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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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war verschwunden und sie hatten begonnen, das Betonfundament zu entfernen, was nicht einfach zu sein schien.
    Der Bauleiter war mal wieder in Rage. »Wat für ’n Arsch hat den Speis gemacht? Dunkelblau! Eisenmatte! Ich glaub, et hackt. Dat muss mir ’n Experte gewesen sein! Wie ’n Elefantenkäfig. Weg, Jungs, so wird dat nix! Mario, komm mit dem Bagger! Un’ der Rest nimmt die Brecheisen. Wär doch gelacht!«
    Dann entdeckte er Astrid. »Na endlich, wurd ja auch langsam ma’ Zeit! Nehmen Sie meine Anzeige auf.« Mehr konnte sie nicht verstehen, denn Mario hatte den Bagger gestartet. Die Betonplatte gab endlich nach, wurde hochgehoben und zur Seite gekippt. Da fuhren die Arbeiter auseinander. »Wat is’ dat denn? Da!«
    Astrid sah entsetzte Gesichter.
    Sie spähte in die Grube und schrie auf. Aus dem Schlamm ragte ein schwärzlicher Arm.
    »Klaus!«
    Er war schon neben ihr.
    »Was ist das?«, flüsterte sie. »Eine Mumie?«
    Van Gemmern lief zu seinem Wagen und zog sich Overall, Stiefel, Haube, Mundschutz und mehrere Paar Handschuhe an. Dann stieg er vorsichtig in die Gruft hinab.
    Er arbeitete behutsam und legte nach und nach einen monströsen Körper frei.
    »Was ist das?«, fragte Astrid wieder. Das konnte doch kein Mensch sein!
    »Eine Fettwachsleiche.« Van Gemmerns Augen glänzten. »Ich habe zwar noch nie eine live gesehen, aber ich bin sicher. Toppe soll kommen.«
    Toppe wunderte sich, dass der Anblick des Leichnams ihm so wenig ausmachte. Normalerweise fiel es ihm schwer, einen Toten anzuschauen, und wenn er bei Sektionen dabei sein musste, wurde ihm regelmäßig schlecht.
    Dieses Wesen hier hätte ein Exponat in einem Museum sein können, eine Moorleiche vielleicht, nur war es wesentlich bizarrer. Die Haut war schwarzbraun verfärbt, das Gewebe darunter gedunsen, aufgequollen, wulstig deformiert. Besonders das Gesicht hatte nichts Menschliches mehr. Nur mit Mühe konnte man erkennen, dass der Unterkiefer fehlte.
    Als van Gemmern, der ungewöhnlich aufgeregt wirkte, vorsichtig einen weiteren Schlammplacken entfernte, sahen sie, dass die Kreatur einmal ein Mann gewesen war.
    »Ich brauche meine Kamera.« Van Gemmern krabbelte aus der Grube. »Sie können den Bestatter schon anrufen. Dauert nicht mehr lange hier. Ach ja, ich wäre übrigens gern dabei, wenn Bonhoeffer die Sektion macht. Sagen Sie mir Bescheid?«
    Toppe nickte.
    Astrid stand ein Stück weiter weg und kümmerte sich um einen Arbeiter, der noch immer am ganzen Körper zitterte. Der Bauleiter sorgte dafür, dass die Schaulustigen, die sich inzwischen eingefunden hatten, nicht näher kamen. Es waren nur drei Leute, viel weniger, als Toppe gewöhnt war. Gerade in einem so kleinen Ort sprachen sich Ereignisse pfeilschnell herum und normalerweise hielt man seine Neugier nicht im Zaum.
    Als van Gemmern zurückkam und anfing zu fotografieren, ging Toppe zu Astrid hinüber. »Geht’s wieder?«
    Sie hob die Schultern. »Muss wohl … Ich weiß auch nicht, warum ich in letzter Zeit so empfindlich bin.« Dann sah sie sich um. »Es ist irgendwie komisch hier, findest du nicht?«
    »Das hab ich auch gerade gedacht … Mist!«
    »Was ist?«
    »Es fängt wieder an zu regnen.«
    Van Gemmern brüllte schon und sie liefen los, um ihm mit der Abdeckplane zu helfen.

    Toppe folgte dem Leichenwagen, der den Toten in die Pathologie nach Emmerich bringen sollte. Als sie auf den Klever Ring einbogen, ließ er sich über die Zentrale eine Verbindung zu Arend Bonhoeffer, dem Chefpathologen, herstellen.
    »Eine Fettwachsleiche!« Bonhoeffer verlor mit einem Schlag all seine übliche heitere Besonnenheit.
    »Ja, Fettwachs, sagt van Gemmern wenigstens.« Toppe erkannte den Mann, mit dem er seit über zwanzig Jahren befreundet war, kaum wieder. »Was habt ihr denn bloß alle?«
    »Das erkläre ich dir, wenn du hier bist. Wo seid ihr jetzt?«, fragte Bonhoeffer ungeduldig.
    Er wartete schon an der Einfahrt zur Prosektur, zusammen mit seinem Assistenten Henry, den Toppe mittlerweile auch schon ganz gut kannte. Schließlich war er der Geliebte seiner Exfrau und ging bei ihnen auf der Esperance ein und aus.
    Mehr denn je erinnerte Henry ihn an einen Indianer aus einem alten Western, wie er da stand, über zwei Meter groß, breit, das schwarze, lange Haar heute mal nicht zum Pferdeschwanz gebunden. Er war Belgier, Flame, und wenn er den Mund aufmachte, hatte er gar nichts Indianisches mehr. Er redete gern, laut und viel.
    »Da bringst du uns ja endlich mal was richtig

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