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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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kommt, weil du alle immer unterbrichst. Brave Kinder machen so was nicht.«
    Jetzt verstummte sie und schmollte. Aber mich störte das nicht. Ich wusste, dass Kinder wie ein Gemüsebeet behandelt werden sollten. Wenn man Unkraut aus ihrem Charakter beseitigte, erhielt man eine bessere Ernte.
    »Was macht Ihre Arbeit?« fragte ich meinen Schwiegersohn, der die Schulpa geräuschvoll schlürfte.
    »Die macht sich nicht von selbst«, sagte er und lachte schallend. Ich wusste schon wieder nicht, was ich von ihm halten sollte. Er aß für drei und machteSulfia immer wieder darauf aufmerksam, dass sie nicht so schmackhafte tatarische Speisen auf den Tisch brachte wie ich. Er sagte Sulfia, sie soll ihm auch Schulpa kochen. Überhaupt irgendeine Suppe.
    »Sie hat sich nie besonders für das Kulinarische interessiert«, sagte ich.
    »Das habe ich gemerkt.« Mein Schwiegersohn lachte. Aminat lachte mit. Ich warf ihnen beiden einen strengen Blick zu. Über Sulfia lachen, das durfte nur ich.
    »Sie hat eben andere Interessen«, sagte ich. »Ich habe bei meiner Tochter andere Dinge gefördert … zum Beispiel …« Ich sah Sulfia an und überlegte, welche Talente ihre Unfähigkeit im Haushalt rechtfertigen konnten, doch mir fiel nichts ein. Sie war einfach schon immer stinkfaul gewesen, genau wie ihr Vater.
    »Was macht denn noch mal Ihre Arbeit?« wandte ich mich erneut an den Schwiegersohn, und in diesem Moment kippte Aminat ihr Glas mit dem Sanddorntrunk um, und ich schickte sie vor die Tür, damit sie sich ein bisschen schämte. Nach zehn Minuten ließ ich sie wieder rein und gab ihr ihren Nachtisch. Sie saß jetzt still auf ihrem Stuhl, sah mich schief an, verschob die nussgroßen Teigkügelchen des Tschäck-Tschäcks auf ihrem Teller und sagte kein Wort mehr. Wenn man sie nur richtig anpackte, dann konnte doch noch ein wohlerzogenes Kind aus ihr werden.
    Mir sah niemand an, welcher Kummer oder welche Freude mir gerade auf dem Herzen lagen. In Sulfias farblosem Gesicht konnte man dagegen jeden Gedanken lesen, der ihr gerade durchs Gehirn huschte.
    Was hatte ich nicht alles versucht, um es ihr beizubringen: Wenn du Angst hast, soll das niemand sehen. Wenn du Zweifel hast, soll das niemand sehen. Wenn du jemanden liebst, so zeig ihm das bloß nicht! Und wenn du jemanden hasst, dann musst du ihn besonders lieb anlächeln. Ich hatte bei Sulfia so hart gearbeitet, aber alles war umsonst gewesen. Sie hatte kein Talent, sie hatte nicht einmal einen Funken Verständnis für das, was ich meinte. Das rächte sich heute noch: Beim Essen war Sulfia aus unerfindlichen Gründen sehr unglücklich, und das konnte jeder sehen, der es wollte.
    Mein Schwiegersohn mochte mich, das war auch verständlich. Ich war eine schöne Frau. Mit Ende vierzig sah ich immer noch aus wie höchstens Mitte dreißig. Meine Haut war straff und strahlend, und ich schminkte mich jeden Morgen, bevor ich irgendwohin ging, und sei es nur in die Küche. In dieser Zeit hatte ich die Farben Rot und Schwarz für meine Kleidung entdeckt. Ich konnte es mir leisten.
    Beim ersten Essen mit unserer neuen, vergrößerten Familie trug ich ein schlichtes schwarzes Kleid und schwarze Nylonstrumpfhosen. Meine Beine waren gut geformt, ich achtete darauf, dass sie nicht zu dünn wurden.
    Ich trug immer hohe Absätze. Sulfia niemals. Sie hatte an diesem Sonntag etwas an den Füßen, das wie eine Mischung aus Hauslatschen und Turnschuhen aussah. Sie sagte, diese Schuhe hätte ihr mein Schwiegersohn aus Amerika mitgebracht. Aus Amerika! Trug man dort solchen Mist, oder waren diese Schuhe einfach besonders billig gewesen? Wenn mein Mann mir solche Schuhe geschenkt hätte, hätte ich ihn für Wochen nicht in unser Ehebett gelassen.
    Allerdings war mein Mann noch niemals auf eine Dienstreise nach Amerika geschickt worden. Offenbar hatte ich es doch geschafft, Sulfia ein paar wichtige Dinge fürs Leben beizubringen, wenn sie jetzt einen Mann hatte, der solche Dienstreisen unternahm.
    Alles in allem war es ein schöner Sonntag.
    Wir verabschiedeten uns zivilisiert im Flur. Mein Schwiegersohn war charmant. Er lobte alles: das Essen, die Stimmung, die Mühe, den Liebreiz der Gastgeberin. Wenn ich ihn nicht unterbrochen hätte, hätte er auch noch meine Frisur und meine Beine erwähnt. Er war ein Mann, dem solche Sachen an einer Frau auffielen. Ich hatte eine dunkle Ahnung, dass ich noch mehr davon erfahren würde.
    Sulfia konnte unsere Wohnung nicht schnell genug verlassen. Sie rechnete wohl

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