Die Schafgäääng: Lamm über Bord! (German Edition)
hinaufgeklettert … und er hat sie gerettet, glaube ich.«
»Mann, das klingt mühsam«, warf Linx ein. »Und wir sind nicht gerade begnadete Kletterer, oder?«
Aber Sally kannte kein Halten. »Tuftella, Tuftella, lass dein Vlies herunter!«, schrie sie.
Die anderen schauten einander an, dann stimmten sie ein.
»Tuftella, Tuftella, lass dein Vlies herunter!«
Im obersten Turmzimmer blickte Ida abrupt von dem Laken auf, das sie gerade in Streifen riss. Sie wagte es kaum zu glauben, aber sie wusste, dass ein Irrtum ausgeschlossen war. »Unsere Schafe …«, flüsterte sie.
Doch nicht einmal ihre kostbaren, innig geliebten Schafe konnten Ida lange ablenken. Sie musste aus dem Turm fliehen. Sie musste Todd und Frank finden. Sie knotete die letzten beiden Lakenstreifen fest zusammen.
»Tuftella, Tuftella, lass dein Vlies …«
Das kleine Lamm auf dem Arm der blassen Frau hatte aufgehorcht. Plötzlich erwiderte es den Ruf mit einem Blöken und sprang auf den Fenstersims.
Unten vor dem Turm hielten die Krieger mitten im Ruf inne.
»Tuftella …«, hauchte Sally.
»Mmmm … sie ist echt wunderhübsch«, erklärte Linx.
Oxo nickte zustimmend. »Wunderhübsch …«
Alle starrten reglos nach oben.
»Ich glaube, sie ist ein Merino«, sagte Will.
»Sie ist völlig zerzaust«, bemerkte Jasmine verschnupft. »Also, ich dachte, wir sollten sie retten?«
Oxo riss sich wieder zusammen. »Richtig. Ja, genau.«
»Und zum Glück ist die Feedingsda noch immer an unserer Seite«, flüsterte Sally. »Wir haben nichts zu befürchten.«
Die anderen drehten sich um und sahen die Feedingsda auf die Seilbrücke zumarschieren. Sie zögerte kurz und betrat dann die Brücke, wobei sie sich gut an den gespannten Tauen zu beiden Seiten festhielt.
»Ihr nach! Unsere Feedingsda führt uns!«, brüllte Oxo. »Einer für fünf und fünf für Tuftella!«
Er stürmte auf die Brücke und erkannte erst dann, dass sie keinen festen Boden hatte. Kein Paarhufer würde normalerweise etwas betreten, was aus geflochtenem Tauwerk bestand. Die anderen vier liefen auf ihn auf.
»AchdumeineHufeachdumeineHufe …«, quiekte Jasmine. »Sie rutschen durch die Löcher! Wir müssen runter von dem Ding! Lauft schon!«
Wie eine Schiffschaukel auf einem Rummelplatz schwang die Brücke heftig von einer Seite zur anderen, weil die Schafe hektisch herumzappelten, um sich beim Weitergehen nicht mit den Hufen zu verfangen. Alice vor ihnen konnte sich nicht mehr halten und bei der nächsten Schwingbewegung der Brücke purzelte sie mit einem Platsch in den Wassergraben.
»Danke! Danke!«, rief Sally, während die Schafe weiterkraxelten. »Bis zuletzt opfert sie sich für uns.«
Nat hatte den Sturz nicht mitbekommen. Er hatte das Fenster im vierten Stock verlassen und rannte die Treppe hinunter, um die Frau mit dem pflaumenfarbenen Haar zu begrüßen. Auf halbem Weg traf er auf die hinaufstürmenden Schafe. Einige Minuten herrschte völlige Konfusion. Auf der Wendeltreppe war es zu eng, um sich an den Tieren vorbeizudrängen, und sie hielten einfach nicht still, als er versuchte, über ihre Rücken zu klettern.
Der Plan, dachte Nat bei sich, verlief absolut nicht nach Plan. Endlich schaffte er es, sich an den Wollbergen vorbeizudrücken, und hastete die restlichen Stufen hinunter. Im Erdgeschoss lehnte er sich an die Wand, im Dunkeln verborgen, und wartete. Alles würde gut gehen. Sie war angekommen. Jetzt war die Zeit, zu handeln!
Die Krieger setzten ihren Weg zur Turmspitze fort. Aber es war gar nicht so einfach, auf vier Hufen eine Treppe zu bewältigen, die sich in engen Kreisen in die Höhe schraubte und deren Steinstufen rutschig waren. Als sie oben ankamen, war allen ziemlich schwindelig.
»Mann, mir dreht sich alles«, schnaufte Linx und torkelte gegen die Wand.
»Das tut mir aber leid«, sagte Jasmine spitz. »Ich dachte, du lässt dir gern von der tatteligen Tuftella den Kopf verdrehen.«
Oxo musterte die wuchtige Tür vor sich. Sie hörten alle das Seufzen und Klagen dahinter. Und auch jede Menge Poch-Poch-Pochen.
»In den alten Zeiten haben sie für so was einen Rammbock benutzt«, sagte Will.
»Tatsächlich?«, sagte Oxo. »Kannst du haben.« Und er senkte seinen breiten Schädel und rammte mit aller Wucht gegen die Tür. Die rumpelte und wackelte gewaltig.
In der Turmkammer fuhren Ida und die blasse junge Frau erschrocken zusammen. Sie standen am kaputten Fenster und klopften die letzten scharfen Glasscherben vom Rahmen. Ein Ende
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