Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
Bote der Götter! Auch wenn er es bestreiten würde, wahrscheinlich verfügte er über eine Art Vorausschau.
»Nein, es war kein Zufall. Ihr seid stundenlang durch den Regen geritten, nicht wahr? Deine Kleider riechen stockig, ihr müsst bis auf die Knochen durchnässt worden sein. Hier befindet sich eine Hütte, ihr hättet hier ausharren können. Das Lösegeld, das ihr für euren Freund auftreiben wollt, wäre nicht weggelaufen.«
Das waren genau meine Gedanken gewesen, doch ich wollte nicht zugeben, dass die Kitsune recht hatte.
Aber sie erwartete wohl auch keine Erwiderung meinerseits, denn sie fuhr fort: »Wahrscheinlich wusste er, dass der Fürst diesen Weg nehmen würde. Oder zumindest hoffte er, auf ihn zu treffen.«
»Und zu welchem Zweck?« Ich spürte Ärger aufsteigen. Warum schlich mir die Kitsune hinterher? Warum verwirrte sie mich mit Dingen, nach denen ich gar nicht gefragt hatte?
»Dein Schicksal liegt in dieser Hütte, Tomoe-chan. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Wie das?«, fragte ich, während ein heißer Schauer durch meinen Körper rann.
»Du wirst es noch herausfinden. Bis zum nächsten Mal, Tomoe-chan!«
Ehe ich den Fuchs zu fassen bekam, schlüpfte er unter mir hinweg und verschwand im Wald. Zuerst wollte ich ihm nachlaufen, aber wenn ich jetzt Stunden damit vergeudete und mich dabei schlimmstenfalls noch verirrte, würde Kanehira sehr ungehalten sein. Von Hiroshis Zorn, der mich später treffen würde, einmal ganz abgesehen.
Ich kehrte in die Hütte zurück und schob die Tür so leise wie möglich zu. Meine Bedenken waren unbegründet gewesen, Kanehira schlief tief und fest. Das, was die Fuchsfrau gesprochen hatte, beschäftigte mich sehr, und so legte ich mich nicht auf meine Matte, sondern kniete mich in respektvollem Abstand vor das Lager des Fürsten. Wieder wunderte es mich, wie jung er ohne seine Rüstung wirkte. Und vor allem – wie schön! Im ganzen Kloster gab es keinen Mann, dessen Aussehen sich mit dem von Yoshinaka messen konnte.
Im nächsten Augenblick überkam mich tiefe Scham, solche Gedanken waren eigentlich nichts für mich, und gewiss wäre der Fürst erbost, wenn er davon wusste.
Doch solange ich nicht unbedacht redete, würden die Gedanken für immer in meinem Kopf verschlossen sein wie in einem Lackkästchen. Die Vorstellung beruhigte mich, und ich gestattete mir, noch einen Moment lang die ebenmäßigen Züge des Fürsten zu betrachten.
Dein Schicksal liegt in dieser Hütte, hörte ich dabei die Stimme der Fuchsfrau wispern. Da wohl kaum diese einfache Hütte gemeint sein konnte, bedeutete es wahrscheinlich, dass mein Schicksal irgendwie mit dem Fürsten verknüpft sein würde. Aber war es das nicht ohnehin schon? Immerhin trug er meinen Namen als sein Wappen …
Das Nachdenken darüber trug keine Früchte, machte mich aber so müde, dass ich mich schließlich auf meine Matte begab und einschlief.
23
Am nächsten Morgen wurde ich grob wachgerüttelt.
»Wach auf, Mädchen!«
Ich schreckte hoch. Was war geschehen? Hatten uns die Taira umzingelt?
Als ich meine Augen vom Schlaf befreit hatte, erkannte ich, dass nicht Kampfeslust in den Augen des Kriegers brannte, sondern Angst. Größere Angst, als er sie wahrscheinlich jedem noch so mächtigen Feind entgegenbrachte.
»Dem Fürsten geht es schlecht, er hat Fieber.«
Sogleich sprang ich von meinem Lager auf und eilte zu der Matte, auf der Yoshinaka lag. Selbst jemand, der mit schlechtem Augenlicht geschlagen war, hätte erkannt, dass das Fieber sehr hoch war. Der Fürst war so rot im Gesicht wie der Rakshasa, den wir im Wald erledigt hatten, Schweiß stand auf seiner Stirn, und seine Zähne klapperten.
Als ich nach der Wunde sehen wollte, schnellte Kanehiras Hand vor und packte grob meinen Arm.
»Was hast du mit ihm gemacht? Was waren das für Kräuter, mit denen du die Wunde verbunden hast?«
Ich starrte ihn einen Moment lang erschrocken an. Dass er mir die Schuld für das Fieber geben würde, hatte ich nicht gedacht.
»Das waren Kräuter, wie wir sie immer verwenden, um eine Wunde zu versorgen. Nie würden mein Lehrmeister und ich dem Fürsten schaden wollen! Allerdings kann es bei solch schweren Verletzungen zu Fieber kommen, das weiß ich.«
Meine Worte beruhigten den aufgebrachten Kanehira ein wenig, doch mir war klar, dass ich jetzt keinen Fehler machen durfte.
Was hatte mich Hiroshi über das Fieber gelehrt? Dass es der Freund des Menschen war und nicht sein Feind! Das konnte ich
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