Die Satanischen Verse
Freibeuter…« Die Gipsbüste von Henry Diamond hing mitten in der Luft und beobachtete die Szene, und ein Agitator i m weißen Anzug zeigte mit einem Finger auf ihn und schrie: »Das ist er, unser Unterdrücker; das ist der Feind.« Gibril tat der Bauch so entsetzlich weh, dass er um sein Leben bangte, aber just in dem Moment, als seine Vernunft ihm sagte, es könne sich sehr wohl um ein Magengeschwür oder eine Blinddarmentzündung handeln, flüsterte ihm der Rest seines Gehirns die Wahrheit zu, und die lautete, dass er durch Rosas Willenskraft gefangengehalten und manipuliert wurde, genauso wie der Engel Gibril durch das überwältigende Verlangen des Propheten Mahound zum Sprechen gezwungen worden war.
»Sie liegt im Sterben«, erkannte er. »Es wird nicht mehr lange dauern.« Rosa Diamond warf sich im Fieberwahn hin und her auf ihrem Bett, murmelte etwas von Ombúgift und der Feindseligkeit ihres Nachbarn Dr. Babington, der Henry fragte, hat Ihre Frau auch die nötige Ruhe für das ländliche Leben, und der ihr nach einer Typhuserkrankung zur Genesung eine Ausgabe von Amerigo Vespuccis Reisebericht schenkte.
»Natürlich war der Mann ein notorischer Phantast.« Babington lächelte. »Doch die Phantasie kann stärker sein als alle Tatsachen; immerhin wurden sogar Kontinente nach ihm benannt.« Und während sie schwächer wurde, verströmte sie immer mehr der ihr noch verbliebenen Stärke in ihren ureigenen Traum von Argentinien, und Gibrils Nabel brannte wie Feuer. Er kauerte auf einem Lehnsessel an ihrem Bett, und die Erscheinungen vervielfachten sich von Stunde zu Stunde.
Holzblasinstrumente erfüllten die Luft mit Musik, und dann geschah das Allerschönste, es erschien eine kleine weiße Insel, direkt vor der Küste, hüpfte auf den Wellen wie ein Floß; sie war so weiß wie Schnee, mit einem Hügel aus weißem Sand und darauf eine Gruppe von Albino-Bäumen, alle ganz weiß, kalkweiß, papierweiß, bis in die Spitzen der Blätter.
Nachdem die Insel erschienen war, wurde Gibril von tiefer Lethargie übermannt. Zusammengesackt hockte er im Schlafzimmer der sterbenden Frau, und die Augenlider fielen ihm zu, und er spürte, wie sein Körper schwerer und schwerer wurde, bis jegliche Bewegung unmöglich war. Dann war er in einem andern Schlafzimme r, in engen schwarzen Hosen mit Silberknöpfen von den Knien abwärts und einer schweren Silberschnalle auf dem Gürtel. Sie haben nach mir geschickt, Don Enrique, sagte er zu dem weichen, schweren Mann, dessen Gesicht eine Gipsbüste schien, aber er wusste , wer nach ihm geschickt hatte, und er wandte seine Augen nicht mehr von ihrem Gesicht ab, selbst dann nicht, als er unter der weißen Rüsche um ihren Hals die Röte hochsteigen sah.
Henry hatte sich geweigert, den Behörden zu gestatten, in der Angelegenheit Martin de la Cruz tätig zu werden, diese Leute unterstehen meiner Verantwortung, erklärte er Rosa, es ist eine Ehrensache. Stattdessen hatte er sich ziemlich darum bemüht, sein ungebrochenes Vertrauen in de la Cruz, den Mörder, unter Beweis zu stellen, zum Beispiel indem er ihn zum Kapitän der Polo-Mannschaft auf der Estancia machte. Aber seitdem Martín den Geier getötet hatte, war Don Enrique nicht mehr der alte. Er ermüdete zunehmend schnell und begann, an allem das Interesse zu verlieren, sogar an seinen Vögeln. Und so geschah es, dass Los Alamos allmählich verfiel, unmerklich zuerst, dann immer offensichtlicher. Die Männer mit den weißen Anzügen kamen wieder und wurden nicht weggejagt. Als Rosa Diamond an Typhus erkrankte, gab es viele auf der Estancia, die die Krankheit als Symbol für den Niedergang des alten Gutes betrachteten.
Was tue ich hier, dachte Gibril voller Panik, als er vor Don Enrique im Arbeitszimmer des Ranchers stand, während Dona Rosa im Hintergrund errötete, dies ist der Platz eines anderen.
Setze großes Vertrauen in dich, sagte Henry, nicht auf Englisch , aber Gibril konnte es trotzdem verstehen. Meine Frau wird eine Reise mit dem Automobil unternehmen, zum Zwecke der völligen Genesung, und du sollst zu ihrer Begleitung…
Verpflichtungen auf Los Alamos, die mich davon abhalten, selbst mitzukommen. Jetzt muss ich sprechen, was soll ich sagen, aber als sein Mund sich öffnete, kamen die fremden Worte heraus, es wird mir eine Ehre sein, Don Enrique, Hacken zusammengeschlagen, Drehung, Abgang.
Rosa Diamond, alters-und fieberschwach, hatte begonnen, die Geschichte der Geschicht en zu träumen, die sie mehr als ein
Weitere Kostenlose Bücher