Die Schatten schlafen nur
zwischen verfeindeten Familien entpuppte.
Schon gestern war Cox auf ein Problem gestoßen: ›Eroglu‹ war ein ausgesprochen häufiger Name. »Fast noch schlimmer als ›Jansen‹ am Niederrhein!«, hatte er geschimpft. Aber er war ein langmütiger Mensch und so verbrachte er den halben Samstag allein damit, mögliche Verwandtschaften zu entschlüsseln. Zur Überprüfung von aktenkundigen Fällen familiärer Auseinandersetzungen kam er nicht mehr.
Am Sonntag trat Walter Heinrichs seinen Dienst als Tagesvater an. Es stand außer Frage, dass er Katharina bereits als sein sechstes Kind adoptiert hatte. Er würde von jetzt an jeden Morgen um Viertel vor acht kommen und, je nachdem, was in seiner eigenen Familie anlag, die Zeit mit der Kleinen entweder bei sich in Goch oder auf der Esperance verbringen.
»Schon möglichst viel hier bei uns zu Hause, ja?«, bat Astrid, aber sie war glücklich. Zum ersten Mal seit Monaten hatte sie das Gefühl, richtig atmen zu können.
Toppe ertappte sich bei einem dumpfen Grollen im Bauch, als er sah, wie begeistert seine Tochter auf Heinrichs’ Knien herumhüpfte, aber es gelang ihm, darüber zu lachen.
In der Nacht wurde er gerufen. In einer Bar in Kevelaer war eine Prostituierte erstochen worden. Es gab mehrere Zeugen und Toppe konnte den Täter schon wenige Stunden später festnehmen, aber es dauerte lange, bis alle Zeugenaussagen aufgenommen waren, und noch länger, bis der betrunkene Mann in der Lage war, ein Geständnis abzulegen.
Astrid und van Appeldorn begannen die Woche mit einer weiteren Fahrt nach Nierswalde. Einige von Eroglus Nachbarn waren am Freitag nicht zu Hause gewesen und mussten gefragt werden, ob ihnen in der Brandnacht oder vorher etwas Ungewöhnliches aufgefallen war. Weder van Appeldorn noch Astrid versprachen sich viel davon. Erinnerungen waren flüchtig und es war entscheidend, mögliche Zeugen, so schnell es irgend ging, zu befragen. Heute, vier Tage nach der Tat, hatte vermutlich jeder mit jedem geredet und spekuliert, und viele würden nicht mehr auseinander halten können, was sie selbst beobachtet hatten oder nur vom Hörensagen und Zusammenreimen kannten.
Das ganze Dorf schien auf den Beinen zu sein. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel standen mehrere Container mit Grünabfällen. Erntewagen rollten heran und luden Korngarben, verwelkte Blumengirlanden, Äste und Zweige ab.
Van Appeldorns Auto war eingekeilt zwischen zwei Traktoren mit Hänger und es ging nur langsam voran. Dann bewegte sich gar nichts mehr.
Nach zehn Minuten stieg Astrid schließlich aus und lief die Kolonne entlang. An der alten Schule standen mehrere Wagen quer, auch in der Dorfstraße und zum anderen Ende der Königsberger Straße hin stauten sich Zugmaschinen mit geschmückten Anhängern.
Es dauerte einen Moment, bis sie merkte, was so seltsam war. Alle Motoren waren ausgeschaltet, die Männer saßen in ihren Fahrzeugen und rührten sich nicht, einige grinsten. Nur von der Kirche her waren aufgebrachte Stimmen zu hören. Ein Mann kam um die Ecke gelaufen und wedelte drohend mit der Faust. Als Astrid die Straße überquerte und auf ihn zuging, entdeckte sie die beiden roten Bagger weit hinten am Ende des Staus.
»Dat is’ doch ’n abgekartetes Spiel! Dat kann mir doch keiner erzählen!«, brüllte der Mann. »Aber ich hab die Bullen schon angerufen.«
Als der erste Streifenwagen auftauchte, wurden plötzlich Motoren gestartet und man fing an, sehr langsam und übervorsichtig das Knäuel zu entwirren.
Die Bauarbeiter machten Mittagspause.
Gegen zwei Uhr hakte Astrid die letzte Person auf ihrer Befragungsliste ab. Sie hatten etliche Tassen Kaffee getrunken, freundliche Menschen kennen gelernt und – waren keinen Schritt weitergekommen.
Auf dem Grundstück an der Kirche, auf dem jetzt die Bagger standen, hatten sich neben einem kleinen Holzhaus ein paar Leute zusammengeschart. Auch der Pastor war dabei und winkte. »Haben Sie endlich eine Spur?«, rief er, als sie näher kamen.
Der Bauleiter schäumte immer noch vor Wut. »Der erste Tag un’ schon aussem Zeitplan. Dat muss man sich ma’ wegtun!«, schrie er auf den Baggerführer ein.
Der blieb ganz gelassen. »Und wenn du dich auf den Kopf stellst, ich fang nicht mehr an zu schachten. Heute klopp ich dir höchstens noch die Bude hier weg und dann mach ich Feierabend.«
»Wat ist das eigentlich für eine Scheißhütte? Die steht in keinem Plan, verdammich!«
»Das ist ein Spielhaus«, gab der Pfarrer bereitwillig
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