Die Schatten von La Rochelle
gestatten«, sagte der Schützling des Kardinals, »würde ich Euch gerne eine Frage stellen.«
Sie m achte eine schwache zustimmende Handbewegung und zerbrach sich immer noch den Kopf, wie dieser neuen Strategie zu begegnen war.
W i eder wechselte der Italie n er i n s Spanische ü ber, das er, wie sie widerwillig einge s tehen mußte, aus g ezeich n et s p rach.
»Es ist lange her, daß ich in Madrid war«, sagte er, »aber ich habe m i ch i mmer nach d e m Gesch m ack der Schokolade zurückgesehnt, die ich dort kennengelernt hatte, und doch nie je m and g e funden, der es verstand, sie zuzubereiten. Könnt Ihr m i r verraten, wie m an diesen Zaubertrank herstellt ? «
Zum erste n m al schaute sie ihn sich näher an und be m erkte, daß e r hellbraune Augen und ein sehr einneh m endes Lächeln hatte. Das änderte natürlich nichts daran, daß er nur eine neue Variante von Richelieus S pitzeln darstellte.
»Man hat«, sagte sie langsa m , »schon vor vielen Jahren die letzten Spanier aus m einem Personal ent f e r n t , aber ich selbst kann m ich i n der Tat noch daran erinnern.«
»Ma nièce«, sagte der Kardinal zu s einer Nic h te, als sie allein waren, »was haltet Ihr von der Königin ? «
»Sie haßt E uch nicht m ehr so wie früher«, ant w ortete Marie sofort. Sie saßen in dem kleinen Salon im Palais Cardin a l, wo Richeli e u nachts arbeitete, wenn er nicht schlafen konnte. Mit einem r esignierten Blick auf den Vorrat an Ke r zen, der neben dem großen Schreibtisch lag, h a tte sie f est g est e llt, daß es wied e r ei ne solche N acht w e rden würde.
»Ich glaube nicht, daß sie noch ein m al von sich aus Euren Sturz betreiben w ürde. Die A ngelegenheit vor zwei J ahren war ihr l e tzt e r Versuch.«
Der Kardin a l legte d ie Fingers p it z en aneinander. »Aber was, wenn m an sie um ih r e Unt e r s tützung in einem Ko m p lott bäte, das andere beginnen ? «
Marie runzelte die S tirn. Ihr lag eine Frage auf der Zunge, aber sie schluckte sie hinunter. Es war e i ne stillschweigende Ab m achung zwischen ihr und ihrem Onkel, daß keine Auskünfte erzwungen wurden. W as zu erzä h len war, wurde erzä h lt. Sie war sic h er, daß ihm irgend je m and von den Brüdern d’Irsd m asens berichtet haben m ußte, doch er hatte sie nicht danach gefragt, und es widerstrebte ihr, von sich aus davon zu sprechen. Sie hätte dann auch Cinq Mars und die Episode im Louvre er w ähnen m üs s en. Außerdem plagte sie das seltsa m e Gefühl, sie würde Paul d’Irsd m asens da m it auf irgendeine Weise verraten, was läc h erlich w a r. Schließlich kannte sie den Mann kau m , und was sie ihm schuldete, war beglichen worden. Dennoch sprach sie nicht von ih m , sondern k o nzentrierte sich auf die Königin.
»Es ist m öglich«, erwiderte sie s c hließlich. »Aber genauso ist es möglich, daß sie sich weigert.«
Der Kardin a l m assierte seine Sc h lä f en. Ein ne u erlicher An f all d er fürchterlichen Kopfsch m erzen, die i hn seit seiner Jugend plagten, kündigte sich an; noch war es nicht s o weit, aber er sah voraus, daß es eine lan g e Nacht wer d en würde. Er hatte bis jetzt noch keine Medizin entdeckt, welche die Kopfsch m e rzen vertrieb, so viel er seinen Ärzten auch bezahlte. Doch das Arbeiten bän d i g te sie ein wenig. Er hatte Le Masle für diese paar Tage freigegeben, also würden es die Untersekretäre sein, welche die undankbare Aufgabe hatten, ihn die Nacht über m it Dossiers zu versorgen.
» W as hat si e verän d ert?« fragte e r . Er vertraute auf Maries Einfühlungsver m ögen in die Königin; seine eigenen Versuch e , die Frau zu verstehen, hatten ihn seinerz e it nicht sehr weit ge bracht.
»Ihre Kinder«, antwortete Marie nachdenklich. »Was band sie vorher an Frankreich? Nichts. Jeder weiß, wie es zwischen ihr und dem König steht; Frankreich war ein goldenes Gefängnis für sie. Kein Wunder, daß sie sich in erster Linie als Sch w ester des Königs von Spanien sah. Aber jetzt ist ihr S ohn der Thronerbe, und damit ist das Band geknüpft.«
Sie schenkte ihm noch e i n wenig Tee nach und versuchte, dem Gespräch eine heitere W endung zu geben. Seine Gesichtsfarbe m achte ihr Sorgen. »Natürlich müßtet Ihr ihr er s t ein m al beweisen, daß Ihr für das W ohl des Landes unentbehrlich seid, Monseigneur.«
»Natürlich«, gab er trocken zurück und schloß die Augen.
Sie wechselte das The m a. »Ich h a be gehört, daß Monsieur Corneille seine neue Tragödie bald
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