Die San-Diego-Mission
Police Department in eine schwierige Lage bringen oder für sie selber lebensgefährlich werden konnten.
Robbie Hurt hatte es geschafft, ein weiteres Auto zuschanden zu fahren – den geliebten Porsche, auf dem Parkplatz seiner Stammkneipe. Er und seine Frau Yolie waren lange geschieden, aber er ließ sie nie in Ruhe. Sie wohnten getrennt, aber er rief ständig bei ihr an, und manchmal gingen sie zu dritt – Robbie, Yolie und Robbies Freundin – in ein Restaurant oder ins Kino. Und wenn sie nach dem Essen noch tanzen gingen, war er hin und wieder regelrecht eifersüchtig, wenn Yolie mit einem anderen Mann tanzte. Robbie war in seinem Privatleben erstaunlich unsicher, seit er in den alten Tagen mehr als jeder andere, ausgenommen Manny Lopez, von der Großen Hure Berühmtheit verführt worden war.
Robbie nahm vor allem deshalb an einem psychologischen Behandlungsprogramm teil, weil er mit seinem oft reichlich unreifen Zynismus und seiner Trinkerei nicht ins reine kam und vermeiden wollte, daß ein weiterer Autounfall ihn möglicherweise das Leben kosten würde. Er sprach mit seinem Seelendoktor fast nur über BARF und das »Problem«, das nie kleiner geworden und sicher ein Grund dafür war, daß sich derzeit seine gesamten Reaktionen immer noch mit den Gefühlen vermischten, die er da draußen gehabt hatte, als er jeden Abend ins Dunkel lauschte und nie wußte, was los war. Und im selben Zusammenhang über die unvorstellbare Frustration, unter der er gelitten hatte und die schlimmer gewesen sein mußte als die realen Ängste der anderen. Und daß er wegen dieser Frustration immer gleich nach Dienstschluß die ganz harten Sachen saufen mußte, vor allem, wenn die anderen ihn wieder mal spüren ließen, daß er nur ein Outsider war. Hingegen redete er kaum über die andere Sache, wenngleich die ihn vielleicht sogar noch mehr kaputtgemacht hatte als die Frustration: die Hure, und wie sie ihn verführt hatte. Er versprach hoch und heilig, die Sauferei aufzugeben, und glaubte steif und fest, er würde es schaffen, wenn er in seiner bevorstehenden zweiten Ehe erst einmal das ganz große Glück gefunden hätte.
Mit Ken Kelly kehrte ein weiterer Barfer dem San Diego Police Department den Rücken.
Ken Kelly sagte: »Ich war sehr sauer, als es mit BARF vorbei war. Stocksauer sogar, und ich blieb sauer. Was hatte das Ganze für einen Sinn gehabt? Warum hatten wir's überhaupt gemacht? Ich fühlte mich betrogen.«
Das National City Police Department gilt bei den Cops aus San Diego als ein stures Police Department, ein böses Police Department. Es gehört eigentlich in die Zeit der Truman-Administration, sagen sie. Die Polizisten in National City tragen 45er Colts. Oder 375er Magnums. Sehr große Kanonen. Die Kriminalitätsquote ist die höchste im ganzen County. Ken Kelly trat in das National City Police Department ein, wo er rasch Sergeant wurde.
1982 leistete sich Ken Kelly einige so seltsame Dinge, daß er, weil er sie zunächst selbst nicht glauben konnte, erneut den Befehl erhielt, seinen Kopf so lange untersuchen zu lassen, bis er sie glauben könne.
Sergeant Ken Kelly saß am Abend des 23. Januar 1982 in einem zivilen Polizeiwagen. Dieser Wagen wurde später, Ken Kelly zu Ehren, Kanonenboot genannt. Aus einem 7-Eleven-Shop war ein Bierdiebstahl gemeldet worden. Keineswegs etwa ein Raubüberfall, sondern nur ein simpler Bierdiebstahl. Drei Burschen mit einem Sportwagen hatten sich ein paar Dosen unter den Nagel gerissen und waren abgehauen. Der Geschäftsführer des Ladens rief die Cops, und der Wagen gab Gas, und sofort war die Jagd im Gang. Außer Ken Kelly in seinem Kanonenboot beteiligten sich schließlich drei Streifenwagen an der Jagd. Man hatte schon den Eindruck, daß die Ladendiebe jeden Moment aufgeben würden. Aber in einer Straße, in der sie von Polizeiwagen praktisch schon eingekeilt worden waren, wurde der Knabe hinter dem Steuer zunächst zwar langsamer, änderte jedoch plötzlich seine Meinung. Er entschloß sich offensichtlich, es darauf ankommen zu lassen, und rammte einen der Polizeiwagen. Im nächsten Moment haute er den Rückwärtsgang rein, und Ken Kelly glaubte, er habe einen Cop überfahren, denn er hörte einen dumpfen Aufprall.
Es stellte sich zwar heraus, daß bloß ein Cop gegen seinen eigenen Wagen gerannt war, aber Ken Kelly hatte bereits seine 375er Magnum gezogen und feuerte einen Schuß ab. Und verfehlte sein Ziel, zum Glück sowohl für die Bierdiebe als auch für ihn selbst.
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