Die Schatten schlafen nur
»Korrigieren Sie mich bitte, wenn ich falsch liege, aber haben Sie nicht erst vor einer knappen Woche darauf bestanden, dass wir in zwei getrennten, neuen Teams arbeiten?«
Die Meinhard riss an ihrer Perlenkette, als wäre sie ihr zu eng geworden. »Ihr Sarkasmus, Herr van Appeldorn, bringt uns nicht weiter. Und im Übrigen vergreifen Sie sich im Ton!«
Er legte die Handflächen gegeneinander und verneigte sich schweigend. Sie sah gar nicht hin. »Und Sie, Herr Cox, wieso haben Sie über das Netz immer noch nichts über diese kurdische Familie herausgefunden? Zeit genug hatten Sie ja wohl!«
Peter Cox blieb ganz freundlich. »Ich verbringe pro Tag exakt fünf Stunden am PC und keine Minute länger. Es gibt genügend arbeitsmedizinische Untersuchungen, die belegen, dass damit bereits die Strahlungstoleranz überschritten ist. Aber das wissen Sie doch schon seit meiner Einstellung.«
Toppe fing an, sich auf die Zusammenarbeit mit diesem Mann zu freuen. Bisher hatte er ihn nur als reichlich verschroben abgetan.
Peter Cox trug grundsätzlich dunkle Maßanzüge mit kragenlosen Hemden und teure italienische Schuhe. Wenn er nach draußen ging, hüllte er sich in einen fast bodenlangen Mantel und setzte einen breitkrempigen Hut auf. Er rauchte täglich exakt dreizehn Zigaretten: zehn filterlose Lucky Strike und nach den Mahlzeiten gestattete er sich je eine Philip Morris. Außerdem nahm er dreimal täglich genau zwei Stücke Toblerone-Schokolade zu sich. Die Portionen waren säuberlich in Alufolie abgepackt. Er bot niemals jemandem etwas an, es wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.
»Ach, Herrgott noch mal!« Charlotte Meinhard brauste noch mal auf, aber dann hatte sie sich urplötzlich wieder im Griff. »Ich schlage vor, Sie kümmern sich alle einstweilen ausschließlich um den Brandanschlag. Die Öffentlichkeit ist dabei, uns zum Popanz zu machen, und weder Ihnen noch mir steht diese Rolle. Sollte es nötig sein, bin ich gern bereit, Ihnen einen zusätzlichen Mann zur Verfügung zu stellen, damit die Sache endlich vom Tisch kommt. Auf Herrn Ackermann können wir diesmal allerdings nicht zurückgreifen. Der hat kurzfristig Urlaub genommen, weil er dringende Reparaturen an seinem Haus vornehmen muss.«
»Da sind wir aber traurig«, murmelte van Appeldorn, der ein höchst gespaltenes Verhältnis zu diesem Kollegen vom Betrugsdezernat hatte, aber wieder beachtete die Meinhard ihn nicht. »Herr Toppe, bitte übernehmen Sie die Koordination. Sie haben meine volle Unterstützung.«
Sie trafen sich an Cox’ Computer und zündeten sich erst einmal alle eine Zigarette an. Nur Cox verzichtete, nachdem er die Kippen in seinem Aschenbecher gezählt hatte.
»Übrigens«, sagte er, »ich habe meine Überprüfungen abgeschlossen. Nichts zu finden, die Eroglus sind sauber.«
»Na, dann koordiniere ich mal«, meinte Toppe, setzte sich und nahm ein Blatt Papier. Wenn er nachdachte, machte er sich meistens Notizen und oft entdeckte er später darin den roten Faden. »Was haben wir oder vielleicht besser: Was haben wir nicht? Wir haben bisher keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Brandstifter aus Nierswalde kommt, richtig? Und es gibt keinen konkreten Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem Vandalismus an der Baustelle und dem Brandanschlag. Im Grunde haben wir bisher nicht einmal ein stichhaltiges Motiv. Vielleicht sollten wir da noch einmal ansetzen. Du hast doch gestern wieder mit den Geschwistern Eroglu gesprochen, Norbert. Ist was dabei rumgekommen?«
»Nichts Neues. Aber wenn ihr mich fragt, die haben vor irgendwas Angst, besonders Ayse.«
Astrid wickelte sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger. »Mir geht die ganze Zeit im Kopf herum, was die beiden Frauen in Nierswalde erzählt haben: Ihre Söhne würden freiwillig einkaufen gehen, wenn Ayse im Laden ist, und sie wäre so ein hübsches Mädchen. Vielleicht hat sie denen ja nicht nur schöne Augen gemacht.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, erwiderte van Appeldorn. »Aber selbst wenn, das erklärt doch den Brand nicht.«
»Doch, doch«, meinte Cox. »Wie soll ich das ausdrücken? Ist das eine traditionelle Familie? Ich meine, ist das Mädchen vielleicht irgendwem versprochen?«
Astrid sah van Appeldorn an. »Keine Ahnung …«
»Also gut«, beschloss Toppe. »Es lohnt sich auf jeden Fall, in der Richtung zu suchen. Zwei von uns fahren nach Wesel. Ruf doch mal an und guck, ob die da sind.«
Astrid ging zum Telefon.
In diesem Augenblick klopfte es und van
Weitere Kostenlose Bücher