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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte e r dem Kardinal a b sichtlich g e s ch m eichelt, aber er war m it seinen Sch m eicheleien gewöhnlich d e swegen so er f olgr e ich, weil s ie einen wahren Kern enthielten. Er hatte nie bedauert, seine Karriere als päpstlicher Nuntius gegen die als titellos e r Untergebe n er eines fr e m den Ministers in einem fr e m d e n Land eingetauscht zu haben. Es gibt nur wenige Stunden im Leben, dachte Giulio Mazzarini, v o n denen m an wirklich weiß, daß sie Sternstunden sind. Seine Begegnung m it Richelieu in L yon vor ze h n Jahren hatte dazugehört.
    »Nun, wir werden sehen, was wir hier für Eure Unterhaltung tun können, Col m ardo«, sagte der Kardinal. »Marie wäre sicher zu einem weiteren Spiel bereit.«
    Seine Nichte lachte. » I hr wollt nur zusehen, wie er m ich schlägt, weil Ihr es nicht könnt.«
    Aber sie klingelte und ließ sich ein Kartenspiel bringen. Richelieu beobachtete sie da b ei, wie sie d ie Karten geübt m i schte, und entspannte s ich zum ersten Mal seit Tagen ein wenig. Er hatte vorgegeben, den V orbereitungen zur Hochzeit von Claire Cle m ence m it Condés Sohn im Palais Cardinal e n tkom m en und deswegen für zwei Tage nach Rueil fahren zu wollen, aber in W irklichk e it brauchte er ein wenig Ungestörthe i t und Zeit zum Nachdenken.
    Er hatte Cinq Mars, seinem offenbar überbordenden Selbstvertrauen zum Trotz, nie für eine Gef a hr gehalten. Dazu war der junge Mann nicht intelli g ent g enug, und da er, Richelieu, dessen Fa m ilie etwas schuldete, war es nur naheliegend gewesen, ihn an den Hof zu bringen, um den König bei Laune zu halten. Die G e m ütsverfassung des Königs nicht aus den Augen zu verlieren w ar etwas, das er nie m ehr vernachlässigen würde.
    Er hatte den König ein m al unterschätzt und als Entschuldigung nicht m ehr vorzubringen als den U m st and, daß er da m als selbst noch jung genug gewesen war, um zu gl a uben, alles sofort erreichen zu müssen, und der direkte Weg zur Macht hatte über die Königin m utter und Concini geführt und nicht über einen unglücklichen, finsteren Jungen, der von nie m ande m , von seiner Mutter am allerwenigsten, beachtet w u rde. Nun, er hatte zwei Jahre lang in Avignon für diese Fehleinschätzung bezahlt, und nicht er allein.
    Danach hatte er es sich zur lebenslangen Aufgabe ge m acht, den König zu studieren. Louis verfüg t e nicht über die schnelle Auffassungsgabe wie beis p i elsweise Gi u lio Mazzarini, der gerade eine Gri m asse zog, als Marie m ehrere Tru m pfkarten nebeneinander auslegte, aber er war nicht dum m , und vor allem war er oft unberechenbar in seinen Zuneigungen und A b neigungen. Er hatte Freunde an sich gezogen und übergangslos, ohne warnende Vorzeichen, wieder fallen lassen, und an jenem zehnten Nov e m b er 1630, an d e m sich alles e n tsc h ied, an d em Tag der Ge p rellten, hatte nic h t nur die Königin m utter lange geglaubt, er habe sich für sie und gegen Richelieu entsc h ieden. Seither wa r en die Fei n de des Kardinals geneigt, anzuneh m en, der König sei Wachs in seiner Hand, doch Richelieu selbst beging die s en Fehler nie. Er hatte ein m al zu Mazzarini g esagt, d i e paar Meter des königlichen Arbeit s zim m ers seien schwerer zu erobern als das restliche E uropa, und er hatte es so g e m eint. Die einzige Konstante, m it der man bei Louis rechnen konnte, war, daß er das Wohl des Staates im m er an die erste Stelle setzte, vor jede persönliche Vorlie b e. Bisher.
    Es war schwer genug gewesen, den König von der Notwendigkeit einer Allianz m it einer protestan t ischen Macht gegen Spanien und die Habsburger zu überzeugen; und ehe Cinq Mars auf der Bildfläche erschienen war, hatte Louis in einer seiner zutiefst unglücklichen Phasen angedeutet, er wolle Fri e den m it Spanien schließen, ganz gleich, zu welchen Bedingungen. Das wäre ein Desaster gewesen. Es konnte nur eine führende katholi s che Macht in Europa geben, und Richelieu wußte, wußte es m it jeder Faser sei n es Seins, das m ächtige Spanien hatte seinen Höhepunkt überschritten. Es war die ein m alige Chance, die richtige Zeit und der r i chtige Ort in der W eltgeschichte, und es wäre geradezu lachhaft, wenn diese Chance verspielt würde. Nicht von dem aufsässigen, selbstherrlichen Hochadel, denn er hatte ihm die Klauen gezogen, nicht von den Hugenotten m it ihrem Staat im Staate, denn er hatte sie gebrochen, sondern von einem törichten jungen Mann.
    Das Problem war, er konnte Cinq Mars dem König jetzt

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