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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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niederrang und Qian Ding das Leben rettete.
    Qian Ding schloß die Augen. Wie in einem bösen Traum hörte er die Kampfesschreie der deutschen Soldaten und wußte, daß dieses Dorf, der blühendste Ort von Gaomi, schon nicht mehr existierte. Und verantwortlich für dieses Unglück waren Sun Bing, die Deutschen, aber auch er selbst.

Teil III :
Der Schwanz des Leoparden
     

Kapitel 14:
Zhao Jias Monolog
    »Ich, Zhao Jia, war einmal der Erste Foltermeister des Tribunals des Strafministeriums, über vierzig Jahre lang habe ich in der Hauptstadt gedient.
Die Zahl der Köpfe, die ich abgeschlagen habe, hätte in einem großen Bauernwagen Platz. Ich habe sie nicht gezählt. Mit sechzig Jahren hat mich die Kaiserinwitwe gnädig in den Ruhestand entlassen, und man hat mir die Ehre des siebten Beamtengrades gewährt. So konnte ich in meine Heimat zurückkehren. Zuerst dachte ich daran, mich zurückzuziehen, unter falschem Namen in einem versteckten Winkel dieser Kleinstadt zu leben, im Haus eines Metzgers. Ich wollte ein besserer Mensch werden, meine Gesundheit pflegen, die verbleibenden Jahre meines Lebens genießen.
Ich hatte nicht damit gerechnet, daß mein Verwandter Sun Bing das Volk mit magischen Tricks irreleitete, und die Fahne schwingend zur Revolte aufrief. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß er die Gesetze des Reiches verletzte, und aus dem Aufruhr ein internationaler Konflikt werden würde.
Um das rebellische Volk abzuschrecken und Recht und Ordnung wiederherzustellen, bat mich der Gouverneur von Shandong, General Yuan, meinen Ruhestand zu unterbrechen und die Sandelholzstrafe auszuführen.
Das Sprichwort sagt: »Ein Edler gibt sein Leben für seinen Freund; ein Vogel singt für den, der sein Lied zu schätzen weiß.« Um mich Seiner Exzellenz Yuan für die mir erwiesene Gnade erkenntlich zu zeigen, nehme ich das Schwert, das ich schon abgelegt hatte, wieder auf. Am frühen Morgen brennen meine Hände wie glühende Kohlen, und ich weiß, daß eine schwere Last auf meinen Schultern liegt.
(Ojaja!) Der Präfekt von Gaomi, Qian, hält viel von sich,
Hält nichts vom alten Zhao, verachtet mich. (Oja!)
Doch meinetwegen hat er knien müssen,
Wird mir noch mal die Füße küssen. (Haha!)
Mich hat er zweier Zähne beraubt,
Doch Qian Ding sieht seinen Hut im Staub. (Jaja, haha!)
Der alte Zhao sitzt in der Halle,
Die andern gehen ihm in die Falle.
Die Diener bringen ihre Schätze,
Während ich mein Messer wetze.«
    Rezitativ und Arie »Die Geister«
aus der Katzenoper Die Sandelholzstrafe

1.
    Gestern benahm er sich noch wie der sprichwörtliche Hund, der bellt und beißt, weil er seinen Herrn hinter sich weiß  – der von jedermann hier gefürchtete Dritte Song, Chef der Bediensteten des Yamen, den man auch den Dritten Großvater nennt. Und heute steht er vor mir und ist ganz Lächeln, dieser Kerl. Gestern noch hielt er sich kerzengerade und nun katzbuckelt er vor mir. Ihr jungen Leute, über vierzig Jahre ging ich im Yamen der Hauptstadt aus und ein, es gibt keinen Menschenschlag, der mir dort nicht untergekommen wäre. Es gibt nichts, was ich dort nicht erlebt hätte. In einem Yamen arbeiten nur solche fiesen Kanaillen, es wäre ein Wunder, wenn das im Yamen von Gaomi anders wäre, es wäre das einzige im ganzen Kaiserreich. Er macht eine tiefe Verbeugung und stammelt vor sich hin: »Ex  – eh  – alt  – ehem  – Werter Alter Herr, darf ich fragen, ob wir die bestellten Waren hereinbringen sollen?«
    Ich muß mich beherrschen, meinen Spott zu verbergen. Ich weiß schon, was das Gestammel aus diesem elenden Maul zu bedeuten hat. Erst wollte er mich mit »Exzellenz« anreden, aber es ist offensichtlich, daß mir diese Anrede nicht gebührt. Dann will er »Alter Zhao« sagen, aber schließlich sitze ich auf einem Stuhl, den mir der Kaiser geschenkt hat. Da fällt ihm nichts Besseres ein, als mich mit »Werter Alter Herr« anzureden. Dieser clevere, durchtriebene kleine Bastard! Ich gebe ihm ein leichten Wink mit der Hand und sage: »Herein damit!«
    Der Dritte Song läßt seine Stimme ertönen, als wollte er Opern singen: »Man bringe die Waren für den Werten Alten Herrn herein!«
    Wie schwarze Ameisen kommen die Bediensteten der Reihe nach in den Hof getrippelt und bringen die Sachen, die ich mir im Tribunal von Seiner Exzellenz Yuan ausbedungen hatte. Sie reihen alles vor mir auf, damit ich einen Blick darauf werfen kann:
    Ein etwa anderthalb Meter langes und fünf Zentimeter dickes rotes

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