Die Satansbraut
Thomas?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht gesehen. Ich werde fragen.«
»Ich wollte Onkel Theo ins Knie schießen, damit er ein Krüppel wie Jeremy sein sollte, damit er wie Jeremy sein Leben lang hinken müßte, weil er nicht davor zurückgeschreckt ist, Jeremy einen Peitschenhieb zu versetzen. Aber ich schwöre dir, ich habe nicht absichtlich abgedrückt. Der Kandelaber ist plötzlich zu Boden gekracht, und alles war dunkel, und da habe ich versehentlich auf den Abzug gedrückt. Dann hat mich jemand auf den Arm geschlagen, und da habe ich noch einmal geschossen, um mich zu verteidigen.«
»Erzähl mir alles und laß nichts aus. Aber beeil dich, denn ich weiß nicht, wieviel Zeit uns bleibt.«
Als sie ihren Bericht beendet hatte, war ihre Kehle so rauh, daß sie nur noch ein heiseres Flüstern hervorbrachte.
»Ich werde dich jetzt Samuels Obhut übergeben, dich und Jeremy. Er bringt euch nach Kimberly Hall zurück. Und ich will jetzt nichts mehr von dir hören, keine Einwände, keine Beteuerungen, daß du allein zurechtkommst. Du wirst genau das tun, was ich dir sage. Und mein erster Befehl lautet: du darfst mindestens vierundzwanzig Stunden nicht sprechen.«
»Mein Kopf tut weh.«
Ryder betrachtete sie mit gerunzelter Stirn und berührte mit den Fingerspitzen die Beule an ihrer Schläfe. »Großer Gott, du hast mir nicht gesagt, daß jemand dir einen Schlag auf den Kopf versetzt hat.«
»Also gut, erzähl. Aber schnell.« Als sie fertig war, machte er eine finstere Miene. Sie öffnete den Mund, aber er legte ihr eine Hand auf die Lippen. »Nein, sei jetzt still. Da ist Jeremy. Emile hat sich um ihn gekümmert, während ich mit dir geredet habe.«
Der Junge kniete sich neben sie und streichelte ihr schmutziges Gesicht und ihre Hände. »Oh, Sophie, deine Füße! Was ist passiert? Was hast du gemacht?«
Sie hatte ihre Füße total vergessen.
Ryder rief nach einer Laterne, und als ein Sklave sie brachte, betrachtete er in ihrem Schein schweigend Sophies Füße. Schließlich sagte er: »Du hast es fertiggebracht, von Kopf bis Fuß verletzt zu sein. Sophie, deine Füße sehen einfach schrecklich aus. Coco soll sie baden, sobald du in Kimberly bist.«
Ryder trug Sophie zur Kutsche, und Samuel fuhr mit ihr und Jeremy davon. Ryder schwitzte und war rauchgeschwärzt, und er wußte, daß er in einen heillosen Schlamassel verwickelt war, was seine Laune nicht gerade hob.
Wo zum Teufel steckte dieser Bastard von Thomas? Der Kerl war noch gefährlicher als Burgess, denn der gute Onkel Theo hatte zumindest nach außen hin einen gewissen Schein wahren müssen, während Thomas von solchen Problemen unbelastet war. Ryder zweifelte nicht daran, daß es der Aufseher gewesen war, der Sophie angegriffen und den Kandelaber zu Boden geschmettert hatte.
Ryder ließ Emile in Camille Hall zurück und kehrte nach Kimberly zurück, um wenigstens einige Stunden zu schlafen. Als er aufwachte, wurde ihm berichtet, daß Miß Stanton-Greville noch schlafe. Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Beim Gedanken an ihre blutigen Füße fluchte er insgeheim über ihr Sturheit. Kaum hatte er gefrühstückt, traf Mr. Sherman Cole aus Montego Bay ein.
Cole hatte Ähnlichkeit mit dem Vater einer von Ryders Geliebten, einem Tuchhändler in Rye, der habgierig und verschlagen war. Der Richter war sehr fett, sein Doppelkinn schwabbelte über dem Kragen, er hatte einen grauen Haarkranz, sehr scharfe Augen und wulstige Lippen. Bei dem Gedanken, daß dieser Kerl versucht hatte, Sophie zu küssen, wurde Ryder fast übel.
Trotzdem schüttelte er dem Mann die Hand und bot ihm Kaffee an. Mr. Cole wollte nicht nur Kaffee, sondern auch süße Rosinenbrötchen, die er lüsterner betrachtete als Ryder jemals eine schöne nackte Frau.
Ryder nahm ihm gegenüber Platz, schaute aber nach Möglichkeit woanders hin, weil er diese Visage einfach nicht ertragen konnte. Trotzdem hörte er aufmerksam zu, was der Mann, oft mit vollem Mund und entsprechend undeutlich, zu sagen hatte.
»Ja, Mr. Sherbrooke, wie Sie wissen, bin ich der Richter, zuständig für alle Verstöße gegen das Zivil- und Strafrecht. Ich vertrete hier auf der Insel das Gesetz, und es hat mich sehr gewundert, ja geradezu schockiert, daß Sie Miss Sophie Stanton-Greville hierher nach Kimberly Hall zurückgebracht haben. Ich weiß nicht, wie Sie in diese Geschichte hineingeraten sind, aber ich bin mir sicher, daß Sie mich bald darüber aufklären werden. Bitte lassen Sie das
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