Die Schatten von La Rochelle
wütenden G e m ahl vor sich sah.
»Mein Sohn kann m einen Anblick nicht ertragen«, schrie Louis,
»er erhält ja eine seltsa m e Erz i ehung! Aber ich werde das in Ordnung bringen, darauf könnt Ihr Euch verlassen, Mada m e!«
Tägliche Botschaften des Königs waren nicht ungewöhnlich für den Kardinal, trotz ihrer beinahe ebenso häufigen Zusammenkünfte. Es handelte sich in der Regel um kurze, k l eine Briefe, in denen von Kom m entaren über den neuesten Bri e f des spanischen Er s t en Mini s ters Olivares bis hin zu Klagen über Louis’ Gesundheitszustand oder Freude über eine besonders gelung e ne Jagd alles stehen konnte. Daß er gleichzeitig einen Brief des Königs und der Königin erhielt, war ungewöhnlich. Den Brief der Königin zuerst zu lesen, war zweifellos verlockend, zu m al der ewig m i ßtrauis c he Louis sich auch bei seinen kurzen Notizen jedes m al die Mühe der Verschlüsselung m a chte, aber es hätte einen Bruch m it einer lebenslangen Regel bedeutet. Der Kardinal las also zuerst die Nachr i cht des Königs. Michel Le Masle, sein Sekr e t ä r , war zu diszi p li n ie rt , um Neugier zu zeigen, aber er beobachtete, wie sein Herr s eufzte, dann das Siegel der Königin erbrach und m it einem Mal sehr zufrieden aussah, und zog seine eigenen Schlußfolgerungen. Es überras c hte ihn nicht, daß der Besuch beim König heute ein wenig früher stattfand.
»Aber Ihr m acht Euch keine Vorstellung davon, wie de m ütigend es war, Monseigneur«, sagte Louis erbittert. »Monsieur le Grand hat m i ch begleitet. Er und alle Anwesenden konnten sehen, daß m ein Sohn mein Sohn! bei m ein e m Anblick anfing, zu schreien.«
»Der Dauphin hat noch nicht so oft das Vergnügen gehabt, Euer Majestät zu sehen, um Euch sofort zu erkennen«, m einte Richelieu beschwichtigend. »Er hat wahrscheinl i ch nur ein nicht so vertrautes Gesicht gesehen. Kinder in diesem A l ter…«
Louis warf ihm einen Blick zu. W a s wußte er von Kindern in diesem Alte r ? Aber richti g , er hatte ja eine u m f angreic h e Familie, die ihn zu v er g ött e rn sc h i e n. W ohingegen er, Louis, in s e iner Fa m ilie von Anfang an nichts als Feindsel i gkeit erfahren hatte. E r konnte sich noch gut daran erinnern, wie seine Mutter ihm vorgeworfen hatte, nicht so aufgeweckt und gewandt zu sein wie sein Bruder Gaston. W i e Gaston sich bei allen m ögli c hen Gelegenheiten offen oder hei m lich über ihn lustig ge m acht hatte. Was seine Vettern anging, so würde er nie vergessen, daß nach dem Tod seines Vaters der Fürst Condé sofort m it s einer Rebellion angefangen und sogar selbst Ansprüche auf den Th r on erhoben hatte, unter dem lächerlichen Vorwand, die Ehe des verstorbenen Henri IV m it Maria de’Medici wäre, da Henri ein ehe m aliger Ketzer gewesen sei, der seinen Glauben m ehr als ein m al gewechselt hatte, nie gültig gewesen und Louis selbst daher ein Bastard. Die t a ts ä c h lichen Bastarde, seine unehelichen Halbbrüder, waren auch nicht viel besse r ; wenn sie sich nicht eb e n f alls i r gendwelch e n Rebellio n en angesc hl ossen hatte n , dann war e n sie in England, wie Vendô m e, und intrigier t en von dort aus gegen ihn. Und seine Ge m ahlin…
»Es ist alles ihre Schuld«, beharrte er störr i sch. »Sie haßt m i c h. Sie hat m i ch im m er gehaßt. Ich hätte den Papst schon längst bitten sollen, m eine Ehe m it ihr zu annullieren. Schon da m als hätte ich es tun sollen, als wir d i e Beweise hatten, daß sie Gaston für den Fall m eines Todes versprochen hatte, ihn zu hei r aten. Ihr habt m i ch daran gehindert, und jetzt geht es nicht m ehr, wo sie die Mutter m einer Kinder ist. Aber meine Kinder wird sie nicht gegen m i ch aufhetzen. Ich werde sie ihr wegneh m e n.«
» W enn ich Euch einen anderen Vorschlag m achen dürfte, Sire«, sagte der Kardinal. »Verbringt m e hr Zeit m it dem Dauphin. Es kann nur gut für Euren Sohn sein, und Eure Majestät würde es von den Sorgen des Tages ein w enig ablenken. W enn der Dauphin dann i mm er noch Widerwillen gegen Eure Majestät zeigt, wo m it die ungünstige Einwirkung der Königin erwiesen wäre, ist die Zeit gekom m en, seine Erziehung je m and anderem anzuvertrauen, nicht eher. Ihr wißt das, Sire, schließlich nennt m an Euch nicht u m sonst Louis den Gerechten.«
Es dauerte nicht m ehr lange, bis der König nachgab. Es lag, dachte er, etwas in den Gesprächen m it dem Kardinal, das ihm das Gefühl gab, für alle Schwierigkeiten gäbe
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