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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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diese Probleme zu unterhalten. Am Ende ließ er die Polizei sausen, zog nach Los Angeles und nahm einen Job in einem Fotolabor an.
    Über das BARF-Experiment sagte Renee: »Ich war von dem Tag an unsicher, an dem der Chief sagte, er wolle die ganze Sache abblasen, weil dabei schnell einer zu Tode kommen könne. Ich sagte mir, natürlich kann dabei schnell einer zu Tode kommen. Und wenn unser Job das nicht wert ist, sollten wir ihn überhaupt nicht erst machen. Von diesem Moment an hatte das Ganze keinen rechten Sinn mehr für mich, und ich glaub, ich war mit dem Herzen gar nicht mehr dabei.«
    Nachdem René Camacho eine sehr heftige Form von jugendlicher Midlife Crisis überstanden hatte, kehrte er im Jahr 1983 nach San Diego und in seine frühere Welt zurück und versuchte, wieder beim Police Department anzufangen. Es wurde festgestellt, daß er in seiner letzten Zeit als Cop alles andere als besonders gewissenhaft gewesen war. In der Zeit also, in der sein Vater gestorben war. Auch polizeiliche Verwaltungsbeamte werden von ihrem Beruf geprägt, und weil sie immer nur mit besonders schlechten Menschen zu tun haben, sehen sie jeden normalen Menschen ebenfalls immer nur von seiner schlechtesten Seite. Im übrigen sind Bürokraten nie einer zu großen Sentimentalität bezichtigt worden. Renee wurde als ungeeignet für eine Wiedereinstellung eingestuft. Er kam daraufhin beim Sheriff's Department unter.
    Als er gefragt wurde, was das BARF-Experiment ihm gebracht habe, sagte er lediglich: »Na ja, es war für mich die Chance, meinen Vater stolz auf mich zu machen. Ich war ziemlich tapfer. Für meinen Vater.«
    Nachdem er den Gangster getötet hatte, stellte Big Ugly fest, daß er sich mehr denn je ein Kind wünschte. Joe Vasquez und seine Frau Vilma adoptierten ein Baby, ein weißes Baby. Wenig später kriegten sie, was ja immer wieder passiert, auch ein eigenes Baby, ein mexikanisches Baby. Big Ugly, der häßliche Joe Vasquez, hatte zwei richtig schöne Kinder bekommen.
    Tony Puente wurde es immer mehr leid, sich regelmäßig vor und nach Weihnachten mit seiner Frau über ihre Religion zu streiten. Außerdem stellte er fest, daß er, förmlich gegen seinen Willen, von Jahr zu Jahr immer kleinere Weihnachtsbäume kaufte. Der Weihnachtsbaum, der ursprünglich so riesig sein sollte, daß man ihn per Lastwagen anliefern mußte, war am Ende so dünn und winzig, daß er ihn nahezu in die hintere Hosentasche stecken konnte.
    Er hoffte einerseits, daß er eines Tages nicht auch an der Straßenecke stehen und religiöse Traktätchen verteilen würde, hegte andererseits für den Glauben seiner Frau allerdings eine ziemlich eindeutige Bewunderung. Er hoffte wahrhaftig inbrünstig, eines Tages nicht auch einer von ihnen zu sein.
    Ernie Salgado und Eddie Cervantes hatten nach wie vor größte Schwierigkeiten, ihre äußerst negativen Gefühle für den BARF-Sergeant zu verbergen. Sie erinnerten sich an seine Beleidigungen und Demütigungen, als ob sie ihnen gestern widerfahren seien.
    Nach all dem Pech, das er gehabt hatte, nach dem Erlebnis mit dem Leichensack, der ihn beinahe umgebracht hätte, als er eine Kugel in der Hüfte hatte, und nach dem schier lebenslangen Versuch, einem nicht mehr vorhandenen Vater zu beweisen, daß er kein Muttersöhnchen war, fing der alte Fred Gil zum Schluß doch noch eine verträgliche Lebensgefährtin ein und ein neues Leben an.
    Judith, seine neue Frau, hatte einen guten Job als Bürovorsteherin, war eine schlanke, attraktive Blondine, rauchte nicht, nahm nur selten einen zur Brust und pflegte ebenso wie Fred nie schlimmere Worte als beispielsweise »Scheibenkleister« zu sagen. Er machte normalen, ganz gewöhnlichen Polizeidienst, und in ihrer spärlichen Freizeit züchteten sie Malteserhunde und nahmen mit ihnen an Wettbewerben teil. Der alte Fred Gil hatte doch mal Dusel gehabt.
    Über das Experiment konnte er nur sagen: »Hat sich jemals einer gefragt, ob die einzig vernünftige Lösung nicht nur in Washington oder Mexiko City zu finden gewesen wäre? Ich weiß nicht. Ich glaub allerdings nicht, daß diese zehn Burschen da draußen die richtige Lösung waren.«
    Von allen Barfern sagte nur ein einziger spontan und unaufgefordert, daß er sehr gern wieder in die Canyons zurückkehren und alles noch mal machen würde. Carlos Chacon war der Überzeugung, daß sie beim Police Department inzwischen viel bessere Jobs hätten, als sie es sich ohne BARF je hätten träumen lassen können, und zumindest

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