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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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dem Weg nach draußen eine Reihe Kerzen verlöschten, sodass nur noch das Licht an den Wänden brannte. Durch das berühmte Glas aus Murano, dessen Schatten in einer Mischung aus durchscheinend roten und weißen Mustern schimmerte, tauchte der Tisch in ein warmes Rosa ... warm, sinnlich, wie ein Bad aus Rosenblüten.
    Das Gelächter klang mehr und mehr träge. Sofia schlug ihren Fächer auf, nutzte die Bewegung, um den Rest ihrer Süßigkeit unauffällig in ihr Retikül zu befördern. Sie wünschte klaren Kopf zu behalten, obwohl die anderen Gäste die narkotisierende Wirkung der Droge zu genießen schienen. Selbst Osborne schien entspannter. Seine Aufmerksamkeit hatte sich von ihr zu Lady Serena verlagert.
    Umso besser! Und doch, es war merkwürdig, dass sie spürte, wie ihr Inneres sich verkrampfte, als sie bemerkte, wie ein Lächeln über sein Gesicht strahlte. Ihre Gastgeberin berührte sie am Ärmel, beugte sich dann vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Die beiden Köpfe mit dem flachsfarbenen Haarschopf hoben sich hell von der dunklen Täfelung ab, schienen beinahe eins zu werden. Sofia drehte sich weg und schüttelte ihre Anspannung wieder mit heftigen Fächerbewegungen ab. Ihre Zurückweisungen waren absichtlich so rüde gewesen. Es lag auf der Hand, dass der Mann sich nach angenehmerer Gesellschaft umschauen würde.
    Bestimmt lag es an der Wirkung des Cannabis. Sie durfte sich nicht erlauben, dass es ihr den Sinn für die Pflicht vernebelte.
    Pflicht.
    Sie zwang sich, noch offensichtlicher mit De Winton zu flirten. »Bitte erzählen Sie mir von den interessanteren Sehenswürdigkeiten in London, Sir!« Sofia hob den bemalten Seidenfächer höher und fächelte vor ihren Wimpern. »Ich meine nicht die Museen oder die Menagerie des Towers.«
    Sein Lachen klang gefährlich. »Natürlich existieren weit exotischere Orte und Kreaturen als ein Käfig mit hungrigen Löwen«, sagte er und ließ seinen Blick anzüglich über ihren Körper gleiten. »Vorausgesetzt, eine Lady wäre abenteuerlich genug, um zu erkunden, was es außerhalb des goldenen Käfigs von Mayfair zu entdecken gilt ...«
    »Grenzen können ja so langweilig sein!«, hauchte Sofia.
    »So empfinde ich ebenfalls.« Er zog seinen Stuhl ein Stückchen näher zu ihr. »Spielen Sie gern, Contessa?«
    Ihre langen Wimpern flatterten. »Es kommt auf den Gewinn an.«
    Er lachte sanft. »Oh, ich kenne ein paar Orte, an denen der Gewinn jedes Risiko lohnt ...« Er fing an, mehrere Spielhöllen in den Armenvierteln von Seven Dials zu beschreiben.
    Schon bald wurde Sofia für ihre Mühe belohnt. Unter dem Tisch presste De Winton seinen Schenkel an ihren, und während er sprach, rückte er seinen Stuhl weit näher an ihren, als es schicklich war.
    Ermutigend fingerte sie an der scharlachfarbenen Seide seiner Weste herum. »Faszinierend! Welche Vergnügen sind in den Armenvierteln denn noch zu finden?«
    »Fast alles, was Sie sich nur vorstellen können.«
    »Ach, wirklich?« Fragend zog sie die Brauen hoch. »Ich habe eine lebhafte Einbildungskraft.«
    Er befeuchtete seine Lippen, bevor er sich noch einen Schluck Wein gönnte.
    Sofia beschloss, ihr Interesse für die Armenviertel nicht zu übertreiben, und drehte ihre Hand zu ihm, um seiner körperlichen Annäherung entgegenzukommen. »In Angelegenheiten der Mode scheinen Sie mir allerdings auch recht verwegen zu sein.« Sie berührte seine Uhrkette, spielte damit herum. »Das ist aber ein ungewöhnliches Modell.« Die goldene Schlange besaß große Rubine als Augen.
    »Es ist osmanisch. Ich habe es von Andover gekauft. In seinem Laden findet man viele ungewöhnliche Dinge.«
    »Ich sollte ihm einen Besuch abstatten.« Spielerisch zog Sofia ihm die Taschenuhr aus der Westentasche und bemerkte innerhalb des Ovals eine weitere flache Wölbung. Noch eine Uhrkette?
    Aber als sie ein letztes Mal zupfte, zog sie einen goldenen Schlüssel heraus, der von einer roten Mohnblüte gekrönt war.
    Die Entdeckung verscheuchte jeden Gedanken an Osborne. Mit geschärften Sinnen ließ Sofia die Fingerspitzen über die Emaille streifen. Jetzt hatte sie endlich etwas in der Hand.
    Sie schaute auf und stellte fest, dass De Winton sie anstarrte, wachsam wie ein Raubtier. Aber dann lachte er und stopfte den Schlüssel in die Tasche zurück.
    »Was für ein hübscher Anhänger!«, sagte sie bewundernd. »Genau denselben habe ich in Italien gesehen.«
    Ob er den Köder wohl schlucken würde?
    »Sie müssen sich irren, Lady Sofia!«,

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