Die Schatten schlafen nur
wach. Willst du mal fühlen?«
»Was ist denn das hier für ein Lotterleben?«
Walter Heinrichs stand im Zimmer und lachte.
Mit einem Satz war Toppe aus dem Bett gesprungen und in seine Hosen gefahren. Sein Herz stolperte und ihm war schwindelig.
Astrid schnappte nach Luft und zog sich die Decke bis zum Hals. »Gütiger Himmel! Wie spät ist es?«
»Halb acht. Tut mir Leid, wenn ich euch erschreckt habe«, meinte Heinrichs reumütig. »Ich habe geklopft, aber es hat sich nichts gerührt. Da hab ich halt meinen Schlüssel benutzt. Die Lütte schläft noch. Soll ich schon mal Kaffee kochen?«
Toppe raffte seine restlichen Kleider zusammen. »Danke Walter, mindestens einen Liter.«
Keine halbe Stunde später rief van Appeldorn an. »Gut, dass ich euch noch erwische. In Nierswalde haben letzte Nacht wieder die Vandalen zugeschlagen. Eine Streife ist schon vor Ort und van Gemmern fährt gerade los. Wer von uns soll das denn jetzt übernehmen?«
Es war nicht schwer zu erraten, was van Appeldorn sich vorstellte, und Toppe hatte nicht die geringste Lust auf eine Diskussion. »In Gottes Namen, häng du dich weiter in deine Vernehmung, wenn es dich glücklich macht. Astrid und ich fahren gleich von hier aus ins Dorf.«
»Du hast verpennt.«
»Wieso?«
»Weil du dann immer so besonders gut drauf bist. Bis später.«
Van Gemmern hatte schon mit der Arbeit begonnen und ließ die beiden Streifenbeamten springen.
»Schläft der eigentlich irgendwann mal?« Toppe war immer noch vergrätzt.
»Helmut?«
»Was?«
»Komm mal her.« Astrid umarmte ihn. »Das war schön heute früh.«
Er küsste sie, dann lächelte er. »Ist schon gut. Ich reiß mich zusammen.«
Sie sahen sich die Bescherung an. Man hatte die Baugrube ausgehoben und gestern war eingeschalt worden. Die Täter hatten die gesamte Verschalung wieder herausgerissen.
»Da muss aber jemand über Bärenkräfte verfügen«, stellte Toppe fest.
»Kaum«, antwortete van Gemmern. »Die haben ein Auto benutzt. Sehen Sie die Reifenspuren hier? Vermutlich hatten die ein Seil am Wagen befestigt.« Er fiel auf die Knie und kroch, die Nase knapp über dem Boden, langsam vorwärts. »Ich korrigiere mich: Es war kein Seil, es war eine Kette. Damit haben sie dann den ganzen Rummel rausgerissen.«
»Ein Auto?« Astrid schlüpfte in ihre Jacke. »Wenn in einem Dorf nachts ein Auto herumkurvt, das muss man doch meilenweit hören. Von dem Scheppern dieser Eisenstangen hier mal ganz zu schweigen. Diesmal kann man uns nicht erzählen, man hätte nichts gehört und gesehen.«
Aber man konnte.
Am ersten Nachbarhaus öffnete mal wieder keiner, auch die Hintertür war verschlossen. In einem Gewächshaus trafen sie auf einen polnischen Arbeiter. Er radebrechte etwas von »Herr und Frau auf Markt«.
Im nächsten Haus trafen sie lediglich eine alte Frau an, die nicht nur stocktaub, sondern auch ziemlich verwirrt war.
»Wann kommt Ihr Schwiegersohn denn wieder?«, brüllte Toppe.
»Wiese? Wir haben keine Wiese mehr. Alles unter Glas.«
Auch Nachbar Nummer drei brachte sie nicht weiter. »Ich hab nichts gehört. Wenn Sie den ganzen Tag hart arbeiten würden, dann würden Sie nachts auch schlafen und nicht andere Leute ausspionieren.«
Seine Frau nickte bekräftigend nach dem Motto: Wenn mein Mann nichts hört, höre ich auch nichts.
Als sie wieder draußen waren, ging es mit Astrid durch. »Jeden Einzelnen von denen bestellen wir zur Vernehmung ein und dann wollen wir mal sehen. Irgendeiner geht dabei schon in die Knie, das schwör ich dir.«
Toppe war auch nicht gerade in Hochstimmung, aber er musste doch schmunzeln. »Du hörst dich an wie Norbert.«
»Du hast gut lachen. Du machst das hier ja heute auch zum ersten Mal mit.«
Rechtsanwalt Schlüter war gekommen und redete auf van Gemmern ein. Der ignorierte ihn völlig.
Toppe reichte Schlüter die Hand und stellte sich vor.
»Na endlich! Ich kenne Sie aus der Zeitung. Sie scheinen mir ja kompetent zu sein. Was haben Sie bisher ermittelt?«
»Es tut mir Leid«, antwortete Toppe verbindlich. »Wir sind noch nicht so weit, dass wir mit unseren Ergebnissen an die Öffentlichkeit gehen können.«
Schlüter guckte erst verdutzt, dann lachte er schallend. »Hervorragend formuliert, muss ich mir merken. Hören Sie, ich sehe ein, dass die Polizei nicht die ganze Nacht ein Auge auf meine Baustelle haben kann, deshalb habe ich jetzt einen privaten Wachdienst beauftragt. Ab heute wird die ganze Nacht ein Mann im Bauwagen sitzen.
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