatten sie die Räuber wohl zur Strecke gebracht. Doch wie lange würde diese gelöste Stimmung anhalten?
Überzeugt davon, dass Hiroshi dem Abt umgehend von dem Vorfall berichten würde, arbeitete ich mit der Angst im Nacken, dass man mich sogleich zu ihm rufen würde. Ich wollte mir die Schelte gar nicht ausmalen, ganz abgesehen davon, dass man mich wahrscheinlich des Klosters verweisen würde.
Die Angst ließ mich sogar die Frage vergessen, ob es sich bei der Bande um jene Männer gehandelt hatte, die meine Familie getötet hatten.
Doch der Nachmittag verging, ohne dass jemand nach mir rief. Satoshi nahm wieder den Platz als Herr der Küche ein und überschüttete mich mit Geschichten von ihrem kleinen Feldzug, der gut zwanzig Räubern den Kopf gekostet hatte. Diese Köpfe steckten nun auf Pfählen am Wegrand, als Mahnung an all jene, die mit dem Gedanken spielten, ihren Unterhalt auf räuberische Weise zu verdienen. Satoshis Geschichten waren sehr spannend und auch ein wenig gruselig, doch in meiner Furcht, mit meinem kleinen Ausflug alles verspielt zu haben, konnte ich sie gar nicht richtig würdigen.
Am Abend, nachdem ich wie immer die Böden geschrubbt hatte und eigentlich zu Bett gehen sollte, war so viel Unruhe in mir, dass ich mich hinaus in den dunklen Übungshof schlich. Die Naginata in der Hand zu spüren beruhigte mich ein wenig. Meine Bewegungen wurden gleichmäßiger, und schließlich ließ ich mich dazu hinreißen, mir vorzustellen, wie ich mit der Naginata die Pfeile der Schattenkrieger zerschnitt, bevor sie mich erreichen konnten.
»Übst du auch gut, Tomoe-chan?«, fragte plötzlich eine spöttische Stimme hinter mir, gerade als ich dazu ansetzte, meine Naginata wie ein Wasserrad zu schwingen. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter, und es fiel mir sehr schwer, meinen Schrecken zu verbergen.
War Taketsuna meine Strafe? Hatte es Hiroshi auch den anderen Mönchen erzählt? Wenn Taketsuna davon wusste, war ich wirklich verloren.
»Wie du siehst«, entgegnete ich und setzte meine Übung fort. Die kreisende Naginata würde ihn vielleicht davon abhalten, näher zu kommen.
Tatsächlich verharrte Taketsuna an seinem Platz. Obwohl ich ihn nicht ansah, spürte ich seine Selbstsicherheit und Arroganz. Eines Tages würde er sicher ein guter Krieger werden. Oder ein Feldherr, der grausam und rücksichtslos zu seinen Soldaten war.
»Du hast wirklich großes Glück, dass der Abt so nachsichtig mit dir ist. Mädchen ist es eigentlich nicht gestattet, hier zu sein.«
Ich hätte ihm gern an den Kopf geworfen, dass nicht er die Regeln festsetzte. Doch obwohl uns hier niemand belauschte und ich keinen Grund hatte, ihm gegenüber höflich zu sein, schwieg ich.
»Aber auch wenn du ein Mädchen bist, wird mich das nicht abhalten, dich zu besiegen, wenn es an der Zeit ist.«
Was sollte das? Ich konnte nicht glauben, dass seine Abneigung mir gegenüber immer noch an dem Kampf lag, den er verloren hatte.
»Taketsuna-san weiß sicher, wie groß seine Fähigkeiten mit den Waffen sind. Und ich weiß, dass ich ihm nicht gewachsen bin mit meinen mageren Fähigkeiten.«
»Nein, das bist du wirklich nicht!«, gab er so grob zurück, als hätte ich ihm eine Beleidigung an den Kopf geschleudert. Offenbar erzürnte es ihn noch mehr, dass ich keinen Streit mit ihm anfangen wollte. »Du bist bestenfalls eine Dienstmagd. Wenn dich die Mönche als solche nicht behalten wollen, werde ich überlegen, ob ich dich in den Haushalt meines Vaters schicke!«
Ich spürte deutlich, dass er es darauf anlegte zu raufen. Wahrscheinlich hoffte er, dass ich ihn mit der Waffe angreifen würde und dann aus dem Kloster geworfen wurde.
»Wenn Taketsuna-san das meint, wer bin ich, seine Meinung in Frage zu stellen?«
Jetzt hörte ich förmlich, wie er mit dem Kiefer zu mahlen begann.
»Du bist ein Nichts!«, zischte er mir zu. »Genauso wie deine Ahnen nichts waren. Einfache Bauern! Schwertfutter! Nichts, worum es sich zu trauern lohnt.«
Ich erstarrte. Wie viel
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