Die Satojerin (German Edition)
viel sinnlicher und liebevoller; als
ob er damit direkt ihre Seele berührte. Ari! Ally bemerkte, was sie da
gerade tat. Sie konnte sich nicht erklären, was gerade zwischen Carr und ihr
passierte, aber sie wusste, dass es nicht richtig war. Allerdings konnte sie
sich auch nicht von ihm losreißen, denn sie fühlte sich so geborgen wie noch
niemals in ihrem Leben. Sie war so glücklich, dass er lebte! Trotzdem war sie
verwirrt. Was war das gerade? Was ist hier geschehen? Ally, du dumme Kuh,
was hast du getan …? Willst du ihm noch mehr Leid zufügen? Reicht es nicht,
dass er dich liebt und du einen anderen? Willst du ihm auch noch Hoffnungen
machen und ihm noch mehr Schmerz zufügen? Und was hast du Ari angetan? Ally
überkam die nächste Welle der Verzweiflung, die allerdings dieses Mal aus einem
völlig anderen Grund hervorgerufen wurde. Genau in diesem Moment drückte Carr
ihre Hand, verzog seine Lippen zu einem leichten, kaum sichtbaren Lächeln und
schüttelte den Kopf. Dann schlief er wieder ein.
Ally starrte auf Carr. Ihr sausten Millionen von Gedanken durch
den Kopf, aber sie war unfähig, auch nur einen richtig zu erfassen. Sie saß nur
da und sah ihn sich an. Sie konnte nicht einmal sagen, wie viel Uhr es war. Sie
traute sich nicht einmal aufzustehen und auf die Uhr zu schauen, die an der
Wand in Carrs Wohnzimmer hing. Ihr Blick glitt zum Fenster. Dämmert es noch
oder schon wieder? Ally zwang sich, zumindest diesen einen klaren Gedanken
zu Ende zu bringen. Es dämmert wieder . Es ist Winter und somit muss
es Spätnachmittag sein . Ihr Blick landete auf einem kleinen Fläschchen, das
auf seinem Nachtisch stand. Juna hatte sie gebeten, die Tinktur, die sich daran
befand, einmal am Tag auf Carrs Wunden zu streichen. Ally nahm das Leinentuch, das
daneben lag, und widmete sich seinen Verletzungen. Der Geruch erinnerte sie an
die Salbe, mit der sie einst ihre eigenen Narben bestrichen hatte. Carrs Atem
war flach und gleichmäßig. Wie sehr sie sich doch wünschte, dass er noch einmal
seine Augen für sie öffnete. Nur um sicherzugehen, dass er aus dem Gröbsten
heraus war. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, zuckten Carrs Augenlieder und
Ally Herz schien für eine kurze Sekunde stillzustehen. Tatsächlich, er öffnete
seine Augen und leuchtend türkises Licht schien ihr entgegen. Obwohl er seinen
Mund nicht verzog, lächelte er Ally mit seinen Augen an. Sie war so verzückt, dass
sie nicht anders konnte, als ihn noch einmal zu küssen. Ihr Herz fühlte sich
nun leicht an – gerade so, als wollte es davon fliegen. Ally verstand sich
selbst nicht mehr. Ich liebe doch Ari – warum zieht es mich dann auf einmal
so zu Carr hin? Warum sehe ich ihn erst jetzt mit anderen Augen? Wo ich in Gefahr
bin, ihn zu verlieren? Ally beschloss, später darüber nachzudenken und
schob ihre Gedanken beiseite. Es war nun einzig und allein wichtig, dass Carr
wieder gesund werden würde. Über den Rest und das Chaos in ihrem Kopf konnte
sie sich noch früh genug Gedanken machen.
Wieder
erwiderte Carr ihren Kuss und wieder war dieses sonderbare, völlig neue Gefühl
da. Konnte Carr wirklich ihre Seele streicheln? War das möglich? Nicht ihr
Magen oder Bauch flatterte. Sie hatte das Gefühl, als flatterte ihr Innerstes. Wo
das genau war, konnte sie nicht orten. Sie küsste seine Tätowierungen auf den
Wangenknochen und seine Stirn. Dann strich sie erneut über die gesunde Haut um
die Wunde an seinem Herzen. Wieder kribbelten ihre Fingerspitzen, dann ihre
Haut. Dieses Mal empfing sie allerdings keine Bilder und auch keine traurigen
Gefühle. Ein Schwall von echter, tiefer Liebe erfasste sie. Er war so stark,
dass es Ally die Tränen in die Augen trieb und sie verstört die Hände von Carrs
Körper zog. Er öffnete erneut die Augen. „ Was
machst du mit mir? “ Sie traute sich nur, zu fl ü stern.
Er l ä chelte
sie matt an und zog eine Augenbraue hoch. Unwillk ü rlich
musste Ally lachen. Wie gut sie doch diese Geste von ihm kannte. Dann packt er
mit offenbar letzter Kraft ihr Handgelenk und zog sie zu sich hinunter. Dieses
Mal war er es, der sie wieder küsste. Ally war bewusst, dass sie hätte zurückweichen
müssen, aber sie konnte es nicht. Zum einen, weil sie ein unbändiges Verlangen
spürte, ihn zu küssen, zum anderen, weil sie mit der ganzen Küsserei überhaupt
erst angefangen hatte und nicht er. Als Carr schließlich von ihr abgelassen
hatte, lächelte sie ihn an. Sie war sich sicher, dass er ihre Erleichterung
spüren
Weitere Kostenlose Bücher