Die scharlachrote Spionin
möchte ich keinen falschen Alarm schlagen, aber es könnte sein, dass Sie in ernster Gefahr schweben.«
»Gefahr?«, wiederholte sie.
»Ja. Ich ...« Osborne zögerte, war sich unschlüssig, wie er das Netz aus Intrigen beschreiben sollte, in dem sie beide gefangen waren. »Es ist eine lange Geschichte, und uns bleibt nicht viel Zeit. Bitte vertrauen Sie mir, wenn ich Ihnen verrate, dass De Winton und seine Freunde nichts als Ausgeburten des Teufels sind. Heute Abend haben sie versucht, die Contessa umzubringen, und während wir hier stehen und reden, könnten Sie schon auf dem Weg zu Ihnen sein.«
Im Licht ihrer Kerze wirkte Lady Serenas Gesicht gespenstisch blass. »Lady Sofia ...«
»... ist in Sicherheit«, unterbrach Osborne rasch. »Ich habe sie in einem exklusiven Bordell in der Nähe von De Wintons Paradise versteckt.«
»Bitte verzeihen Sie, aber Ihre Geschichte sprengt jegliche Vorstellungskraft.«
»Ich weiß, ich weiß.« Ihm wurde klar, dass seine ramponierte Erscheinung nicht unbedingt dazu beitrug, ihr Vertrauen einzuflößen, und stopfte seine Hände in die Taschen. Trotz des Taschentuchs hatte er sich am scharfen Glas geschnitten. »Dennoch muss ich Ihnen versichern, dass alles der Wahrheit entspricht.«
»Die Anschuldigungen sind sehr ernst, Osborne.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Bedaure. Bevor ich Ihnen glauben kann, müssen Sie mir noch mehr Beweise vorlegen.«
»Ich kann Ihnen keinen Vorwurf machen.« Er warf einen Blick durch das rosettenförmige Fenster nach draußen. Die Straße lag immer noch leer und verlassen da. Aber wie lange noch? Inzwischen mussten auch De Winton und Sforza bemerkt haben, dass Sofia nicht tot in einem der Opiumboudoirs des Etablissements herumlag. »Aber vielleicht können wir uns irgendwo unterhalten, wo wir sicherer sind?«
»Lassen Sie uns in mein privates Arbeitszimmer gehen.« Lady Serena winkte ihn die Treppe hinauf. »Die Tür ist recht dick, und das Schloss ziemlich robust.«
Osborne wartete, bis sie die kleine Lampe auf ihrem Schreibtisch angezündet hatte, bis er weitersprach. »Lady Serena, ich bin nicht betrunken oder wahnsinnig. Adam De Winton hat allen Grund, meinen Tod zu wünschen ... und Ihren.«
»Warum?« Angesichts der Umstände bewahrte sie bemerkenswerte Selbstbeherrschung.
»Weil wir beide zu gut über seine Tätigkeiten hier in der Stadt Bescheid wissen.« Ihre Pistole war immer noch auf ihn gerichtet, aber er konnte es ihr nicht vorwerfen, dass sie weiterhin Vorsicht walten ließ.
»Er ist nicht der einzige Gentleman, der in Drogengeschäfte verstrickt ist«, entgegnete sie. »Ich begreife nicht, warum er versuchen sollte, uns wegen eines bisschen Opiums umzubringen.«
»Ich garantiere Ihnen, dass mehr als nur ein bisschen im Spiel ist! Und selbst wenn es so wäre, dann ist das immer noch der geringste Teil seiner Untaten. Die wahren Verbrechen haben es mit einem verzweigten Netz aus Korruption und Betrugsdelikten zu tun, das sich von London bis Bombay erstreckt. Verstehen Sie? Es geht darum, unsere Armeen in Übersee mit minderwertiger Ware zu beliefern oder die Verschiffungen nur vorzutäuschen. Bei einer Anzahl umfangreicher vertraglicher Vereinbarungen mit dem Militär hat er für sich und seine Freunde einen gigantischen Profit eingefahren. Und es interessiert ihn nicht im Geringsten, dass unsere Soldaten mit nutzlosem Schießpulver in die Schlacht ziehen oder mit Stiefeln, in denen man den Winter nicht überstehen kann.«
»W ... wie haben Sie all das herausgefunden?«
»Das habe ich gar nicht«, gestand er ein. »Es war Lady Sofia, die mir die Augen geöffnet hat.«
Lady Serena schauderte leicht. »Seit wann und warum kommt sie überhaupt darauf, sich für De Wintons Angelegenheiten zu interessieren?«
Osborne schüttelte den Kopf. »Bedaure, aber ich bin nicht so frei, mich über Lady Sofias Geheimnisse zu verbreiten. Es muss genügen, wenn ich sage, dass mehr in ihr steckt, als man auf den ersten Blick glauben mag.« Er erlaubte sich ein flüchtiges Lächeln. »In der Tat, ihr Mut und ihre Klugheit sind weit beeindruckender als ihre Schönheit.«
Es sah aus, als würde ein Gefühl in Lady Serenas Blick aufflackern. Eifersucht? Schuldbewusst erinnerte er sich daran, dass seine Flirts mit der Lady in letzter Zeit ziemlich heiß gewesen waren. Vielleicht hatte sie unterstellt, dass er tiefere Absichten hegte, dass seine Gefühle ernster waren.
Aber vielleicht hatte er das flackernde Licht auf ihren goldfarbenen
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