Die Schatten von La Rochelle
Protestanten in Béarn verschaffte, w a r er erl e ichtert; auf irgendeine W eise war es dem elenden kleinen Miststück zum Schluß doch noch gelungen, ihn zu verunsichern.
Marie war nicht überrascht, als m an ihn verwundet und fiebernd zurückbrachte. Sie saß auf einem Stuhl in seinem Z i m m er und beobachtete ih n . Sie hatte d as Person a l für den Tag entlassen; sie waren allein. Neben ihr stand ein Krug m it W asser, da lagen Salben und Verbände, aber sie rührte sich nicht.
»Eure W unde ist sehr ernst, Monsi e ur«, sagte Marie, als si e sicher war, daß er wußte, wo er sich befand, sie erkannt hatte und sie verstehen konnte. » W enn m an sie nic h t behandelt, werdet Ihr diese Nacht kaum überleben.«
» W asser«, ächzte er.
»O ja«, stim m t e sie zu, »ich bin sicher, daß Ihr Durst habt. Deswegen steht der Krug hier.«
Antoine du Roure hatte im m er über die poetischen Anwandlungen einiger seiner Freunde gespottet, aber nun fiel ihm wieder ein, was einer von ihnen gesagt hatte: » W ir vergessen so häufig, daß der Tod weiblich ist . «
Er hatte es vergessen, bis er ihn vor sich sah. L a m ort. Eine junge Frau, die m it ruhig übereinanderge le gten Händen in sei n em Blick f eld saß, jedoch außerhalb seiner Reichweite, und ihn m it ihren schwarzen Augen unentwegt anschaute.
»Hexe!« schrie er. »Hure! Mörderin!«
Die ganze N acht lang brüllte er, ver f luchte sie, b ett e lte sie da nn um Hilfe an, verwünschte si e wieder, bis ihm die Stim m e versagte. Danach röchelte er nur noch, aber es d auerte wirklich bis zum Morgengrauen, ehe er starb.
Als alles v o rbei war, s t and Marie a u f . Ihre Knie zitte r ten; s ie hatte sich die ga n ze Nacht l a ng nicht von der Stelle bewegt. Sie trat zu ihrem G e m a hl und schloß ihm die Augen. Ich habe eine T odsünde begangen, dachte sie.
Es spielte keine Rolle, daß sie ihm die W unde nicht beigebracht hatte. Durch die Verweigerung jeglich e r Hilfe hatte sie ihn so sicher getöt e t, als hätte s ie i h m ein Mes s er ins Herz gestoßen. Sie wartete, aber das Gefühl der Reue stellte sich nicht ein; ein m erkwürdig taubes Entsetzen erfüllte sie, zusam m e n m it einer bitter sch m eckenden Befriedigung.
7. KAPITEL
Als sie der Fa m ilie i hr en Entsc h l u ß m itteilte, glaubte i h r zuerst nie m and, und dann versuchte jeder, sie davon abzubringen.
»Findet Ihr nicht, daß Ihr etwas zu heftig reagiert, m ein Kind ? « fragte Mada m e du Roure. »Es ist gewiß ein sehr frommer Gedanke, aber…«
Tante Nicole, die ihr erstes Kind erwartete und da m it bis auf weiteres ihre Angstanfälle überwunden zu haben schien, sah etwas tiefer und sagte nervös: »Nicht jeder Mann ist gleich, Marie.«
Das freut mich für Euch, Tante, d a chte Marie. Margot, der sie den wahren Grund vielleicht anvertraut hätte, war nicht hier, um ein Urteil abzugeben; m an hatte sie m it dem reichen Sieur de Puylaurens verheiratet, der sich m it ihr a u f seine Güter zurückgezogen hatte.
Schließlich kam es zu der Unterredung, die sie erwartet und ge f ürchtet h a tte; ihr Onk e l ließ s ie zu sich rufen. Er verfügte inzwischen über ein Landhaus in Rueil, und der riesige Park m it seinen m ächtigen Eichen eri n nerte sie an das Poitou. Mit einem Mal hatte sie Hei m w e h.
»Man hat m i r berichtet«, sagte er, nachdem er ihr Tee hatte bringen lassen, »I h r beabsic h ti g t, bei den Kar m eliterin ne n einzutret e n, Nichte. Heißt d as nicht, d ie T rauer etwas zu weit trei b en?«
»Ich trauere nicht«, entgegnete sie kühl. »Ich habe m ehrere Gründe für m einen Entschluß, aber vor allem will ich verhindern, daß Ihr m i ch wieder verheiratet, Monseign e ur. Das Tr a uerja h r i s t b ald vo r bei, und obwohl der Sieur de Luynes nun tot ist, seid Ihr noch nicht wieder Minister. Ihr braucht noch w eitere Verbündete, und eine Heirat ist ein sicherer W eg.«
Er nippte ein wenig an seiner Tasse, ehe er zurückgab: » W enn ich Euch bäte, wieder zu heiraten, wäre es unchristlich, Euch zu widersetzen, ma n i èce.«
Sie begegnete seinem B l ick. »Ihr seid nicht m ein Vater, dem ich in solchen Dingen Gehorsam schuldete, Monseigneur.«
»Nein, aber da Euer Vater bedauerlicherweise nun ebenf a lls tot ist…«
»… wäre m ein Schwiegerv a t er d as Fa m ilie n oberhaupt, dem ich Respekt und Gehorsam schulde. Aber selbst in einem solchen Fall tritt die kindliche Gehorsa m spflicht zurück, wenn der Ruf an einen ergangen
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