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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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hatte und ich stand ihm genauestens Rede und Antwort. Er fragte außerdem nach der Ausstattung der neuen Armee in Xiaozhan, fragte nach der Aufmachung der Soldaten und der Uniform der Offiziere, nach dem örtlichen Klima und dem Bewässerungssystem, und als ihm schließlich nichts anderes mehr zu fragen einfiel, fragte er mich nach dem Aussehen Yuan Shikais.
    Ich antwortete ihm: »Seine Exzellenz Yuan hat eine sehr gesunde Gesichtsfarbe, seine Stimme gleicht dem Klang einer Glocke. Ich habe ihn mit eigenen Augen bei einer einzigen Mahlzeit sechs Eier essen sehen, dazu ein Dämpfbrötchen und eine riesige Schüssel Hirsebrei.«
    Exzellenz Tie warf Exzellenz Sun einen Blick zu und rief seufzend aus: »Er ist in der Blüte seiner Jahre und hat eine große Zukunft vor sich.«
    Und Sun echote: »Ein wahrhaft gesegneter Appetit! Daran sieht man, was ein echter Soldat ist.«
    Als ich Exzellenz Tie so reden hörte, ritt mich der Teufel und ich tischte ihm eine dreiste Lüge auf: »Seine Exzellenz Yuan hat mich gebeten, Euch seinen Gruß auszurichten!«
    »Wirklich?« fragte er. Ich nickte bekräftigend mit dem Kopf.
    Freudig rief Tie aus: »Wer sagt's denn, Yuan und ich, wir sind sogar verwandt  – die Nichte der zweiten Konkubine seines Großonkels Yuan Jiasan ist meine Tante.«
    Ich sagte: »Ich meine, mich zu erinnern, daß Seine Exzellenz das erwähnte.«
    »Papperlapapp, solche indirekte Verwandtschaft ist ja nicht der Rede wert«, sagte Exzellenz Tie. »Zhao Jia«, fuhr er fort, »du hast dich in dieser Angelegenheit als würdiger Repräsentant unseres Ministeriums erwiesen und zu unserer Reputation beigetragen, auch Generalsekretär Wang ist äußerst zufrieden mit dir. Ich habe dich heute hierher bestellt, um dich für deine Dienste zu belohnen. Wir erwarten von dir, daß du dich jeder Anmaßung enthältst, nichts überstürzt und in Demut weiterhin deinem Staat treue Dienste leisten wirst.«
    Ich erwiderte: »Exzellenz, seit meiner Rückkehr aus Tianjin leide ich unter einem schweren Rheumatismus in den Handgelenken. Euer ergebener Diener bittet Euch ...«
    Tie schnitt mir das Wort ab: »Der Hof hat bereits ein Gesetz zur Strafreform beschlossen. Bestimmte Strafen, wie die der Zerstückelung bei lebendigem Leib und der Zweiteilung, sollen abgeschafft werden. Es sieht ganz so aus, als ob du, Großmutter Zhao, zu einem Helden ohne angemessenes Betätigungsfeld werden würdest. Exzellenz Sun!« Tie erhob sich. »Gebt Großmutter Zhao ein Pfund Silbergeld aus den Beständen der Gefängnisabteilung und laßt ihn ins öffentliche Besoldungsregister eintragen. Das ist auch der Wunsch Seiner Exzellenz Wang!«
    Ich warf mich ihm zu Füßen und machte einen Kotau, dann zog ich mich unter Verbeugungen zurück. Ich konnte noch sehen, wie sich die Miene Seiner Exzellenz verdüsterte, er schien ein völlig anderer zu sein als der, der eben noch freudestrahlend mit seinen Verwandtschaftsbeziehungen zu Yuan Shikai geprahlt hatte. Diese hohen Herrschaften sind so launisch wie das Aprilwetter. Ich hatte mich bereits daran gewöhnt und fand es gar nicht mehr verwunderlich.
    Der erste Monat des Mondkalenders ging vorbei und der zweite begann, die Weidenbäume am Bachlauf vor dem Justizministerium begannen schon zu grünen und die Krähen in den Schnurbäumen unseres Hofs wurden munter. Nur die von Seiner Exzellenz Yuan in Aussicht gestellte Überraschung blieb aus. Ob dieser mit der Überraschung vielleicht einfach die hundert Pfund Silbergeld gemeint hatte, die ich von Exzellenz Tie bekommen hatte? Nein, das konnte nicht sein. Schließlich hatte er selbst mir zweihundert Pfund angeboten, die ich abgelehnt hatte! Was wären dann hundert Pfund schon für eine freudige Überraschung? Ich war der festen Überzeugung, daß Yuan Shikai sich keinen Scherz mit mir erlaubt hatte. Schließlich waren wir alte Freunde, er würde mich doch nicht einfach so im Stich lassen.
    Am Abend des zweiten Tages des zweiten Monats kam Ministerialsekretär Sun persönlich zu mir, um mir mitzuteilen, daß ich zur vierten Doppelstunde der Nacht aufzustehen hätte. Ich sollte Wasser holen, mich gründlich waschen und nicht zuviel frühstücken, schon gar nichts streng Riechendes, wie Knoblauch oder Ingwer. In frischer Kleidung und ohne Waffe sollte ich zur fünften Doppelstunde vor der Gefängnishalle bereitstehen. Ich hätte ihn gerne gefragt, was das zu bedeuten hatte, aber ein Blick in das strenge Gesicht des Generalsekretärs verschloß mir den Mund. Ich

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