Die Satansbraut
schwächer als ein Mann und könntest verletzt werden. Aber wer weiß? Vielleicht werden wir zusammen in ferne Länder reisen.«
Sie hatte mit Freiheit etwas ganz anderes gemeint, aber das spielte im Augenblick keine Rolle.
»Ich werde dich nie verletzen, Sophie, dich nie schlagen oder dir drohen. Männer, die so etwas tun, sind in meinen Augen erbärmliche Kreaturen. Dein Onkel war ein völlig gewissenloser Schurke. Er war nicht normal. Ihm bereitete es Vergnügen, dich zu quälen. Ich bin nicht wie er. Keiner meiner Freunde ist wie er. Ich werde dir nie Schmerz zufügen.«
»Ich habe keinen Grund, dir zu glauben.«
»Du hast aber auch keinen Grund, mir nicht zu glauben.« Ryder streckte ihr die Hand entgegen. »Komm jetzt. Es ist höchste Zeit, ins Bett zu gehen. Ich werde dir mit dem Kleid helfen.«
Mir bleibt keine andere Wahl, dachte sie verzweifelt. Geschickt knöpfte er das Kleid hinten auf und schob es behutsam hinunter. Sie zuckte zusammen, als er sie leicht auf die Schulter küßte.
»Zieh es jetzt selbst vollends aus. Du wirst es bestimmt aufheben wollen, nachdem es ja dein Brautkleid ist. Den Riß kann man bestimmt leicht reparieren. Hast du in deinem Koffer noch Platz dafür?«
»Ja.«
Sie hätte das Kleid am liebsten auf der Stelle ausgebessert.
Die Nacht stellte sich ihr als erschreckend lange Abfolge von Minuten dar, aber sie konnte Ryders Gesicht deutlich ansehen, daß seine Geduld fast erschöpft war, daß sie ihn jetzt nicht weiter reizen durfte. Anstelle von Ryder hatte sie plötzlich ihren Onkel vor Augen, sein wutverzerrtes Gesicht, wenn sie es wagte, sich ihm zu widersetzen, seine geballten Fäuste, die unerbittlich auf sie einschlugen ...
Gleich darauf stand sie nur in Hemd und Strümpfen da.
»Du hattest bei deiner eigenen Hochzeit keine Schuhe an«, stellte er verblüfft fest. »Na sowas! Zieh die Strümpfe aus. Ich möchte mir deine Füße ansehen.«
Sie saß in ihrem weißen Musselinhemd auf der äußeren Bettkante, und Ryder kniete vollkommen nackt vor ihr.
»Deine Füße heilen ausgezeichnet«, sagte er zufrieden. »Ein paar Schnittwunden sehen aber noch ziemlich empfindlich aus. Du solltest an Bord anfangs so selten wie möglich Schuhe tragen. Aber paß auf, daß du dir an Deck keine Splitter holst. Und jetzt laß mich mal deine Rippen sehen.«
Er griff nach ihrer Hand, zog sie hoch und wollte ihr Unterhemd hochschieben. Im nächsten Moment war ihm nach Weinen und Lachen zugleich zumute. Diese Ironie des Schicksals! Und das war nun seine Hochheitsnacht ...
Ihr Unterhemd hatte Blutflecken.
»Fühlst du dich nicht gut, Sophie?«
»Nicht besonders, Ryder. Ich lüge nicht. Es sind leichte Bauchkrämpfe.«
»Kein Wunder«, sagte er mit einem sehr tiefen Seufzer. »Tut mir leid, falls du jetzt enttäuscht sein solltest, aber du bist nicht schwanger.«
Sie stieß einen Schreckenslaut aus, als sie die Bescherung sah.
»Ich werde Coco gleich zu dir schicken. Möchtest du etwas Laudanum? Sind die Krämpfe schlimm?«
»Nein. Ja.«
Eine Viertelstunde später stand Ryder im Morgenrock neben dem Bett und blickte auf das bleiche Gesicht seiner Frau hinab. Trotz der Hitze hatte sie das Laken bis zur Nase hochgezogen, nachdem er ihr das Laudanum eingeflößt hatte. »Ich schwöre dir, daß ich dich nicht vergewaltigen werde, während du betäubt bist«, hatte er gereizt beteuert, worauf sie genauso gereizt entgegnet hatte: »Warum nicht? Du hast es ja schon einmal gemacht?«
Er fühlte sich so, als hätte er eine schallende Ohrfeige bekommen. »Das ist nun also das vielgerühmte Glück der Sherbrookes!« knurrte er vor sich hin, während er zu ihr unter das Laken schlüpfte. »Nein, Sophie, zapple nicht so wild herum, sonst fällst du noch aus dem Bett. Ich werde dich nicht zwingen, heute nacht mit mir zu schlafen. Das Laudanum müßte eigentlich bald wirken. So ist's gut — schließ die Augen und atme gleichmäßig. Soll ich dir vielleicht den Bauch massieren?«
Erwartungsgemäß erhielt er darauf keine Antwort. Kurze Zeit später schlief sie ein.
Er nahm ihre Hand in die seine.
Am Himmel zeigte sich die erste Morgenröte. Ryder stand neben Sophie an Deck der Harbinger. »Vergiß nicht, meinem Bruder den Brief zu übergeben«, sagte er nun schon zum drittenmal. »Und mach dir keine Sorgen. Er wird sich gut um dich und Jeremy kümmern. Mit meiner Mutter könnte es Probleme geben — sie ist völlig unberechenbar. Ignorier sie einfach, falls sie beschließen sollte,
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