Die Satojerin (German Edition)
Lord
Carr. Ich unterstelle Ihnen auch, dass sie den Prinzen lieben. Dass er Sie
liebt, kann man nicht übersehen – allerdings kann ich nicht einschätzen, wie
sehr er Sie liebt und wie es genau mit Ihnen aussieht. Ist es nur eine
Verliebtheit oder ist es wahre Liebe? Hier scheint mir eine ganz verworrene
Geschichte dahinter zu stecken. Ich wollte Sie eigentlich nicht fragen, aber
als ich sah, dass Ihre Augen so traurig sind, habe ich mich doch dazu
durchgerungen. “
Früher
wäre Ally entrüstet gewesen und hätte Gely wohl erst einmal in ihre Schranken
verwiesen – mittlerweile hatte sie sich in solche Situationen allerdings im
Griff. Sie konnte nun sehr wohl einschätzen, wer wirklich vermessen und
unverschämt war und wer sich ehrlich um sie sorgte. Sie wusste, dass es bei
Gely der letztere Fall war und wenn sie ehrlich mit sich selbst war, war sie
auch ganz froh, sich einer Frau anvertrauen zu können. Sie erzählte ihr die
ganze Geschichte von Anfang bis zum jetzigen Punkt außer einer Kleinigkeit. Sie
erzählte ihr nicht, dass Ari Obscurus war, und sprach nur immer von seinem
Geheimnis. Sie war sich recht sicher, dass Gely darauf nicht kommen würde und
wenn doch, würde niemals jemandem davon erzählen.
Als Ally fertig war, schaute Gely sie zornig an. Einen solchen
wütenden und zugleich verletzten Blick hatte Ally noch nie in ihren Augen
gesehen. „ Als Ihre Amme
sollte ich Ihnen raten, Lord Carr zum Mann zu nehmen. Alles spr ä che f ü r ihn und w ä re
einfacher, abgesehen von dem kleinen Detail, dass Sie ihn nicht lieben.
Allerdings liebt er Sie und das wäre die beste Voraussetzung, dass er Sie gut
behandelt und Ihnen als Frau, als auch als Königin immer beisteht. Als Gely,
mit ihren eigenen Erfahrungen allerdings warne ich Sie davor, genau das zu tun
oder ihn auch nur in Ihrer Nähe zu behalten! Sie wissen doch kein bisschen, wie
es ist, mit jemandem unter einem Dach zu leben, den man liebt, der aber diese
Liebe nicht erwidert und nie erwidern kann. Niemals! Man würde für diese Person
alles tun, man würde bis ans Ende der Welt für sie gehen und man würde noch
viel mehr tun. Man würde sogar sein eigenes Leben für sie geben, wenn man sich
sicher sein kann, dass sie dadurch glücklich bleibt. Aber all das bringt
nichts, denn man weiß, dass das Herz dieser Person an einem anderen hängt. Dass
sie niemals nur annähernd das für Sie empfinden könnte, was sie für diese
Person empfinden. Und letztendlich …“ Gelys Augen f ü llten sich mit Tr ä nen und sie konnte sie nicht mehr halten. „ Und letztendlich an gebrochenem Herzen zu
sterben. Ally, ich bitte Sie inst ä ndig, tun Sie das dem armen Lord Carr nicht an. Bitte, lassen Sie
ihn gehen! Schicken Sie ihn weg und geben Sie ihn frei! Sicherlich wird auch er
denken, es ist besser an gebrochenem Herzen neben ihnen zu leiden, als völlig
ohne Sie. Aber genau das ist ein Trugschluss, denn letztendlich wird der
Schmerz, wenn er sie nicht sieht, irgendwann nachlassen. Er wird niemals
weggehen, aber er wird lernen, damit umzugehen. Wenn er aber Sie und womöglich
noch Ihren Liebhaber jeden einzelnen Tag sieht, werden seine Wunden auch jeden
einzelnen Tag erneut aufgerissen. Königin, bitte tun Sie das diesem armen Mann
nicht an, wenn er Ihnen auch nur etwas am Herzen liegt! “ Gelys Worte trafen Ally wie ein Schlag – mit
solch einer Wucht, dass selbst sie kurz davor war, in Tr ä nen auszubrechen. „ Gely! “, sagte Sie mit Tr ä nen verhangener Stimme, „ Gely, ich wusste doch nicht, dass Sie meinen Vater geliebt haben!
Ich hatte keine Ahnung! Wusste er denn davon? “ Ihre Amme sch ü ttelte den Kopf. Sie fing an zu schluchzen. „ Das h ä tte doch nichts gebracht. Jeder, der ihn kannte und der ihn sah,
wusste, dass sein Herz f ü r ewig
Ihrer Mutter gehörte. Und hätte ich ihm davon erzählt, hätte ich ihn noch
unglücklicher gemacht, als er es durch den Tod ihrer Mutter schon war. Er
konnte ja nichts dafür, dass ich ihn liebte. Und letztendlich schauen Sie sich
an, Königin. Verstehen Sie, was ich meine? Es hätte an der Lage nichts geändert,
aber einen weiteren Menschen ins Unglück gerissen. Außerdem lag mir zu viel an
Ihnen und an Juna, als dass ich diesen Schritt hätte gehen können. “ Ally umarmte Gely, die nun an ihrer Schulter
weinte. Wie oft waren sie schon in dieser Umarmung gewesen, doch dieses Mal war
es das erste Mal, dass Gely Zuneigung, Hilfe und Verständnis suchte und Ally
diejenige war, die versuchte, sie
Weitere Kostenlose Bücher