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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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an der Hand und wich ihnen nicht von der Seite. In ihren großen Augen flackerte ein unruhiges Licht, das von Angst und Rastlosigkeit zeugte. Sun Bing strich den Kindern über die Köpfe und versuchte ein leichtherziges Lächeln aufzusetzen: »Komm herein und ruh dich aus, es macht nichts, gar nichts. Sie haben eine ehrenwerte Frau belästigt. Wenn ein Kopf rollen soll, dann soll es ihrer sein!«
    Doch er war sich bewußt, daß die Situation viel schlimmer war, als er sie darstellte. Sah er doch selbst, wie seine Hand, die den Lappen hielt, zitterte. Dann nötigte er seine Frau, in den Hinterhof zu gehen, während er selbst im Teehaus saß, mit der Hand den Rhythmus auf den Tisch schlug, sich räusperte und eine Melodie aus der Katzenoper sang:
    »Auf in die Heimat, weit ist der Weg,
    Ich denke an meine Frau, was wird aus ihr?
    Es kümmert mich nicht, welches Schicksal mich erwartet,
    Nur sie, ach, was wird aus ihr?
    Die Angst ist groß, die Furcht zermartert mein Herz ...«
    Nachdem er mit einem Lied angefangen hatte, brachen bei ihm die Dämme und alle Operntexte, die er sich sein Leben lang zu eigen gemacht hatte, sprudelten aus ihm hervor. Je mehr er sang, um so trauriger wurde er, und um so verzweifelter. Am Ende flossen ihm die Tränen über das fleckige und kahle Kinn.
    Ganz Masang lauschte seinem Gesang.
    Sun Bing sang, bis in der Dämmerung die rote Abendsonne die Weidenbäume am Flußufer erleuchtete, auf denen ein ganzer Schwarm Spatzen zu einem lauten Konzert anhob, als ob sie ihm etwas mitzuteilen hätten. Er schloß die Läden und wartete am Fenster, in der Hand den Stock aus Dattelholz. Er riß ein Guckloch in das Papierfenster und spähte hinaus, um zu sehen, was sich auf der Straße tat. Shitou kam und brachte ihm eine Schüssel Reis mit Weizenkörnern. Er aß einen Bissen, der ihm im Halse steckenblieb. Mit einem lauten Niesen kamen ihm die Weizenkörner wie Kugeln aus einer Schrotflinte aus den Nasenlöchern geschossen. Er sagte zu Shitou: »Mein Kind, ich habe mir großen Ärger zugezogen. Früher oder später werden die Deutschen kommen und mich zur Rechenschaft ziehen. Lauf weg, solange sie noch nicht hier sind!«
    »Meister, ich werde nicht weggehen. Ich helfe Euch, sie zu schlagen!« Shitou nahm eine Schleuder aus seiner Jacke. »Ich bin ein wirklich guter Schütze mit der Steinschleuder!«
    Er insistierte nicht. Sein Hals war bereits so rauh, daß er kein Wort mehr herausbrachte. Sein Brustkorb schmerzte so unerträglich, wie er es nur aus der Zeit kannte, als er damals das Singen in den Kornspeichern lernte. Doch in seinem Herzen sang er weiter seine Arien von den Höhen und Tiefen des Lebens.
    Als die Mondsichel bereits tief über den Weiden hing, hörte er von Westen her Hufgetrappel nahen. Hastig sprang er auf und umschloß mit glühenden Händen den Stock, bereit, in jedem Moment Widerstand zu leisten. Im schwachen Licht des Mondes und der Sterne sah er ein großes, schwarzes Maultier vorbeitraben, auf dem eine Gestalt in schwarzer Kleidung und mit einer schwarzen Maske saß.
    Diese Gestalt sattelte vor dem Teehaus ab und klopfte an die Tür.
    Sun Bing hielt den Atem an und versteckte sich mit dem Stock in der Hand hinter der Tür.
    Das Klopfen war nicht besonders laut, aber nachdrücklich.
    Mit heiserer Stimme fragte er: »Wer ist da?«
    »Ich.«
    Sofort erkannte er die Stimme seiner Tochter und beeilte sich, ihr zu öffnen. Die ganz in Schwarz gekleidete Meiniang trat hastig ein und stieß hervor: »Vater, sag kein Wort, flieh!«
    »Warum sollte ich fliehen?« fragte er wütend. »Die Deutschen haben meine Frau entehrt.«
    Seine Tochter fiel ihm ins Wort: »Vater, du hast eine große Katastrophe heraufbeschworen, die Deutschen haben bereits ein Telegramm nach Beijing und nach Jinan geschickt und als Yuan Shikai die Nachricht erhielt, hat er Qian Ding den Befehl erteilt, dich noch in dieser Nacht festzunehmen. Die Reiter, die dich holen sollen, sind nicht mehr weit von hier.«
    »Gibt es denn auf dieser Welt keine Gerechtigkeit?«
    Aber Meiniang herrschte ihren Vater an: »Wir haben keine Zeit zu verlieren! Halte dich nicht mit Geschwätz auf. Wenn du leben willst, dann geh und verstecke dich, wenn nicht, dann bleib hier und warte auf sie.«
    »Und wenn ich fliehe, was wird dann aus meiner Frau und den Kindern?«
    »Da sind sie.« Meiniang hielt inne und lauschte. Von Ferne war undeutliches Pferdegetrappel zu hören. »Vater, jetzt heißt es fliehen oder bleiben, sieh selbst zu, was du

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