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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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vorbereitet und Getränke kühl gestellt. Die beiden Beamten sind selbstverständlich herzlich gebeten, unsere Gäste zu sein.«
    »Ohne mich«, zischte Schlüter van Appeldorn ins Ohr, während im Saal Geschäftigkeit ausbrach. Die Gemeinde schien solche Aktionen gewöhnt zu sein. Ohne weitere Anweisungen wurden Tische und Stühle gerückt, ein paar Frauen liefen in die Küche und kamen mit Tabletts voller Gläser und Schüsselchen wieder zurück. Zehn Minuten später brannte auf jeder Tischgruppe eine Kerze, die Frauen schenkten Weißwein aus, der Pfarrer verteilte Servietten.
    Nicht nur Schlüters hatten sich aus dem Staub gemacht. Mehrere, hauptsächlich ältere Leute waren hinausgegangen. »Besorg mir auch ein Glas Wein, ja?«, flüsterte Astrid. »Ich bin gleich wieder da.«
    Van Appeldorn nickte, er hatte dieselbe Idee gehabt. Aber draußen war niemand zu sehen. Anscheinend hatten sich alle unverzüglich auf den Heimweg gemacht.
    Als Astrid in den Saal zurückkehrte, stand der Pastor neben van Appeldorn. »Ich sagte gerade zu Ihrem Kollegen, wie bestürzt wir alle sind über die Brandstiftung. Sie waren heute den ganzen Tag im Dorf. Haben Sie schon einen Anhaltspunkt?«
    »Leider nicht.« Astrid nahm van Appeldorn das Weinglas aus der Hand.
    »Glauben Sie denn, dass es jemand aus dem Dorf war?« Zwei Frauen mittleren Alters hatten sich zu ihnen gesellt.
    »Bei unserer Arbeit kommt es nicht darauf an, was wir glauben«, entgegnete van Appeldorn schroff, aber die Frau ließ sich nicht beirren.
    »Niemals, das schwör ich Ihnen, niemals hat das einer von uns getan! Wir sind doch alle froh, dass wir endlich wieder ein Geschäft im Ort haben. Und die Eroglus, das sind doch wirklich sympathische Leute.«
    »Ja!« Die andere lächelte versonnen. »Neuerdings reißt sich sogar mein Sohnemann darum, einkaufen zu gehen. Aber nur wenn die Ayse hinter der Theke steht.« Sie zwinkerte ihrer Freundin zu. Die kicherte. »Und da ist er nicht der Einzige! Das Mädchen ist ja auch eine kleine Schönheit.« Dann wurde sie wieder ernst. »Herr Pfarrer, die Frauenhilfe hat sich überlegt, dass wir den Eroglus einen Brief schreiben wollen. Wie Leid es uns tut und dass sie doch bitte den Laden wieder öffnen sollen. Vielleicht könnte man auch ein bisschen was sammeln.«
    »Das ist eine ganz ausgezeichnete Idee!«
    Van Appeldorn und Astrid blieben noch über eine Stunde. Sie lernten eine Menge über die Bedeutung des Erntedankfestes in Nierswalde, erfuhren, dass der Pastor die Erntekrone segnen würde, dass man sich Psalm 23 wünschte, hörten Müttern zu, die sich darüber austauschten, wie man für die Kindergruppe im Umzug Broschen aus grünen Böhnchen und Ohrgehänge aus jungen Karotten bastelte. Noch etliche Male bedauerte man Eroglus Schicksal, beteuerte, dass es keiner aus dem Ort gewesen sein konnte. Nur über das Aussiedlerheim sprach niemand mehr.

7
    »Das Ding ist längst gegessen. Der baut.« Sie saß nackt auf der Bettkante und suchte unter dem Kopfkissen nach ihrem Nachthemd.
    »Seh ich auch so«, sagte er und drehte sich weg. »Warum ziehst du dich eigentlich aus? Wir haben noch was zu erledigen.«
    »Bist du krank? Doch nicht heute! Das halbe Dorf ist auf den Beinen.«
    »Nicht wenn wir erst gegen Morgen anfangen.«
    »Sag mal, tickst du das nicht? Wir brauchen Stunden. Frühestens Montag, wenn alles wieder ruhig ist. Also, mach keine Panik.«

8
    Am Samstag fuhren Astrid und van Appeldorn nach Wesel, um noch einmal mit Ayse und Hüseyin zu sprechen.
    Bis zum Schluss fanden sie nicht heraus, wie viele Menschen eigentlich in dem großen Haus an der Sandstraße lebten. Unzählige Kinder liefen herum und machten Lärm, da waren Frauen, die anscheinend kein Wort Deutsch sprachen, alte und junge Männer und mittendrin Ayse und Hüseyin, ernst und still.
    Das Zimmer, in das man sie führte, war überladen mit Teppichen und Polstermöbeln, aus einem billigen Kassettenrekorder plärrte unerträglich laut orientalische Musik.
    Man brachte ihnen Gläser mit süßem Tee, lächelte, aber sie fühlten sich nicht willkommen. Unter dem aufmerksamen Blick des Onkels, der auf dem Sofa thronte, wurden die Antworten der beiden Eroglus immer einsilbiger. Niemand schien ein Interesse daran zu haben, den Brandstifter zu finden.
    Schließlich bestellte van Appeldorn die Geschwister für Dienstag aufs Präsidium – allein.

    Auch Peter Cox machte Überstunden.
    Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Brandanschlag sich als Racheakt

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