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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wurde, wußte ich alles. Mag sein, daß ich nicht im m er erfolgreich war, aber ich habe wenigstens nie Methoden gebraucht, die Gott, di e wahre Religion und di e edlen T raditio n en des Hauses Österr e ich b elei d igen. W ußtet Ihr, daß e r si c h im letzten Jahr m it unseren aufrührerischen Katalanen verbündet hat? W enn ich La Rochelle unter den Schutz der spanisc h en Flotte gestellt, die deutschen Protestanten begünstigt, Gewissensfreiheit in Fl andern gewährt und den Juden gestattet hätte, sich hier wieder nie d erzulassen, wenn ich den Papst behandelt hätte, wie i hn die Franzosen behandelt haben, dann hätte ich Millionen gespart, und Niederlagen ebenfalls.«
    Warum habt Ihr es nicht getan? d achte Font r ailles. Die Anstrengungen seiner Reise und der Ver h andlungen begannen sich all m ählich be m erkbar zu m achen. Er war müde, erschöpft und sehnte sich nach einem richtigen B e tt statt der verlausten Strohkissen, m i t denen er hatte vorlieb neh m en müssen.
    »Aber da m it ist nun Schluß. Ich neh m e an, der Schatten war Euch bereits von Nutzen ? «
    Einen Moment lang w ußte Fontrailles nicht, von w e m O l ivares sprach. Dann nickte er.
    »Das dachte ich m ir. Aber seid vorsichtig. Ein seltsa m er Mann. Der verst o r b ene Kardin a l-Infant ha t m i r erzählt, bei den Kriegen im deutschen R eich hatte er die unverschä m te Ang e wohnheit, sich Ort, Zeit und seine Methoden selbst auszusuchen. Wenn ihm eine Aufgabe nicht paßte, lehnte er ab und verschwand. Und er arbeitete für beide Seiten. Leider war er so gut, daß m an nicht auf ihn verzichten konnte. Deswegen habe ich ihn Euch auch geschickt.«
    Olivares hi e lt e inen Mo m ent lang inne, dann w echselte sein Tonfall. Verschwunden war der Sanguin i ker in seinem Wutanfall über den Kardinal. »Seid vorsichtig m it dem Schatten, Fontrailles. Irgendwann werden gute gefährliche Männer zu gefährlich. Ich habe für diese E v entualität v o rgesor g t , a b er ich hoffe, Ihr habt ebenfalls Eure eigenen Maßnahmen getroffen.«
    Fontrailles nickte. »O ja. Das haben wir.«
     

23. KAPITEL
     
    Charlotte hatte s i ch inz w ischen an den allwöche n tlichen Gang zum Hôtel-Dieu gewöhnt, so daß es sie überraschte, als ihre Herrin sie dies m al, nachdem sie ge m eins a m ein fieberkrankes Kind versorgt hatten, abrupt fragte: »Glaubst du, daß es einen Sinn hat, was wir hier tun, Charlotte ? «
    Charlotte strich sich eine Locke aus dem erhitzten Gesicht u n d war sich nic h t sicher, richtig gehört zu haben. Es klang wahrhaftig, als wäre Mada m e an ihrer Meinung etwas gelegen.
    »Nun, Mada m e«, entgegnete sie vorsichtig, »gewiß ist das arme Gör jetzt besser dran als vorher, u n d die übrigen, die hier versorgt werden, auch. Und m it dem Geld, daß Ihr Monsieur Vincent für seine W aisenhäuser gebt, rettet Ihr gewiß vielen Kindern das L eben.«
    Sie hielt kurz inne, weil ihr plötzlich die ausge s etzten Kinder v o r Augen standen, die nicht rechtze i tig von den Helfern des e m sigen Monsieur V incent de P aul entdeckt wurden. Ein m al hatte sie etwas gesehen, das der Leichnam eines s o lchen Kindes gewesen sein m ußte und gerade von hungrigen Hunden zerrissen w urde. Das hätte ich sein können, dachte Charlotte fröstelnd.
    »Aber«, fuhr sie brüsk fort, um solche Gedanken zu verscheuchen,
    »das Elend in der W elt wird deswegen wohl doch nicht kleiner.« Mada m e n i ckte, doch sie ließ nicht erkennen, ob sie über diese Antwort verärgert oder zufrieden w ar. Schwei g end m achten sie s ich an das W a s chen und Verbandswechseln bei einem Verwundeten. Es wurde Charlotte bewußt, daß sie und Mada m e mittlerweile s o übereinstim m end m iteinander arbeiten konnten wie zwei Bäckerjungen, bei denen einer den Teig knetete und fo r m te und der andere ihn in den Ofen s c hob. Der Vergleich stimmte sie heiter und vertrieb die unangenehme Betretenheit, die Mada m es Frage in ihr hi n t erlassen hatte. Das G edicht fiel ihr ein.
    Seit Matthieu sich im m e r öfter im Palais Cardinal und ein m al sogar in Rueil blicken ließ, w ar Le Vals I ntere s se an ihr wied e r a u f ge f lackert. E r wußte, daß er nun nic h t m ehr m it einem verzweifelten, hungrigen Mädchen rechnen konnte, und begann ihr tatsächlich den Hof zu m achen. Zuletzt hatte er i h r e i n Gedicht z ugestec k t. Charl o tte hatte nicht gewußt, daß Le Val üb e rhaupt lesen konn t e; die m eisten Dienstboten konnten es nicht, und sie selbst verdankte

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