Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)
hin. Doch gleich darauf fuhr er laut den Henker an: »Denke gefälligst gründlich nach.« An Knobel gewandt, sagte er: »Herr Generalgouverneur, falls es in Eurem werten Land Hinrichtungsmethoden gibt, die Euren Erwartungen entsprechen, so zögert bitte nicht, sie uns beizubringen. So etwas läßt sich gewiß leichter erlernen, als eine Eisenbahn zu bauen.«
Der Dolmetscher überbrachte Knobel die Worte Seiner Exzellenz Yuan. Knobel zog die Brauen zusammen und schien angestrengt nachzudenken. Der Henker ließ den Kopf hängen, auch er schien sich das Hirn zu zermartern.
Plötzlich sprang Knobel erregt auf und murmelte dem Dolmetscher wieder etwas ins Ohr. »Seine Exzellenz der Generalgouverneur sagt, daß es in Europa eine Strafe gibt, bei der man den Delinquenten an ein Brett nagelt, dabei dauert es sehr lange, bis er stirbt.«
In den Augen des Henkers loderte plötzlich ein Feuer auf und er sagte freudestrahlend: »Euer Exzellenz, mir fällt etwas ein. Vor langer Zeit hat meine Wenigkeit einmal seinen Meister erzählen hören, daß in den Regierungsjahren des Kaisers Yongzheng einmal die sogenannte Sandelholzstrafe ausgeführt worden ist. Es handelte sich um einen Verbrecher, der es gewagt hatte, in der Nähe der kaiserlichen Mausoleen seine Notdurft zu verrichten.«
»Was heißt das, Sandelholzstrafe?« wollte Seine Exzellenz Yuan wissen.
»Mein Meister hat es nicht im einzelnen beschrieben. Aber man kann es sich so vorstellen, daß man dem Delinquenten einen Stock aus Sandelholz in das Rektum einführt und durch die Kehle wieder herauskommen läßt. Der Verurteilte wird dann an einen Baum gebunden.«
Yuan Shikai stieß ein hämisches Lachen aus: »Wenn das nicht einem genialen Gehirn entsprungen ist! Wie lange hat der Mann überlebt?«
»Ungefähr drei, vielleicht auch vier Tage«, antwortete der Henker.
Seine Exzellenz Yuan ließ den Dolmetscher das Gesagte rasch übersetzen. Während Knobel lauschte, hellte sich sein Gesicht auf, und er rief in gebrochenem Chinesisch aus: »Gut sein, gut, gut, Sandelholzstrafe, sehr gut!«
Seine Exzellenz Yuan war zufrieden: »Da auch Generalgouverneur Knobel zustimmt, ist die Sache also entschieden. Foltert Sun Bing mit der Sandelholzstrafe, aber seht zu, daß er fünf Tage überlebt. Heute ist der 13. August, den morgigen Tag habt Ihr zur Vorbereitung, und übermorgen, am 15. August, wird die Strafe vollzogen.
Der Henker warf sich unvermittelt auf die Knie und bat: »Euer Exzellenz, ich bin bereits ein alter Mann. Meine Gliedmaßen sind nicht mehr besonders tüchtig, für eine so große Aufgabe benötige ich einen Assistenten.«
Seine Exzellenz Yuan warf einen Blick in meine Richtung und sagte: »Einer der Henker des südlichen Gefängnisses von Gaomi soll dir zur Hand gehen.«
»Exzellenz, mit Verlaub: ich möchte nicht mit einem Hiesigen zusammenarbeiten.«
Seine Exzellenz Yuan lachte: »Du hast wohl Angst, daß sie dir die Meriten stehlen?«
»Ich bitte Seine Exzellenz untertänig«, sagte das Scheusal. »Erlaubt, daß mein Sohn mir zur Hand geht.«
»Welchen Beruf übt dein Sohn aus?«
»Er schlachtet Schweine und Hunde.«
Lachend meinte Seine Exzellenz: »Da kann er allerdings als Fachmann durchgehen! Einverstanden. Wenn man in die Schlacht zieht, muß man sich auf die Familie stützen können. Der Sohn stehe seinem Vater zur Seite.«
Der Henker kniete weiter am Boden, ohne sich zu erheben.
»Was gibt es noch?«
»Exzellenz, ich habe mir überlegt, daß man zur Durchführung der Sandelholzstrafe eine etwa sechs Meter hohe Plattform errichten muß. Dort muß ein dicker Pfahl aufgestellt werden, auf den quer ein Holzbrett genagelt wird. Außerdem muß es eine Rampe geben, damit die ausführenden Personen bequem hinauf- und hinabgelangen.«
»Zeichne eine Skizze und laß den Präfekten von Gaomi alles entsprechend herrichten.«
»Außerdem werden zwei Stäbe aus violettem Sandelholz benötigt, die man zur Form von Schwertern zurechtschnitzen muß. Diese Arbeit wird meine Wenigkeit selbst verrichten.«
»Der Präfekt soll dir dabei behilflich sein.«
»Ich brauche hundert Liter bestes Sesamöl.«
Seine Exzellenz Yuan sagte heiter: »Du willst dir diesen Sun Bing wohl als Imbiß zu deinem Wein garen?«
»Exzellenz, nachdem das Sandelholz in die richtige Form gebracht worden ist, muß man es mindestens einen Tag und eine Nacht in Sesamöl einlegen, damit sichergestellt wird, daß es auch gut hineinrutscht und sich nicht mit Blut vollsaugt.«
»Der
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