Die Schatten von La Rochelle
heiratet in zwei W ochen in die F a m ilie C o ndé ein, die noch höher in der T hronfolge steht.«
Zu spät wurde ihm klar, wie m an das, was er da gesagt hatte, interpretieren könnte, und er fügte lahm hinzu: »Im übrigen hat die Fürstin bereits eingewilligt. Ich habe sogar m einer Mutter geschrieben, und sie ist begeistert.«
Cinq Mars, der den Kardinal dank dessen Fre u ndschaft zu seinem Vater bereits als Kind kennengelernt hat t e, erin n erte s i ch nicht, ihn je anders als wohlwollend erlebt zu haben, und hatte infolgedessen nie begriffen, warum andere Leute ihn als »furchterregend« bezeichneten. Das änderte sich jetzt sehr rasch. Der Kardinal stand langsam auf, und jedes seiner Worte bes a ß die verletzende W ucht eines Schwerthie b s.
» W enn das wahr ist«, sagte Rich e lieu sehr deutlich und präzise,
»ist Eure M utt e r ei n e Närrin. U nd wenn die F ürstin Marie-Louise diese Ehe erwägt, dann ist sie ei n e noch größere Närrin als E ure Mutter!«
Es war eines der wenigen Male in Cinq Mars’ Leben, daß er nicht wußte, was er sagen oder tun sollt e . Schließlich verbeugte er sich knapp, m it weißen Lippen und zitternd vor Zorn.
»Monseigneur!«
Als er hinausstür m te, dachte er erbittert: De Thou hat recht. Er ist ein Ungeheuer! Dieser neidische alte Dreckskerl m i ßgönnt m i r m einen Platz an der Sonne! Aber ich werde…
Er wußte noch nicht genau, was er tun würde. Aber er würde d e m Kardinal auf jeden Fall beweisen, daß auch ein Richelieu für den König nicht unersetzlich war.
Raoul erwachte irgend w ann in der Nacht und wußte im ersten Augenblick nicht, wo er sich befand. Er konnte sich vage erinnern, daß Paul ihn bis zu einem Gebäude ges c hleppt hatte, das verdächtig wie das Palais C ardinal aussah, was aber un m öglich war. Er öffnete die Augen und sah im Schein eines Ka m infeuers seinen Bruder und eine ihm unbek a nnte Da m e in seiner Nähe sitzen. B eide schwiegen, aber es hatte den Anschein, als handele es sich n u r um eine Pause in einem längeren Gespräch. Dann sagte die Da m e leise:
»Ich bin neugierig, Monsieur d ’ Irsd m asens. Woher habt Ihr gewußt, wer ich bin ? «
Paul antwortete nicht sofort. Dann t a t e r e twas Erstaunli c hes: E r ergriff die Hand der D a m e, nicht s c hnell, sondern bestimmt, als sei es das Natürlichste auf der W elt. Ihre Augenbrauen zogen sich zusam m en, aber sie rührte sich nicht.
»Eure Hände, Mada m e«, sagte er. » W ißt Ihr, wie selten m akellos schöne Hände sind, jeder Finger l a ng, feingliedrig und perfekt gefo r m t? Ich habe sie nur ein m al in m einem Leben gesehen.«
Die W orte stellten an u nd für sich ein Ko m pli m ent dar, d och der Tonfall, in dem Paul sie auss p rac h , ließ Raoul die wär m ende Bettpfanne, die ihm eine gütige Seele unter die Decke gelegt haben m ußte, vergessen. Seine Haare stellten sich auf; nun war kein Zweifel über seinen Aufenthaltsort m ehr m ö glich.
»Makellos«, sagte Paul noch ein m al und löste seine Hand von der ihren. Keiner von beiden sprach in dieser Nacht noch ein W o r t, ab e r Raoul konnte dennoch nicht m ehr e i nschlafen. Ein neuer Gedanke hielt ihn wach: Paul hatte die Ang r eifer lange vor ihm b e m erkt. Es wäre Zeit genug gewesen, ihnen gänzlich auszuweichen. Hatte Paul seinen, Raouls, m öglichen Tod in Kauf genommen, nur um ihn hierherbringen zu können, in dieses Haus, zu dieser Frau?
9. KAPITEL
Der Schnee hatte den Park von Rueil in eine Landschaft voller seltsa m er weißer Skulpturen verwandelt. Das klei n e Château in seinem Herzen sah nur wie die größte von ihnen aus, mit seinen halb m ondfö r m igen Seitenflügeln, die ein q u adratisches Zentrum u m s c hlossen.
»Ich bin froh, daß Ihr m ich eingeladen habt, den Dre i königstag hier m it Euch zu verbringen, Monseigneur«, sagte der hochgewachsene Italiener, der Richelieus Liebl i ngsprotege war. »Keine königliche Jagd, an der ich teilneh m en m uß!«
»Keine Empfänge, auf denen Ihr glänzen könnt«, entgegnete der Kardinal, der die Schwäche seines bevorzugten Mitarbeiters kannte und ihn gerne da m it neckte.
»Eure Schneider werden sich die Augen ausweinen, von den J uwelieren ganz zu schweigen«, fiel Richelieus Nichte ein.
Giulio Mazzarini hob die Hände. »Gnade, Gnade! Ich ergebe m i ch.«
Während er die belustigten Bli c ke beobachtete, die Richelieu und Marie de Vignerot austauschten, fü h lte e r sich glücklich. Natü r li c h
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