Die San-Diego-Mission
vom Leben, ebenso wie die meisten anderen, die nachts die Canyons durchquerten, und sie war tapfer genug, es wenigstens zu versuchen.
Es war nicht sehr schwer, auf den Straßen von Tijuana Reisegefährten zu finden, und es wäre für eine Frau andererseits reichlich tollkühn gewesen, den Grenzübertritt allein zu versuchen. Sie kannte die beiden Pollos, die sie sich in dieser Nacht aussuchte, nur sehr oberflächlich. Einer hielt sich nur vorübergehend in Tijuana auf, und der andere, der aus Jalisco stammte, sah wie ein campesino aus. Sie waren ungefähr so alt wie sie und schienen ziemlich stark zu sein, und sie hoffte, die beiden würden ihr genügend Schutz bieten, wenn ein Grenzführer oder, was Gott verhüten mochte, ein Gangster versuchen sollte, sein Schnäppchen zu machen.
In der Dämmerung befanden sie sich in der Nähe der Grenzlinie, etwa eine Meile östlich der Grenzstation. In der klaren Nacht, in der sich die Grenzgängerarmeen auf ihren Marsch über die Grenze vorbereiteten, herrschte die übliche karnevalistische Atmosphäre. Die drei jungen Leute hielten sich in der Nähe einer überlaufenen Imbißbude auf und überlegten, ob sie es sich leisten konnten, etwas Geld für eine Erdbeerlimonade auf den Kopf zu hauen, weil sie während der langen Wartezeit auf die Dunkelheit einen ziemlich ausgetrockneten Mund bekommen hatten.
Patricia Ramirez sah, daß sie von vier Männern beobachtet wurden. Einer der Männer lächelte ihr zu. Sein Lächeln gefiel ihr nicht, wirklich nicht im geringsten. Die Männer sahen irgendwie nicht so demütig aus, wie Pollos im allgemeinen aussahen. Der lächelnde Mann trat auf die drei zu und fragte, ob sie nicht etwas Marihuana hätten.
Natürlich hatten sie nichts, aber der Mann, immer noch lächelnd, sagte: »Dann gib mir mal ein bißchen Geld, Schwesterchen.«
Es ging also schon los. Und dabei waren sie noch nicht mal in den Canyons. Sie hatten noch keinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt. Sie waren immer noch auf einer ungepflasterten Straße im eigenen Lande. Diese Gangster spielten, so gesehen, weder fair noch ehrlich. Man konnte schon davon ausgehen, daß sie nur darauf warteten, bis die Pollos in den USA waren, bevor sie sie überfielen.
Patricia Ramirez besaß lediglich vier amerikanische Dollar, um nach Los Angeles zu kommen und dort irgendeinen Job zu finden. Nach kurzem Zögern gab sie dem Mann trotzdem einen ihrer Dollar, und sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen, als er sie berührte. Dann verlangte er Geld von ihren beiden männlichen Begleitern, und auch sie gaben ihm ein paar ihrer zusammengerollten US-Dollar.
Die Sonne verschwand hinter den Bergen. Es war Zeit loszumarschieren. Die Pollos küßten Freunde und Familienangehörige und verabschiedeten sich vor Nervosität fast schreiend. Patricia Ramirez hatte in der Dunkelheit noch keine fünfhundert Meter zurückgelegt, als sie den lächelnden Mann erneut sah. Er versperrte ihr den Weg. Er war wie ein Geist aus der Finsternis aufgetaucht. Er lächelte noch immer, als er sagte: »Nun gib uns mal alles.«
Dann sprangen die drei Kumpane des lächelnden Mannes auf den engen Weg, und sie wurde von ihren Begleitern abgedrängt. Sie gab sich alle Mühe, nicht zu schreien, während sie in der Dunkelheit von sachkundigen Händen befummelt wurde. Sie merkte, wie ihr die Armbanduhr abgenommen wurde. Dafür hatte sie dreißig amerikanische Dollar bezahlt, nach monatelangem Sparen. Sie spürte, wie ihr die Kette vom Hals glitt. Dafür hatte sie sechs US-Dollar bezahlt, was ihr wie eine frivole Verschwendung vorgekommen war. Und natürlich nahmen sie ihr auch die letzten drei US-Dollar weg. Womit sie, wie sie dachte, nichts an Wert mehr besaß. Sie lag damit allerdings nicht ganz richtig.
Der ältere Mann packte sie vorn am Sweater und steckte ihr die Hand in den BH. Er war brutal, und es tat weh, aber sie wimmerte trotzdem nicht. Anschließend lachte der jüngere und machte eine Bemerkung, wie viele Hosen diese Pollos wohl tragen würden, und er ging ihr an den Körper und fing an, ihre lange Hose aufzuknöpfen.
Da fing sie an zu schreien. Die Gangster kriegten offenbar wirklich einen Schreck, allerdings wohl in erster Linie deshalb, weil sie tatsächlich zwei lange Hosen trug, um am Ende ihrer Reise eine ausziehen und sich anständig angezogen vorstellen zu können. Sie weinte, als sie ihr dann trotzdem beide Hosen herunterzogen und ihr mit den Händen in die Unterwäsche grabschten.
Die übrigen
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