Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
meinem Nacken. An dem rauen Leder der Handschuhe erkannte ich, dass es sich um Hiroshi handelte.
Takeshis zornige Stimme übertönte alles.
»Es hat dir nicht zugestanden, sie wie einen Feind zu behandeln! Als Gegner in diesem Kampf solltest du sie prüfen, nicht umbringen! Offenbar habe ich zu voreilig entschieden, als ich dich in unsere Reihen aufnahm. Du lässt dich viel zu sehr von deinen kindischen Rachegefühlen leiten! Solch einen Mann brauche ich in meinem Kloster nicht!«
Ich sah es nicht, doch ich hoffte, dass Taketsuna nun sein Grinsen gründlich verging.
Eigentlich hätte er den Abt um Verzeihung bitten müssen, aber das kam ihm nicht in den Sinn. Er schnaufte nur, dann vernahm ich, wie er seine Waffe wutentbrannt von sich warf und, ohne dass es ihm jemand erlaubt hätte, davonstapfte.
Nun lag die Aufmerksamkeit aller auf mir. Niemand machte sich in diesem Augenblick die Mühe, Taketsuna nachzulaufen. Ich rang immer noch nach Atem.
Wieder spürte ich Hände auf mir, diesmal waren sie nackt. Sie schlugen mein Gewand hoch und betasteten vorsichtig meinen Rücken.
»Bringt sie in die Halle, ich will sie untersuchen«, wies der Abt schließlich seine Brüder an.
Wie durch ein Wunder funktionierten meine Lungen immer noch, wenngleich ich weiterhin das Gefühl hatte zu ersticken. Ich wurde auf eine Trage gehoben und zum Haupthaus gebracht. Als ich zur Seite blickte, sah ich Satoshis besorgtes Gesicht. Er ballte die Fäuste, und ich stellte mir vor, wie er sich Taketsuna vornehmen und ihn aus seinen Kleidern schütteln würde. Auch einige der Jungen blickten mich besorgt an. Zwei oder drei waren kreidebleich, als würden sie sich nachträglich vor dem fürchten, was ihnen ebenso gut hätte passieren können.
In der Halle wurde ich auf den Boden gelegt, dann schickte Takeshi die anderen Mönche nach draußen. Einzig Hiroshi, Nobunaga und Satoshi blieben bei mir.
»Satoshi, bring mir ein paar Kräuter zur Beruhigung und Stärkung«, hörte ich den Abt sagen. Der Koch warf mir einen sorgenvollen Blick zu, dann lief er los. Dann gewahrte ich Nobunaga. Seine Miene war noch immer grimmig. Ich weiß nicht, warum ich mich in diesem Augenblick fragte, ob er eigentlich auch noch ein anderes Gesicht hatte.
Die Untersuchung bereitete mir sogar noch mehr Schmerzen als der Schlag selbst, mein gesamter Brustkorb schien auf einmal zu brennen.
Gewiss würde Hiroshi schon bald beginnen, mich wegen meiner Jammerei auszuschelten. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen murmelte er ein Gebet, mit dem er die Götter um Schutz bat. Nobunaga und Satoshi hielten sich im Hintergrund, sie schienen ihre eigentlichen Aufgaben vergessen zu haben. Ich würde mich, wenn ich das hier überlebte, bei ihnen entschuldigen müssen, dass meine Unachtsamkeit sie von der Arbeit abgehalten hatte.
Als Takeshi endlich mit der schmerzhaften Untersuchung fertig war, reichte man mir eine Schale Tee, die ich austrinken sollte.
»Du wirst einige Tage ruhig auf deiner Matte liegen müssen«, sagte der Abt schließlich zu mir. »Zwei deiner Rippen sind angebrochen. Wir wollen nicht, dass sie falsch verwachsen, nicht wahr?«
Ich schüttelte den Kopf, doch auch wenn dieser nicht angebrochen war, schmerzte er ebenso wie der Rest meines Leibes.
»Hiroshi wird dich in deine Kammer bringen und deine Bettstelle bereiten. Dann wacht er über dich, bis du eingeschlafen bist.«
In diesem Augenblick wäre ich mit allem einverstanden gewesen, das mir die Linderung meiner Schmerzen in Aussicht stellte.
Wieder wurde ich auf eine Trage gehoben und von Nobunaga und Satoshi persönlich zu meiner Kammer getragen. Dort überließen sie mich Hiroshi.
Nachdem er meine Matratze ausgerollt und geholfen hatte, mich darauf niederzulegen, hockte er sich in gebührendem Abstand von mir auf den Boden und streifte seine Handschuhe ab. Seine Kampfkleidung knirschte leise bei jeder Bewegung, Enttäuschung lag auf seinem Gesicht. Ich hätte den Kopf vor lauter Scham am liebsten zur anderen Seite gedreht, doch dazu fehlte mir die Kraft. Die Kräuter, die mir Takeshi gegeben hatte, entfalteten allmählich ihre Wirkung. Dennoch konnte ich Hiroshis Worte gut verstehen.
»Taketsuna ist zu weit gegangen. Ich werde dafür sorgen müssen, dass er dich ab sofort nicht mehr belästigt.«
Das letzte Mal, als er solche Worte gesagt hatte, waren ein paar Schattenkrieger gestorben. Würde er Taketsuna auch umbringen? Das wollte ich auf keinen Fall!
»Bitte … nicht töten …
Weitere Kostenlose Bücher