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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Feines«, kollerte er und riss die Türen am Leichenwagen auf. Auch er schien es gar nicht erwarten zu können.
    »Ich geh mal kurz zur Toilette«, murmelte Toppe und Bonhoeffer zwinkerte ihm verständnisvoll zu. Sein Freund kam am liebsten erst herein, wenn der Leichnam bereits auf dem Sektionstisch lag.

    Henry klopfte mit den Fingerknöcheln auf dem Oberschenkel des Toten herum. »Mann, da werden wir ganz schön ackern müssen. Ohne Hammer und Meißel läuft hier nichts.«
    Toppe schüttelte sich. »Jetzt klärt mich doch mal auf.«
    Arend Bonhoeffer ging langsam um den Tisch herum, tastete, schnupperte.
    »Adipocire«, sagte er dann, »Fettwachs. Gibt es nur bei Leichen, die im Wasser liegen oder in besonders feuchten Erdgräbern. Sauerstoffmangel ist eine Voraussetzung und feuchte Wärme. Oft findet man diese Form bei Leichen in der Mitte von Massengräbern.« Er schaute fragend hoch.
    »Nein«, meinte Toppe, »danach sah es nicht aus. Aber ich überprüfe das noch mal.«
    »Wie auch immer, das subkutane Fett wird in wachsiges Material hydrolysiert, in so genanntes Leichenwachs.«
    »Was schätzt du, wie lange ist der schon tot?«
    Bonhoeffer rieb sich das Kinn. »Ein paar Monate mit Sicherheit, vielleicht Jahre.«
    »Monate?« Toppe machte große Augen. »Ich hatte eher an Jahrhunderte gedacht.«
    »Ach was, nein.« Bonhoeffer betastete den Brustkorb des Leichnams. »Trocken, mörtelartig. eher Jahre als Monate, würde ich auf den ersten Blick sagen. Das Muskeleiweiß bleibt zunächst einmal erhalten, aber nach einer gewissen Zeit. Einfach fantastisch!« Er richtete sich wieder auf. »Genaues kann ich dir wirklich erst nach der Sektion sagen, tut mir Leid. Na, was ist, Helmut? Brauchst du einen Calvados?« Toppe grinste. »Heute nicht, danke.« Henry hatte den Toten auf die Seite gedreht und untersuchte den Hinterkopf. »Arend!« Bonhoeffer ging um den Tisch herum. »Interessant! Das könnte den fehlenden Unterkiefer erklären.«
    Toppe wusste, dass es keinen Sinn hatte weiterzubohren. »Wann kriege ich eure Ergebnisse? Morgen Nachmittag?«
    Beide schauten ihn befremdet an. »Morgen?«, meinte Bonhoeffer schließlich. »Nein, auf keinen Fall. Eine Fettwachsleiche. das musst du verstehen. In dieser Ausprägung bekommt man so etwas fast nie zu Gesicht. Ich bin sicher, dass zumindest die Kollegen aus Wien und Bologna dabei sein möchten, wenn wir den Leichnam öffnen. Aber ich werde ein bisschen Druck machen, dann hast du deine Ergebnisse vielleicht schon am Wochenende.«
    Henry drehte den Toten wieder auf den Rücken. »Sieht ganz so aus, als wäre Fatty erschossen worden, oder was meinst du?«

10
    Die Nase dicht vor dem Badezimmerspiegel, schnippelte er mit der Nagelschere an seinem Bart herum, als sie hereinkam.
    »Wir hätten das früher ticken müssen, aber wir haben gepennt, uns selber eingelullt.«
    »Baby, mach keine Panik!« Sie lachte, ihre Blicke begegneten sich im Spiegel. »Keiner kann uns was. Die Pigs schnallen das nicht.«
    »Scheißbullen!«
    »Baby.« Sie schob sich zwischen ihn und das Waschbecken und presste ihre Brüste gegen seine Rippen. Mit einer Hand zog sie seinen Kopf zu sich hinunter, mit der anderen fuhr sie ihm in den Schritt. »Ich will ficken.«
    Er wich angewidert zurück, aber sie rieb und knetete.
    Als er ihre Brüste umfasste, stöhnte sie und warf den Kopf zurück.
    Er kniff so fest zu, dass sie schrie.
    »Ich hab keinen Bock mehr auf alte Fotzen, kapiert?«
    Sie hielt sich die rechte Brust. »Du hast keine Wahl, Baby«, sagte sie kalt.

11
    Charlotte Meinhard wurde nervös. Nierswalde war in aller Munde. Schon der Brandanschlag auf das kurdische Geschäft hatte für eine Menge Wirbel in der Presse gesorgt, aber seit dem Fund des Monsters aus dem Schlamm, wie eine überregionale Zeitung getitelt hatte, stand das Telefon im Büro der Chefin nicht mehr still. Am schlimmsten waren für sie die Fragen nach dem Sinn und Zweck einer Musterbehörde, die nicht in der Lage war, eine simple Brandstiftung aufzuklären. Der Modellversuch ›Kundenorientiertes Steuerungsmodell‹ am Klever Präsidium war schließlich ihr Kind.
    Beim zweiten Treffen, zu dem sie das KK 11 zusammenrief, verlor sie zum allerersten Mal für eine Weile die Fassung. »Ich verlange, dass Sie gemeinsam an beiden Fällen arbeiten, und zwar mit doppeltem, wenn nicht dreifachem Einsatz! Ist das klar? Und ich muss Ihnen ja wohl nicht sagen, wie man so etwas koordiniert.«
    Van Appeldorn zog die Augenbrauen hoch.

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