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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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völlig durch den Wind war.
    Zu Hause hielt mich mein Großvater bei der Treppe auf, als ich direkt auf mein Zimmer zusteuern wollte. Ich befürchtete, Erin wäre irgendetwas merkwürdig vorgekommen und sie hätte es ihm erzählt. Was, wenn …
    »Was Delia da getan hat … dirist schon klar, dass sie ein großes Risiko eingegangen ist, oder?« Er zog die Brauen nach oben.
    Ich ließ die Schultern kreisen und zwang mich, mich zu entspannen. Hier ging es um den Jungen. Vielleicht hatte Erin oder einer der beiden anderen erwähnt, dass ich Anstalten gemacht hatte, ihn zu berühren. Ich war außerhalb dieser Gemeinde aufgewachsen, ohne ihre Regeln und Richtlinien. Ich stellte ein Sicherheitsrisiko für sie dar, und ich war Delia plötzlich dankbar, dass sie mir zuvorgekommen war. In gewisser Hinsicht hatte sie mich davor bewahrt, dass meine Andersartigkeit aufflog.
    Ich nickte.
    Er tätschelte die Hand, mit der ich mich am Treppengeländer festhielt. »Remy, wir müssen höllisch aufpassen. Wenn eine Heilerin ihre Fähigkeiten einsetzt und entdeckt wird, dann steht nicht nur ein Leben auf dem Spiel. Sondern das Leben aller in unserer Gemeinde.«
    Nachdem er mir eine »Gute Nacht« gewünscht hatte, ging ich nach oben. Und bekam gleich ein furchtbar schlechtes Gewissen, weil ich vorhatte, mich in dieser Nacht zu meinem Beschützerfreund hinauszuschleichen.
    Ich sank auf mein Bett und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Dann holte ich mein Handy hervor.
    Gabriel antwortete nach dem dritten Läuten mit einem gereizten »Ja?«.
    Unwillkürlich musste ich lächeln. Wenn man sich auf etwas verlassen konnte, dann darauf, dass sich Ashers Bruder wie ein Vollidiot benahm. »Sorry! Bist wohl gerade mit einer deiner Gespielinnen zugange, und ich störe?«
    Diese Bezeichnung hatten meine Freunde und ich der Schar von Studentinnen verpasst, mit denen sich Gabriel abgab. In Anbetracht seines Alters hatte er in Blackwell Falls und auchanderswo auf der Welt schon unendlich viele Mädchenherzen gebrochen.
    »Was willst du, Heilerin?«, fragte er mürrisch.
    Ich zögerte. »Vergiss es«, sagte ich. »Den Anruf hätte ich mir sparen können.« Warum rief ich ihn überhaupt an? Vielleicht hätte ich zuerst mit Asher sprechen sollen. Außer … Manchmal sagte mir Asher einfach nicht alles. Gabriel verfügte nicht über Ashers Beschützerinstinkt, was mich betraf. Er würde also ganz bestimmt kein Problem damit haben, mir die hässliche Wahrheit ins Gesicht zu schleudern.
    Ich wollte gerade auflegen, aber Gabriels Stimme ließ mich innehalten. »Remy, was brauchst du?«
    Er benutzte meinen Namen so selten, dass ich ohne nachzudenken antwortete: »Heute ist etwas passiert, Gabriel. Ich bin kurz vorm Durchdrehen …«
    »Du drehst nicht durch. Das ist eine der wenigen Eigenschaften, die ich an dir mag.«
    Ich öffnete den Mund, um zu antworten, und klappte ihn dann wieder zu. Ein Kompliment von Gabriel?
    »Spuck’s aus.«
    Beinahe hätte ich eine schnippische Bemerkung gemacht, schluckte sie aber hinunter. Es stand zu viel auf dem Spiel, um Gabriel gegen mich aufzubringen. »Heute hat mich eine Heilerin berührt, und ich hatte mich nur mit Mühe im Griff und wäre beinahe über sie hergefallen!«
    Schweigen am anderen Ende. Jetzt war auch er platt.
    »Jetzt drehst du durch, oder?«, fragte ich.
    Er schnaubte, und ich beschrieb ihm, was vorgefallen war.
    »Hast du so was schon jemals gehört?« Ich wünschte mir verzweifelt eine Antwort.
    Sein Seufzen klang laut. »Meine Antwort wird dir nicht gefallen. Hast du schon mit Asher darüber gesprochen?«
    »Mach ich nachher.«
    »Dann lass es dir von ihm erklären. Und sag meinem Bruder, er soll auf sich aufpassen.«
    »Verdammt, Gabriel! Bitte …«
    Zu spät. Der Mistkerl hatte aufgelegt.

    Später, lange nachdem mein Großvater auf sein Zimmer gegangen war, zog ich eine Jacke an und band mein Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. Dann stahl ich mich die Treppe hinunter und zur Hintertür hinaus. Ich wollte mich mit Asher in dem kleinen Wald hinter dem Haus zu treffen. Für den Fall, dass mich jemand beobachtete, schlenderte ich, als würde ich einen Spaziergang machen.
    Plötzlich umfasste jemand meine Taille. Ich musste nicht über Ashers gesteigerte Sinneswahrnehmungen verfügen, um zu wissen, dass er es war. Seine Berührungen hätte ich auch mit verbundenen Augen erkannt. Seine Hände glitten meinen Rücken hinauf zu meinen Schulterblättern und tippten mich dann gerade so fest an,

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