Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)
daß diese lächerlichen Münzen nichts sind im Vergleich zu dem, was er von dem Geld für den Ginseng unterschlagen hat, dennoch lobe ich ihn: »Ich danke dir sehr, daß du an alles gedacht hast. Behalte diese Münzen und verteile sie als Trinkgeld unter deinen Kollegen.«
»Danke, Durchlaucht!« Er verbeugt sich noch einmal bis zum Boden und die anderen echoen seinen Dank im Chor.
Verdammt noch eins! Geld ist schon etwas Wunderbares. Ein paar Silbermünzen, und schon bin ich bei diesem Drecksack von einem »Werten Alten Herrn« zu einer »Durchlaucht« aufgestiegen. Hätte ich ihm ein Goldstück geschenkt, hätte er wohl einen Kotau gemacht und mich »Vater« genannt. Ich bedeute ihm mit einer Geste aufzustehen. Ich rede nachlässig mit ihm, in einem Ton, in dem man einen Hund herumkommandiert: »Bringt mir all diese Sachen auf die Hinrichtungstribüne. Dort baut eine große Feuerstelle auf, schüttet das Sesamöl in den Wok und zündet das Holz unter der Feuerstelle an. Dann baut noch einen kleinen Herd auf, auf dem ihr das Rindfleisch gart. Neben Herd und Topf errichtet eine kleine Hütte, in diese stellt ihr einen großen Tonkrug mit Wasser, aber frisches, kein abgestandenes Wasser! Ich brauche außerdem einen irdenen Topf zur Zubereitung von Kräutermedizin und einen Trichter aus Rinderhorn, wie man sie benutzt, um Tieren Arznei einzuflößen. In der Hütte schüttet ihr mir ein Strohlager auf, aus dickem und gut getrocknetem Stroh. Frische, in diesem Jahr geerntete Halme möchte ich. Außerdem erwarte ich, daß du persönlich meinen Stuhl hinüberträgst. Dabei solltest du immer daran denken, woher dieser Stuhl stammt. Euer Präfekt und der Provinzgouverneur Yuan haben beide vor diesem Stuhl drei Kniefälle und neun Kotaus gemacht. Das bedeutet, wenn davon auch nur ein bißchen Lack abgestoßen wird, läßt dir Seine Exzellenz Yuan das Fell über die Hundeohren ziehen. Das ist alles. Bis heute mittag muß alles bereitstehen. Wenn irgend etwas fehlt, wendet euch an Exzellenz Qian.«
Der Dritte Song verbeugt sich bis zum Boden und singt mit hoher Stimme: »Durchlaucht, ich bitte mich zurückziehen zu dürfen.«
Nachdem sie gegangen sind, prüfe ich noch einmal meinen Blick über die Dinge im Hof schweifen: Das Sandelholz ist das wichtigste – es muß noch sorgfältig bearbeitet werden. Doch diese Barbaren dürfen beim Bearbeitungsprozeß nicht dabei sein. Ihre Augen sind schmutzig. Wenn sie zusehen, ist die ganze Wirkung dahin. Auch der Hahn darf nicht von ihren schmutzigen Händen getragen werden, sonst verliert er seine magische Kraft. Ich schließe das große Tor, an dessen Seiten zu meiner Sicherheit je ein Wachposten mit Säbel postiert ist. Dieser Präfekt Qian macht offensichtlich keine halben Sachen. Aber ich weiß genau, daß er sich allein deshalb so gründlich um jede Kleinigkeit bemüht, um vor Seiner Exzellenz Yuan gut dazustehen. Er haßt mich aus tiefstem Herzen, noch spüre ich mit Groll meinen blutigen Kiefer. Um diesem elenden Beamten eine Lehre zu erteilen, darf auch ich mir nicht den kleinsten Fehler erlauben und mich vor ihm herabsetzen lassen. Nicht, weil ich mich wegen der mir von Ihren Majestäten erwiesenen Gunstbezeugung wichtig machen will und noch weniger, um mich in aller Öffentlichkeit für die erlittene Schmach zu rächen, sondern weil es hier um die Ehre des Staates geht. Man hat mich, Zhao Jia, mit der Durchführung der Exekution beauftragt, und bei dem Bestraften handelt es sich um einen Schwerverbrecher, der die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt hat. Ich weiß, was ich zu tun habe. Ich werde dafür sorgen, daß das Ganze mit dem nötigen Ernst und Pomp ausgeführt wird; nicht um meinetwillen, sondern wegen des Ansehens der Großen Qing-Dynastie. Ich darf den Ausländern auf keinen Fall Gelegenheit geben, sich über mich lustig zu machen.
Knobel, du Stümper, ich weiß, daß ihr in Europa die Strafe der Pfählung kennt, aber das bedeutet ja nichts weiter, als einen Menschen mit einem schlichten Stück Holz zu durchbohren. Wir werden dir hier einmal zeigen, wie eine chinesische Strafe aussieht, wie ausgeklügelt sie ist. Es genügt schon der illustre Klang ihres Namens: »Sandel – holz – strafe« – wie elegant, wie gut das klingt! Man spürt das Raffinement, das sich im groben Äußeren verbirgt. Dieser Name klingt einfach elegant, klassisch, edel. Eine solche Strafe fiele euch Europäern doch im Traum nicht ein! Meine Kollegen hier, diese
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