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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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richtete der Präfekt seinen Blick auf das besorgte Gesicht seiner Frau, stieß einen langgezogenen Seufzer aus und sagte: »Ach, liebe Frau, warum hast du mir das Leben gerettet?«
    »Ist die Situation, in der du dich befindest, schlimmer als die meines Großvaters nach der Niederlage in der Schlacht von Jinggang?« fragte die gnädige Frau ihn gestrengen Blickes.
    »Hat er sich nicht in den Fluß gestürzt?«
    »Ja, er hat versucht, sich umzubringen«, sagte seine Frau. »Doch nachdem ihn seine Gefolgsleute gerettet hatten, hat er aus dieser bitteren Erfahrung eine Lehre gezogen. Er hat all seine Energie darauf verwendet, seine Truppen neu zu organisieren. Dann ist er noch einmal in die Schlacht gezogen, hat unvorstellbare Leiden erduldet und schließlich die Heldentat vollbracht, Nanjing einzunehmen und die langhaarigen Rebellen der Taiping zu besiegen. Deshalb wurde er ein berühmter Minister dieses Landes und eine Säule des Staates. Seine Frau wurde geadelt, seine Kinder mit Erbtiteln beschenkt, und das Essen wurde ihm auf kostbarem antiken Geschirr serviert. Er hat einen Tempel zur Ahnenverehrung und einen weiteren Tempel zu Ehren des Konfuzius gestiftet und sich einen Namen in der Geschichte gemacht. So sehen die Taten eines tapferen Mannes, einer wirklichen Persönlichkeit, aus.«
    »Unser jetziges Kaiserhaus besteht nun schon seit über zwei Jahrhunderten, aber es gab bisher nur einen einzigen Mann vom Format eines Zeng Wenzheng.« Der Präfekt hob den Kopf, um die Fotografie dieses heldenhaften Vorfahren zu betrachten, die an der Wand hing. Er sah einen alten und geschwächten und dennoch würdevollen Mann. Mit leiser Stimme fuhr er fort: »Ich bin ein Mann von geringem Talent und bescheidenem Wissen. Mein Wille ist schwach. Du hast mir das Leben gerettet, aber ich fühle mich nicht zu großen Taten befähigt. Gnädige Frau, es tut mir leid, daß Ihr mit einer lebenden Leiche wie mir verheiratet seid.«
    »Werter Gemahl, warum habt Ihr eine so geringe Selbstachung?« fragte seine Frau streng. »Ihr habt sämtliche Klassiker studiert, seid bewandert in militärischen Strategien, seid von robuster körperlicher Natur und geübt in den Kampfkünsten. Wenn Ihr so lange schon in untergeordneter Rolle tätig seid, liegt das nicht an Eurem Unvermögen, sondern weil es bisher an der richtigen Gelegenheit zum Aufstieg fehlte.«
    »Und jetzt?« fragte Qian Ding mit leichter Ironie in der Stimme. »Ist jetzt etwa meine Stunde gekommen?«
    »Natürlich«, entgegnete seine Frau. »Die Boxer sind dabei, die Bauern zusammenzutrommeln und Unruhe zu stiften, und die ausländischen Mächte sehen mit Besorgnis zu. Die Deutschen rasen vor Zorn über Sun Bings Revolte, das ganze Land befindet sich in einer prekären Lage. Wenn Ihr die Geiseln befreit und bei dieser Gelegenheit Sun Bing gefangennehmt, würdet Ihr ganz gewiß sofort in der Achtung Yuan Shikais steigen. Dann würden nicht nur die Sanktionen gegen Euch aufgehoben werden, sondern Ihr könntet obendrein mit einer Beförderung rechnen. Ist das nicht die Gelegenheit, auf die Ihr so lange gewartet habt?«
    »Gnädige Frau, Eure Bemerkungen lassen Euch in meinen Augen ganz anders aussehen!« sagte der Präfekt nicht ohne Ironie. »Aber die Rebellion Sun Bings hat schließlich ihre Gründe.«
    »Werter Gatte, Sun Bing hat einen Deutschen verletzt, weil dieser seine Frau entehrte. Dafür kann man noch Verständnis aufbringen. Man kann auch verstehen, daß die Deutschen sich wiederum dafür gerächt haben. Nach diesem Vorfall hätte Sun Bing die Regelung der Angelegenheit den Behörden überlassen sollen. Niemals hätte er sich den Boxern anschließen dürfen, niemals hätte er unautorisiert einen Altar errichten und sich mit Tausenden von Leuten zusammenrotten dürfen, um die Bauhütten der Eisenbahnlinie anzugreifen. Und dann hat er auch noch Geiseln genommen! So etwas verstößt gegen jedes irdische und himmlische Gesetz. Wenn das keine Anarchie ist, mein werter Herr Gemahl, was ist es dann? Du bist ein Beamter des kaiserlichen Hofs. Es ist der Hof, der dich ernährt. Und in diesen schweren Zeiten fällt dir nichts anderes ein, als dir Entschuldigungen für Sun Bing auszudenken, statt dich für die Belange deines Staates einzusetzen. Das ist kein Mitleid. Du nimmst damit einen Verbrecher in Schutz. Es ist auch nicht die Liebe zum Volk. Du machst mit einem Aufrührer gemeinsame Sache. Du bist doch ein studierter und intelligenter Mann. Wie kannst du dich nur so konfus

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