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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Gemmern kam ins Zimmer. »Ich habe meine Ergebnisse ausgewertet. Interessiert das im Moment?«
    Er hatte schöne, klare Fingerabdrücke am Bagger gefunden, die weder vom Baggerführer noch von den Arbeitern stammten. Die gleichen Fingerspuren gab es auf einem Schraubenschlüssel, der am Tatort gelegen hatte. Leider waren die Abdrücke nicht registriert. Weiter gab es Spuren von Gummistiefelsohlen. »Wenn Sie mir die Stiefel bringen, kann ich sie problemlos abgleichen. Da gibt es ein paar eindeutige Merkmale. Außerdem müssten Reste von Karbolineum in den Profilrillen sein.«
    Mit der Auswertung des Erdreiches aus der nassen Gruft unter dem Betonfundament war er noch nicht fertig. Bisher hatte er ein paar Fasern gefunden, die von Kleidung stammen konnten, und einen hellblauen Knopf, der vermutlich einmal zu einem Hemd gehört hatte. »Ich kann allerdings mit Sicherheit feststellen, dass es sich nicht um ein Massengrab handelt«, sagte van Gemmern mit einem seltenen Anflug von Humor in der Stimme. »Die Sektion ist übrigens für Freitagmorgen um 6 Uhr angesetzt. Ich habe vor einer halben Stunde mit Bonhoeffer gesprochen.«
    Toppe nickte ergeben. Mittlerweile war er an diese unchristlichen Zeiten gewöhnt. Pathologen hatten, was Leichenöffnungen anging, ihre ganz eigene, jahrhundertealte Tradition. »Sollen wir uns hier um Viertel nach fünf treffen? Dann können wir zusammen hinfahren.«
    Astrid hatte ihr Telefonat beendet. »Ayse ist nicht da. Sie macht Urlaub in der Türkei. Der Brand habe sie seelisch doch sehr mitgenommen, sagt ihr Bruder.« Sie sah wütend aus. »Der Onkel, den ich dann plötzlich ungefragt an der Strippe hatte, meint, Ayse hätte einen schweren Schock und sie wäre bei Verwandten, um sich zu erholen. Mindestens für ein paar Wochen, aber es könnte auch sein, dass sie gar nicht mehr nach Deutschland zurückkommt.«
    Die Tür klappte, van Gemmern war gegangen.
    »Prima!« Peter Cox rieb sich die Hände. »Wir scheinen endlich auf der richtigen Spur zu sein. Hut ab, Astrid!«
    »Ich schätze, wir müssen wohl zunächst mal diesen einkaufenden Söhnen auf den Zahn fühlen«, meinte van Appeldorn säuerlich.
    »Wie ist dieser Hüseyin?«, wollte Toppe wissen. »Kriegt man den geknackt?«
    Van Appeldorn zuckte die Achseln. »Auf die Dauer bestimmt.«
    »Okay, dann versuche ich mal mein Glück. Ich fahre mit Peter nach Wesel. Für euch heißt das …«
    ». schon wieder Nierswalde«, vollendete Astrid den Satz.
    Van Appeldorn streckte seine langen Glieder. »Vielleicht sollte ich mich wegen unserer neuen Wohnung mal in diesem beschaulichen Dorf umtun. Würde eine Menge Kilometer sparen. Und wenn jetzt meine Liebste auch noch da arbeitet.«

    Diesmal bemühte sich die Familie Eroglu gar nicht erst, ihre Ablehnung zu verbergen. Auch die paar Brocken Kurdisch, die Peter Cox zusammenstoppelte, halfen nicht. Hüseyin war offenbar verunsichert, weil er es plötzlich mit anderen Polizisten zu tun hatte, er kriegte die Zähne nicht mehr auseinander. »Ich muss Sie bitten, noch einmal mit uns ins Präsidium zu kommen«, forderte Toppe ihn auf.
    »Bin ich verhaftet?«
    »Nein, natürlich nicht. Wir werden Sie nur noch einmal vernehmen müssen.«
    »Aber ich kann Ihnen nichts anderes sagen!«
    Der Onkel, der wieder schweigend die Szene beherrscht hatte, zischte ein paar Worte und Hüseyin fügte sich. Mit hängenden Schultern folgte er ihnen zum Wagen.

    Astrid konnte es gar nicht glauben, dass sie auf Anhieb Glück hatten, und auch van Appeldorn wirkte ein wenig vor den Kopf gestoßen. Keiner von beiden war wohl davon ausgegangen, in Nierswalde jemals auch nur irgendeine Antwort zu bekommen.
    Der Pastor hatten ihnen die Adressen der Damen von der Frauenhilfe gegeben und glücklicherweise entpuppte sich die forschere der beiden als Klatschbase. Ihr Sohn sei nicht zu Hause, Nachmittagsunterricht, so sei das nun mal auf dem Gymnasium, da könne man nichts machen. Aber wo dachten Sie denn hin? Sie hätte doch am Freitag nur einen Scherz gemacht! Ihr Junge sei doch gerade erst sechzehn geworden und er wäre sowieso viel zu schüchtern. Doch sie hätte da so einiges munkeln hören, was den Ältesten von Naujocks anging. »Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn der sich nicht abends immer mit der Ayse auf dem Spielplatz rum drückt. Tja, jetzt ist das Häuschen ja nicht mehr da. Pech! Aber bitte, ich habe nichts gesagt! Den Stefan müssen Sie nicht lange suchen. Der ist bei uns in der Lehre.«
    Stefan Naujock

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