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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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silbernes Glöckchen befestigt, das bei jeder Bewegung einen kristallklaren Klingelton von sich gab. Er trug ein weites Gewand aus weißer Seide; die Schuhe waren aus dunklem Tuch, mit Sohlen aus mehreren Lagen Stoff, und um die Knöchel hatte er Seidenkordeln gebunden. Seine Hosen bauschten sich und sahen aus wie auf dem Wasser treibende Quallen. Natürlich war und blieb das Schönste an ihm sein Bart. Aber nein, das war nicht einfach ein Bart, es war ein kunstvolles Gebilde aus schwarzer Seide und Satin, so glänzend, so glatt, so geschmeidig, und der Anblick dieses glänzenden, glatten, geschmeidigen Bartes, der vor der schneeweißen Brust des Präfekten hing, machte jedermann glücklich.
    Inmitten der Menge stand eine Frau, die ihre Augen nicht abwenden konnte von der jünglingshaften Grazie und der Eleganz des Präfekten, ihr Herz flatterte, sie schwebte auf Wolken und bekam feuchte Augen. Schon vor einigen Monaten, in einer jener Nächte, in denen unablässig sanfter Nieselregen fällt, hatte sie sich von der Ausstrahlung des Präfekten bezaubern lassen, doch damals hatte Qian Ding seine Amtskleidung angehabt, er hatte streng und unnahbar gewirkt, ganz anders als in der informellen Aufmachung, in der sie ihn heute sah. In Alltagskleidern wirkte Seine Exzellenz liebenswert und mild.
    Diese junge Frau war Sun Meiniang.
    Ohne auch nur für eine Sekunde die Augen von ihm zu wenden, zwängte sie sich durch die Menge. Jede seiner Gesten, jede Veränderung seines Mienenspiels faszinierte sie. Sie achtete nicht darauf, wo sie hintrat und wen sie anrempelte, und war taub für die Flüche und den Protest, die sie sich einhandelte. Einige erkannten in ihr die Tochter des zweiten Helden des heutigen Wettstreits, des Schauspielers und Sängers Sun Bing und vermuteten, daß sie wegen des Schicksals ihres Vaters in solcher Aufregung war. Man machte ihr den Weg frei und bildete eine Gasse, um sie so nah wie möglich an das Geschehen heranzulassen, bis sie schließlich mit den Knien an eine der Holzbänke stieß. Ihr Kopf lugte zwischen den Köpfen der Schergen hervor. Ihr Herz flog auf und davon und landete zu Füßen des Präfekten, wo es wie die Schwalben unter dem Schutz menschlicher Behausungen sein Nest baute, um Nachwuchs großzuziehen und sich an der Zärtlichkeit tief in seinem Inneren zu wärmen.
    Das gleißende Sonnenlicht schien sich in den Augen des Präfekten zu spiegeln. Der verführerische Glanz seines Blickes hätte jeden mit Liebesblindheit schlagen können. Er grüßte die Ehrengäste, die Hände vor der Brust ineinandergelegt und danach das Heer der Schaulustigen  – wortlos, nur mit einem bescheidenen, charmanten Lächeln. Als Sun Meiniang spürte, wie sein Blick ihr Gesicht streifte und einen Moment daran hängenblieb, fühlte sie sich am ganzen Körper wie betäubt. All ihre Körperflüssigkeiten perlten wie ein Quecksilberstrom aus ihr heraus über den Boden und ließen eine leere Hülle zurück. Sie fühlte sich wie eine schneeweiße Feder, die in der reinen Luft tanzte, traumgleich, getragen vom Wind.
    In diesem Augenblick kamen zwei Wärter des Yamen aus dem Kerker an der Ostseite des Hofes, der für das Volk ein Symbol des Schreckens war. Sie führten Sun Bing, den man sofort an seiner großen und kräftigen Gestalt und seinem eisernen Gesichtsausdruck erkannte. Sein Gesicht war voller Ödeme und seinen Hals überzogen Narben. Vermutlich riß er sich gehörig zusammen, denn er wirkte nicht gebrochen. Als er schließlich Seite an Seite mit dem Präfekten stand, rang er den Zuschauern Respekt und Bewunderung ab. In seiner besudelten und zerrissenen Kleidung konnte er sich zwar nicht mit dem Präfekten messen, dort der Bart vor seiner Brust war in der Tat ein außergewöhnliches Phänomen. Er war sogar noch ein weniger üppiger als der von Qian Ding, wenn auch zerzaust und ohne Glanz. Doch das tat seiner Einmaligkeit keinen Abbruch.
    Der hagere Ehrenmann sagte zu seinem dicken Nachbarn: »Dieser Mann ist von wahrhaft nobler Erscheinung und vermag zu beeindrucken. Seine Vorfahren können keine gewöhnlichen Sterblichen gewesen sein!«
    »Ach was, an dem ist gar nichts Außergewöhnliches. Er ist nichts weiter als ein Darsteller der Katzenoper!« sagte der Dicke verächtlich.
    Der Sekretär für Justizangelegenheiten, der dem Wettkampf vorsaß, erhob sich von seiner Bank und räusperte sich. Es dauerte eine Weile, weil seine Stimme vom Opiumrauchen heiser geworden war. Dann rief er laut: »Werte

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