Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
gegenüber Kanehira, der vor Sorge fast schon verrückt war, natürlich nicht anbringen, er hätte mir womöglich den Kopf abgeschlagen.
Stattdessen sagte ich: »Sorgt Euch nicht, Kanehira-san, mein Lehrmeister hat mir dafür ein Mittel mitgegeben. Wenn wir den Körper des Fürsten kühlen und ihn dazu bringen, den Sud aus den Kräutern zu trinken, wird sich das Fieber wieder senken. Mein Lehrmeister meint immer … « Ich stockte, denn ich bemerkte, dass ich drauf und dran war, ihm meinen Gedanken doch mitzuteilen.
Kanehira verlor die Geduld und packte mich an meinem Gewand. Erst jetzt merkte ich, wie viel Kraft dieser Mann hatte. Er hätte mich mit Leichtigkeit herumschleudern und durch das Fenster werfen können. Doch das tat er nicht, stattdessen durchbohrte mich sein schwarzer, vor Zorn funkelnder Blick.
»Rede! Was sagt dein Lehrmeister?«
»Er … er sagt, dass das Fieber den Körper reinigt … es ist nichts, was man fürchten muss.«
Und wieder hatte ich das Falsche gesagt!
»Und warum geht es ihm so schlecht? Warum stirbt er?«
Ich schüttelte den Kopf. »Er stirbt nicht, das versichere ich Euch, Herr. Lasst mich ihm helfen!«
Kanehira betrachtete mich einen Moment lang wutentbrannt, dann ließ er mich wieder los. Ich fürchtete, dass er nach seinem Dolch greifen würde, und wich ein Stück zurück. Doch er durchbohrte mich lediglich mit seinem Blick, als ich aus der Tür stürmte, um die Satteltaschen zu durchsuchen.
Tatsächlich fand ich die Kräuter, die im Kloster immer dann verabreicht wurden, wenn jemand an Fieber litt, außerdem nahm ich auch Kräuter mit, von denen es hieß, dass sie Wunden reinigen würden. Dabei fiel mir auf, dass Hiroshi mir keine anderen Kräuter dagelassen hatte, als hätte er gewusst, welchen Verlauf Yoshinakas Verwundung nehmen würde.
Rasch machte ich mich an die Arbeit, und die Angst ließ mich diesmal meine Scheu vor der nackten Haut des Fürsten vergessen.
Als ich die Wunde versorgt hatte, wollte ich Kanehira dazu überreden, mich Wasser holen zu lassen, denn wir brauchten kaltes Wasser, um den Leib des Fürsten zu kühlen. Doch er fuhr mich schroff an, dass er dies erledigen würde und ich mich ja nicht aus der Hütte wagen sollte.
»Und sollte der Fürst tot sein, wenn ich wiederkomme, wirst du ihm folgen und dein Lehrmeister ebenso.«
Dass er Hiroshi töten wollte, beunruhigte mich nicht sonderlich, Enmas Diener würde sich schon zu wehren wissen. Doch was war mit mir? Wer sollte meine Aufgabe übernehmen, wenn ich nicht mehr lebte? Also schickte ich mein Gebet an die Götter, dass sie den Fürsten auf Erden belassen sollten.
Tatsächlich lebte Yoshinaka noch, als Kanehira mit dem Wasser zurückkehrte, doch ich hatte das Gefühl, dass das Fieber eher gestiegen denn gesunken war. Da wir keine Laken hatten, in die wir den glühenden Körper einwickeln konnten, benutzten wir kurzerhand seine eigenen Kleider, und Kanehira gab einen Teil seiner Kleider her, damit wir den Fiebernden bedecken konnten.
So ging das mehrfach am Tag. Ich verrichtete schweigsam meine Arbeit, denn ich wollte den Zorn des Kriegers nicht noch einmal herausfordern. Ich vermied seinen Blick, und wenn ich den Fürsten versorgt hatte und er in den Schlaf sank, verkroch ich mich in einer Ecke des Raumes und schützte Müdigkeit vor. Ich wollte nicht, dass Kanehira mich noch einmal packte, als wäre ich nur ein dünner Zweig.
Als der Abend kam, hatte sich der Zustand des Fürsten nicht gebessert, aber schlechter geworden war er auch nicht. Das Fieber war ein wenig gesunken, aber es war noch immer hoch. Die Wunde glühte, doch die Kräuter schienen ihre Wirkung zu tun. Diese Nacht würde entscheiden. Entweder glühte Yoshinaka am Morgen so sehr, dass sein Blut gerann, oder aber das Fieber schlich sich mit kleinen Schritten davon.
Erschöpft und schweigend hockte ich in der Ecke gegenüber der Tür, weit ab von Kanehira, der an der Feuerstelle saß und den Flammen dabei zusah, wie sie das Holz verschlangen. Vor einer Stunde hatten wir etwas von dem Proviant gegessen, den ich bei mir hatte, und obwohl es sicher nichts war, was der Krieger gewohnt war, aß er, als hätte er einen großen Leckerbissen vor sich.
Allerdings konnte das seine Stimmung ebenso wenig heben wie meine eigene. Meine Muskeln waren kraftlos von der Anstrengung, den Körper des Fürsten zu kühlen. Angesichts dessen, was ich mit Kanehira erlebt hatte, wünschte ich mir, mit der Dunkelheit verschmelzen zu können und
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