Die Satojerin (German Edition)
kenne. Dass er
mich einfach so verlassen kann, ohne sich zu verabschieden? Ihre Wut schlug
augenblicklich in Trauer um, und ohne dass sie es merkte, kullerte ihr eine
kleine Träne die Wange hinunter. Ersetzen? Er wünscht mir alles Gute? Heißt
das etwa … Denkt er etwa …? Ally traute sich nicht einmal, den Gedanken zu
Ende zu denken. „Wird er etwa nicht zurückkehren?“, flüsterte sie kaum hörbar.
„Es tut mir Leid, davon hat er nichts gesagt.“ Allys Kopf fuhr herum. Sie hatte
im Anflug ihrer Emotionen völlig vergessen, dass Thyria noch im Raum war. „Es
tut mir auch leid, dass Sie nun mit mir vorliebnehmen müssen, Königin. Ich weiß
natürlich, dass Sie zu Carr ein sehr“, sie stockte und schien nach dem
richtigen Wort zu suchen, „spezielles Verhältnis haben.“ Ally sah sie wütend
und fragend zugleich an. Was meint sie nun denn bitte? , fuhr Ally sie
wütend in Gedanken an. Thyria errötete, als sie die Reaktion ihrer Königin sah.
„Ich meine natürlich eine tiefe, verbundene Freundschaft.“ Ally ließ sich auf
ihr Sofa fallen. „Thyria, es tut mir leid. Natürlich bin ich zufrieden damit,
dass ich dich nun an meiner Seite habe. Du magst vielleicht meine Reaktion
nicht genau begreifen, aber das macht nichts. Du kannst dir aber sicher sein,
dass sie nichts mit dir zu tun hat.“ Ally straffte ihre Schultern und richtete
sich auf. Sie wollte um alles in der Welt gefasst wirken, denn es gab nur
wenige Menschen, denen sie sich so öffnen wollte. Thyria gehörte nicht dazu. Es
war nicht, dass sie ihr nicht vertraute, aber sie hatte durch ihre Verbindung
zu Ari immer wieder das Gefühl, als würde ihre Kampflehrerin zwischen den
Stühlen stehen. Wahrscheinlich tat sie das sogar nicht einmal, allerdings
wollte Ally sie nicht in dieses Situation bringen. „Königin, es ist mir völlig
egal, was Sie für ein Verhältnis zu wem haben. Ich wünsche mir nur eines für
Sie: dass Sie glücklich werden. So glücklich, wie Sie es noch nie waren. Machen
Sie sich niemals einen Kopf um andere oder was sie von Ihnen denken. Sie sind
eine gute Königin, sicherlich eine der besten, die Asuda jemals hatte. Und
schauen Sie auch ein bisschen nach sich. Denken Sie weniger nach und tun Sie
einfach mehr das, was ihr Herz sagt. Ich weiß, das ist sicherlich schwer für
Sie, weil Sie trotzdem stets versuchen, mit dem Kopf zu entscheiden. Aber wenn
Sie glücklich und zufrieden sind, nur dann können Sie auch die beste Königin
für ihr Volk sein. Egal, ob Sie alleine bleiben, den einen oder den anderen Mann
lieben. Egal wer es ist und wie viele es sind. Und egal, ob Sie Kinder bekommen
oder sich entschließen, es nicht zu tun. Sie müssen glücklich sein, dann können
Sie das auch an ihr Volk weiter geben!“ Ally stockte der Atem. „Thyria, ich
glaube, ich habe Sie untersch ä tzt. Nicht absichtlich, aber …
Ich gratuliere Ihnen. Sie haben eine ganz außergewöhnliche Menschenkenntnis!“
Thyria l ä chelte.
Dann grinste sie verschmitzt. „So und nun K ö nigin,
w ü rde
ich sagen, nichts auf der Welt hilft besser gegen Frust, Wut und Trauer als
eine anstrengende Kampfstunde. Darf ich bitten? Oder soll ich ein paar Krieger
anfordern, die Sie verprügeln können?“
♔♕♛♚
Als Ally die Kampfstunde mit Thyria beendet hatte, fühlte sie sich
tatsächlich frei und erleichtert. Sie hatte sich trotz ihrer Gabe verausgabt,
aber nur so weit, dass sie ein angenehmes Gefühl der Erschöpfung spürte. Es war,
als sei all ihr Ärger verflogen. Sie war so gut gelaunt, dass sie sich zum
Abendessen mit Thyria und Juna verabredete. Als sie frisch geduscht und in
einem neuen Kleid zum Abendessen erschien, stutzte sie etwas. „Wo ist Thiu? Ich
dachte, er wird auch anwesend sein? Ich hatte mich auf ein Familienessen
gefreut? “ Juna grinste. „ Leider ist Thiu unabk ö mmlich. Er hatte wohl noch einen wichtigen Termin au ß erhalb des Schlosses und meinte, du w ü sstest Bescheid und würdest ihn verstehen!“
Ally grinste verschmitzt. „ Ach so, allerdings. Ja, ich verstehe! “ Juna war etwas perplex, aber lenkte gleich
wieder vom Thema ab. Er sah anders aus als sonst, doch Ally konnte nicht genau
sagen, woran es lag. Er trug seine Frisur wie immer und auch der Rest sah nicht
großartig verändert aus. Ally musterte ihren Bruder ganz genau. Oh Juna,
seitdem wir im Schloss sind, sehen wir uns viel zu wenig. Aber wie sollte es
auch anders sein? Ich bin ständig mit meinen Amtsgeschäften oder sonstigen
Dingen
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