Die Satansbraut
denn so schlimm?« fragte
ich. »Ich muß gestehen, die Story hat mich nicht gerade umgeworfen, als Bert
sie mir gestern abend erläuterte, aber schließlich
haben diese Musicals nie besonders gehaltvolle Libretti.«
»Im Grunde haben Sie recht«,
sagte er. »Das Problem ist nur, die Comeback-Story allein trägt das Stück
nicht. Man muß sich dazu noch einiges mehr einfallen lassen. Und erst jetzt
beginne ich zu merken, daß Bert so viele Einfälle nicht hat.«
»Könnten Sie denn das Buch
nicht selber schreiben?«
»Oh, sicher«, sagte er, »wenn
ich das Talent dazu hätte. Mein Problem ist aber, daß ich nur Talent zum
Komponieren besitze.«
»Und warum suchen Sie sich an
Berts Stelle nicht jemand anderen?«
»Ein reizvoller Gedanke.« Er
lächelte trocken. »Wenn sich jemand fände, der bereit ist, mit einem praktisch
unbekannten Komponisten wie mir zusammenzuarbeiten. Aber es geht nicht. Bert
und Alex sind seit Jahren Freunde, und sie hatten ursprünglich die Idee für das
Ganze. Wenn also jemand aus dem Team ’rausfliegt, dann bin wahrscheinlich ich
das.«
Er schwieg, dann fragte er
vorwurfsvoll: »Wann im Leben widerfährt einem schon Gerechtigkeit?«
Die Bemerkung war nicht
unbedingt originell, aber ich hielt es für taktvoller, das nicht zu erwähnen,
sondern statt dessen das Thema zu wechseln.
»Haben Sie schon mal von
jemandem namens Astaroth gehört?« fragte ich.
» Astaroth ?«
Er nahm die Brille ab und starrte mich an. »Wo haben Sie diesen Namen aufgeschnappt?«
»Ach, irgendwo«, sagte ich
verlegen. »Ich habe mich nur gefragt, wer das wohl sein mag.«
»Einer der Fürsten der
Finsternis«, sagte er langsam. »Ein mächtiges Mitglied der Dynastie des Satans.
Der Kronprinz, der den Müßiggang liebt. Seine Hauptaufgabe ist es, Menschen
durch ebensolchen Müßiggang und Faulheit in Versuchung zu führen.«
»Au!« sagte ich. »Woher wissen
Sie soviel über ihn?«
»Okkultes hat mich schon immer
fasziniert«, sagte er. »Einmal, ich war damals noch Student, hatte ich die
gloriose Idee, eine Sinfonie mit dem Titel >Fürst der Finsternis< zu
schreiben. Aber Sie sehen ja, wie ich mich seither entwickelt habe. Heute, nach
zehn Jahren, bin ich dabei, ein mieses kleines Musical zu komponieren!«
»Ich glaube, jeder hat sein
Päckchen zu tragen«, meinte ich.
»Da haben Sie recht«, sagte er.
»Aber was nützt es schon, sich selbst zu bemitleiden.« Er setzte die Brille
wieder auf, und sein Blick wurde durchdringend. »Mavis Seidlitz«, sagte er,
jedes Wort abwägend, »Sie sind genausosehr ein
Showgirl wie ich!«
»Ich habe schönere Beine«,
sagte ich, weil mir nichts Besseres einfiel.
»Wollen wir ein Stückchen spazierengehen ?« sagte er.
»Die Idee ist nicht schlecht«,
antwortete ich, »nur habe ich das heute schon getan, und weil ich obendrein
auch schwimmen war, bin ich jetzt einigermaßen abgekämpft. Wenn Sie nichts
dagegen haben...«
»Ich habe mit einem Mal das
heftige Verlangen, den Strand zu sehen.« Er hakte sich bei mir unter, und seine
Hand schloß sich um mein Gelenk. »Zeigen Sie mir den Weg?«
Und so marschierten wir ums
Haus zum Hinterhof und durch das schiefe Holztor in der Mauer. Als wir den
Waldpfad betraten, hatte ich das unangenehme Gefühl, ich sei vielleicht schon
tot und dazu verdammt, immer und ewig zum Strand und zurück zu laufen. Ich
hoffte nur, daß Alfred der Pfadfinder nicht vom gleichen Schicksal betroffen
war, denn das wäre einfach zuviel für mich gewesen!
»Herrlich!« sagte Egan Egan und holte geräuschvoll
tief Luft, dann atmete er langsam aus. »Ganz einfach herrlich. Die Luft ist wie
Wein; so klar, und man schmeckt das Salz. Hier kann man sich doch seines Lebens
freuen!«
»Könnten Sie nun vielleicht mal
den Mund halten und meinen Arm loslassen?« sagte ich kalt.
»Okay«, sagte er. »Ich bin ja
kein Höhlenmensch.«
»Mit Ihrer Figur und dieser
Brille nicht!« gab ich ihm recht.
»Kleines Biest«, sagte er
liebenswürdig.
Ich erkannte, was einen an Egan Egan mit am meisten
frustrierte. Jedesmal, wenn man anfing, ihm böse zu sein, und dies mit aller
Berechtigung, da wurde er flugs wieder ein netter Mensch.
»Mavis Seidlitz«, sagte er
fröhlich, »Sie sind sehr hübsch und haben eine phantastische Figur. Aber Sie
sind kein Showgirl. Möchten Sie, daß wir weiter darüber reden?«
»Wenn wir’s tun, müßte ich
Ihnen vertrauen«, sagte ich. »Wollen wir’s nicht lieber dabei lassen, daß ich
vielleicht ein Showgirl und vielleicht
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