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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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Mann im Truck war wohl ziemlich erschrocken und hatte sich umgedreht. Diesen kurzen Moment nutzte ich aus, schlüpfte aus der Hintertür und rannte Richtung Wald. Wenn mein Großvater mich erwischte, würde ich höllisch dafür bezahlen müssen, aber ich hielt es im Haus einfach nicht mehr aus.
    Im Schutz der Bäume stürmte ich so schnell los, dass meine Füße kaum noch den Boden berührten, irgendwohin, ganz egal. Dabei wurde mir bewusst, wieso ich wirklich hinausgewollt hatte. Der Pinienduft erinnerte mich an Asher. Der salzhaltige Wind schmeckte nach Zuhause, und hier konnteich endlich wieder einmal ich selbst sein, ohne mich verstellen zu müssen. Unvermittelt stampften hinter mir Füße auf die Erde, und als ich einen Augenblick darauf neben mich blickte, blitzten mich grüne Augen an. Gabriel! Jetzt, da ich ihn bemerkt hatte, fiel er wieder zurück und folgte mir in einigem Abstand. Gab mir Raum.
    Ich hörte nicht auf, bis Fort Point zu rennen, wo mir Asher die Surfer und die Golden Gate Bridge gezeigt hatte. Als ich über die Straßenabsperrung sprang und in Ufernähe auf einen Felsblock sank, schmerzten meine Beine angenehm. Ich spürte ihn, bevor ich ihn hörte.
    »Gabriel! Es ist okay. Du kannst rauskommen.«
    Ich sprach ganz leise. Einen Augenblick später nahm er nicht weit von mir geschmeidig auf einem Felsen Platz. Ein Windstoß fuhr ihm durchs Haar, und er sah Asher so ähnlich, dass ich hätte schreien können. Ich zwang mich, meinen Blick wieder auf die Lichter von Sausalito jenseits der Bucht zu richten.
    »Wie geht’s dir?«, fragte Gabriel.
    »Das sollte ich dich fragen!«
    Und das stimmte auch. Sein Bruder war umgekommen, und ich hatte kaum einen Gedanken für seine Trauer übrig gehabt. Oder Lotties, wenn wir schon dabei waren.
    »Ich habe gehört, wie sich die Freunde deines Großvaters über dich unterhalten haben. Sie machen sich Sorgen, Heilerin.«
    »Ich weiß.« Ich band mir den Schnürsenkel des einen Schuhs fester. »Dabei tue ich mein Bestes.«
    »Das muss noch besser gehen.«
    Der arrogante Befehl entlockte mir ein Lächeln. »Du bist so ein Blödmann, Gabriel!«
    »Ich habe schon schlimmere Namen verpasst bekommen.«
    »Sogar von mir«, pflichtete ich ihm bei.
    Er schnaubte, und wir verfielen wieder in ein Schweigen, das nicht unangenehm war.
    »Was machst du hier draußen?«
    Ich seufzte. »Ich hatte einen Albtraum. Und danach fiel mir die Decke auf den Kopf.«
    »Macht dir dein Großvater das Leben schwer?«
    »Nicht wirklich. Ich verkrieche mich meistens in mein Zimmer. Ich stehe gerade irgendwie neben mir«, gestand ich. »Und die behandeln mich so, als wäre ich Luft. Sie versuchen, Xavier und Mark aufzuspüren.«
    Ich musste an die Unterhaltung denken, die ich früher am Tag belauscht hatte. Vermutlich war das der Grund, wieso ich geträumt hatte, Ashers Stimme zu hören.
    Ich zögerte. »Kann ich dir was erzählen?«
    Gabriel nickte.
    »Und du lachst mich auch nicht aus?«
    »Mir ist dieser Tage sowieso nicht zum Lachen zumute. Also raus mit der Sprache!«
    »Vorhin habe ich geträumt, ich würde Ashers Stimme hören.« Kaum hatte ich es gesagt, da bereute ich es auch schon. »Es ist albern, ich weiß. Er ist nicht mehr da.«
    »Was hat er gesagt?«, fragte Gabriel leise.
    »Dass er mich liebt.«
    Gabriels Blick schien sich nach innen zu richten. »Ja, das klingt sehr nach ihm.«
    Ich erzählte Gabriel nicht, wie sehr ich seinen Bruder vermisste, aber ich dachte, vielleicht würde er es ja verstehen. Durch die Trauer hatte auch er sich verändert. Viel gelächelt hatte er nie, doch nun schienen seine Gesichtszüge dauerhaft zu einer düsteren Maske erstarrt zu sein.
    Eine besonders große Welle schlug gegen die Felsen undspritzte mir die Schuhe nass. Gabriel stand auf, kletterte den Fels zum Parkplatz hinauf und streckte mir die Hand entgegen, um mich hochzuziehen. In meinen Schuhen gluckste es, und ich hinterließ auf der Straße eine nasse Spur.
    »Ich muss zurück. Franc sieht immer mal wieder nach mir, und mir ist es lieber, er weiß nicht, dass ich weg war.«
    Mit einem letzten Blick zum Meer lief ich zu dem Weg zurück, der mich zurückbringen würde. Gabriel lief neben mir her.
    »Ach, übrigens, danke, dass du die Mülltonne umgeworfen hast.«
    Gabriels Miene blieb unverändert. »Wie kommst du darauf, dass ich das war? Vielleicht war’s ja eine Katze oder ein Waschbär.«
    »Oder vielleicht ein Beschützer mit einem Ego so groß wie Texas?«
    Einer seiner

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