Die Satansbraut
ließ sich aushalten. Sie mußte von hier verschwinden, bis der Schmerz so weit abebbte, daß sie nicht bei jeder Bewegung aufschrie oder stöhnte. Und später würde sie eine besonders dicke Schicht Make-up benötigen, um die Spuren der Mißhandlung zu verbergen.
Sie kam an einem Spiegel vorbei, warf aber lieber keinen Blick hinein. Durch die Seitentür des Arbeitszimmers gelangte sie ins Freie. Die Hände auf die Rippen gepreßt, zusammengekrümmt wie eine gebrechliche Greisin, lege sie keuchend die knapp anderthalb Kilometer bis zur Hütte zurück.
Es war einfach zuviel. Diesmal mußte sie etwas unternehmen. Die Sache mußte ein Ende nehmen. Entweder sie unternahm selbst etwas, oder Ryder Sherbrooke würde handeln. Aber im Moment war sie völlig außerstande, irgend etwas zu tun. Die Schmerzen waren so grausam, daß sie sich fragte, ob sie sterben würde. Sie dachte an Ryder. Er war wütend und sann auf Rache. Was er ihr angetan hatte, war erst der Anfang, und das gab ihr Hoffnung.
Als sie die Hütte endlich erreichte, begann sie zu weinen, und sie versuchte nicht einmal, sich zu beherrschen. Die Tränen brannten auf ihren geschwollenen Wangen.
Sie schwankte in die Hütte, legte mühsam die kurze Strecke bis zum Bett zurück, legte sich hin und überließ sich den unerbittlichen Wellen des Schmerzes.
Ryder wollte weitere Antworten. Auf irgendwelche Spiele würde er sich nicht mehr einlassen. Er ritt nach Camille Hall. Sophie war nicht da. Der Haussklave wußte nicht, wo sie sein könnte. Die Sklaven, die er sah, benahmen sich merkwürdig, wollten aber nicht mit der Sprache herausrücken. Auch Onkel Theo war nicht da, und das war Ryder ganz recht, denn noch war die Zeit für eine Auseinandersetzung mit dem Mann nicht gekommen.
Am Ende der langen Auffahrt überlegte er kurz, wohin Sophie geritten sein könnte, nachdem sie Kimberly Hall verlassen hatte. Dann lenkte er sein Pferd zur Hütte. Entweder sie war dort, oder aber an ihrem Lieblingsstrand.
Zuerst glaubte er, sich geirrt zu haben, denn ihre Stute war nirgends zu sehen. Dann betrat er die Hütte. Sie lag auf dem Bett, voll angekleidet, die Beine angezogen, und schien fest zu schlafen.
Ryder ging leise auf das Bett zu, blickte auf sie herab, griff nach ihrem Arm und zog sie vorsichtig auf den Rücken. Dann schnappte er ungläubig nach Luft und vergaß schlagartig alle weiteren Rachepläne. Fassungslos starrte er ihr Gesicht an. Um Gottes willen, was war ihr zugestoßen? Aber er wußte es genau: Onkel Theo hatte sie geschlagen.
Keine Schminke der Welt würde diese Schwellungen abdecken können. Er stellte fest, daß er vor rasendem Zorn die Fäuste geballt hatte. Sie stöhnte und griff sich an die Brust.
So sanft er nur konnte, entkleidete er sie. Sie schien nicht einfach zu schlafen, sondern fast bewußtlos zu sein. Er zog ihr das Kleid, Schuhe und Strümpfe aus, und das Unterhemd schnitt er, wie schon einmal, einfach mit dem Messer auf. Der Anblick, der sich ihm daraufhin bot, ließ ihn die Luft anhalten. Von den Brüsten bis zum Bauch war sie grün und blau. Onkel Theo mußte sehr oft zugeschlagen haben, völlig gnadenlos. Plötzlich fiel Ryder ein, daß es möglicherweise auch in der vergangenen Nacht, als er sie ausgezogen hatte, Spuren von blauen Recken auf ihren Rippen gegeben hatte. Aber er war sich nicht ganz sicher, denn das Licht war schwach gewesen. Jetzt könnte jedoch sogar ein Blinder sehen, daß sie schwer mißhandelt worden war.
Allmächtiger, dieser Mann war ein Rohling sondergleichen! Behutsam berührte Ryder mit den Fingerspitzen die schlimmste Verletzung, dicht unter der linken Brust. Sie stöhnte leise und warf einen Arm hoch, ließ ihn aber sofort wieder fallen. Wie ein verwundetes Tier hatte sie sich hier in der Hütte verkrochen, ging ihm durch den Kopf.
Er richtete sich auf und überlegte. Was er jetzt am dringendsten brauchte, war Laudanum. Erklärungen konnten bis später warten. Wenn sie aufwachte, würde sie unerträgliche Schmerzen haben. Er würde sie wohl allein lassen müssen, um die Medizin zu holen. Oder aber er nahm sie einfach mit nach Kimberly Hall.
Sie begann zu weinen, und dieses leise, bittere Schluchzen rührte ihn zutiefst. Tränen kamen unter ihren Wimpern hervor. Sie war bewußtlos, und doch weinte sie vor Schmerzen. Oder weinte sie auch aus vielen anderen Gründen? Weinte sie über all die Täuschungsmanöver der letzten Monate?
Ryder zögerte nicht mehr. Er hüllte sie behutsam in eine Decke und trug
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