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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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verheißt nichts Gutes! Trinken Sie, meine Dame! Hoffen wir, daß das Beste dabei herauskommt. Wenn es im Unglück endet, können wir doch nichts daran ändern. Der Mensch hat nur ein Leben, so wie das Gras nur einen Herbst erlebt. Für Ihren Gatten ist ohnehin schon alles aus und vorbei.
    Der Blick dieses Bluthunds wanderte verstohlen über meinen Nacken, als würde er dort die Wirbel zählen und sich überlegen, an welcher Stelle er das Schwert anzusetzen hätte.
    Seine Exzellenz Yuan kümmerte sich nicht mehr um mich, sondern wendete sich wieder Zhao Jia zu: »Abgesehen vom Zerstückeln, was gibt es noch für spektakuläre Strafen?«
    »Exzellenz, abgesehen vom Zerstückeln ist die schwerste Strafe bei Hofe die des Teilens in zwei Hälften.«
    »Hast du diese Strafe schon einmal ausgeführt?« fragte Seine Exzellenz Yuan.
    »Ein einziges Mal.«
    »Beschreibe sie in allen Einzelheiten, damit Generalgouverneur Knobel weiß, wovon die Rede ist.«

2.
    Der Henker begann zu erzählen: »Exzellenz, im Jahr 1857, dem siebten Regierungsjahr des Kaisers Xianfeng, war ich siebzehn Jahre alt und diente in den Gefängnissen des Strafministeriums als ein sogenannter Neffe. Ich war Assistent und Lehrling der damaligen Großmutter, meines Meisters. Während die Großmutter ihres Amtes waltete, stand ich daneben und assistierte und setzte alles daran, mir jede ihrer Handlungen und Gesten genau einzuprägen. An jenem Tag sollte ein Schatzmeister des kaiserlichen Schatzes die Strafe der Zweiteilung erleiden. Dieser Kerl war groß und kräftig wie ein Pferd, wenn er den Mund aufsperrte, paßte eine geschlossene Faust hinein. Euer Exzellenz, diese Schatzmeister sind allesamt professionelle Diebe. Wenn sie in die Schatzkammer hineingehen, müssen sie sich splitternackt ausziehen, und wenn sie herauskommen, sind sie immer noch splitternackt, und dennoch wird dadurch nicht verhindert, daß sie Silbergeld stehlen. Könnt Ihr erraten, Euer Exzellenz, wo sie das Geld verstecken? Sie verstecken die Münzen im Getreidekanal.«
    Der gelbgesichtige Dolmetscher fragte nach: »Was ist das, der Getreidekanal?«
    Seine Exzellenz Yuan warf ihm einen verächtlichen Blick zu: »Was wohl? Henker, fasse dich kurz!«
    »Jawohl, Exzellenz. Während der gesamten Dynastie der Qing nahm der kaiserliche Schatz immer mehr ab, und man weiß nicht wie viele Wächter der Schatzkammer deswegen unschuldig hingerichtet wurden, weil niemand auf die Idee kam, daß es die Schatzmeister waren, die alle austricksten. Jeder Beruf hat seine Regeln, und jede Schule ihre Lehren. Obwohl das Salär der Schatzmeister nicht gerade üppig war, errichteten sie sich stets große, prachtvolle Anwesen und ernährten Haupt- und Nebenfrauen. All dieser Reichtum und das Glück ihrer Familien hingen von ihrem Getreidekanal ab. Der Getreidekanal ist bekanntlich ein sehr zartes und empfindliches Organ, das man nicht einmal mit Sand füllen würde. Aber die Schatzmeister waren tatsächlich in der Lage, es von hinten mit fünfzig Pfund schweren Silberbarren vollzustopfen. Sie benutzen Sandelholzstöcke, mit denen sie ihren Anus erweiterten. Damit es besser ging, legten sie die Stöcke in Sesamöl ein, deren violette Farbe sich dabei in ein leuchtendes Rot verwandelte. Mit der Zeit wurden sie glatt und glänzend. Es gab drei Größen, man begann mit einem kleinen Stock, machte mit dem mittleren und schließlich dem großen weiter, bis ihr Getreidekanal eine unglaubliche Breite erreichte und sich zum Abtransport der Silberbarren und zur Sicherung des gehobenen Lebensstandards eignete.
    Eines Tages aber passierte ein Mißgeschick. Jener Schatzmeister mit dem großen Mund hatte sich drei Silberbarren in den Getreidekanal gestopft. Als er beim Verlassen der Schatzkammer kontrolliert wurde, schnitt er Grimassen und hatte Schwierigkeiten beim Gehen, als würde er eine Schale Wasser auf dem Kopf transportieren und müßte dabei noch ganz arg seinen Drang zum Stuhlgang beherrschen. Das erregte den Verdacht der Wächter, die ihm einen Tritt in den Hintern versetzten. Der leichte Tritt genügt, damit dem Schatzmeister die Beine versagten und ein Silberbarren fiel aus seinem Hintern. Die Schatzwächter staunten nicht schlecht und versetzten ihm erneut ein paar feste Tritte und schon wurden zwei weitere Silberbarren aus dem gleichen Ausgang ausgeworfen. »Du Bastard hast in deinem Arsch soviel stecken, wie wir im ganzen Jahr nicht verdienen!«, fluchten die Wächter. Mit diesem Vorfall wurde die Quelle

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